Pflegekräfte werden händeringend gesucht, aber viele scheuen diese herausfordernde Arbeit. Dabei ist sie enorm sinnstiftend und befriedigend, wie Luca Maier festgestellt hat.
Eigentlich hatte Luca Maier nach der Schule ganz andere Zukunftspläne: Nach dem Abi fing er zunächst an, Jura zu studieren. Kaum hatten die ersten Vorlesungen angefangen, merkte er schnell, dass Gesetzestexte lesen und im Hörsaal sitzen nicht seine Welt sind. „Das war dort alles sehr unpersönlich“, erinnert sich der 22-jährige Heilbronner.
Gerade als er seinen ursprünglichen Berufswunsch verworfen hatte, schlug ihm ein Nachbar vor, es doch einmal im sozialen Bereich zu versuchen: beim Klinikum am Weissenhof in Weinsberg. Was ganz anderes als das Jura-Studium – doch Luca Maier gefiel der Gedanke. Er bewarb sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) auf der gerontopsychiatrischen Station der psychiatrischen Klinik. Dort werden Patienten über 65 mit psychischen und neurologischen Krankheiten versorgt, unter anderem Demenzkranke.
Ein ziemlicher Kontrast zur grauen Theorie in seinem Studium – und am Anfang nicht immer ganz einfach. Doch für Luca Maier war es genau der richtige Schritt: „Ich bin seitdem aus diesem Berufsfeld nicht mehr wegzudenken, ich hab da sozusagen mein Herz verloren“, sagt er heute. Seit dem FSJ weiß er: Mit Menschen arbeiten ist das, was er beruflich machen will. „Die Erfahrung hat mich auch persönlich reifen lassen“, meint er. Noch während des FSJ kam in ihm der Wunsch auf, im Anschluss daran eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger zu machen. „Ich hatte damals ganz tolle Kollegen auf Station, die mich in diesem Wunsch bestärkt haben“, sagt Luca Maier. Und so stand sein neuer Traumberuf fest.
Erfahrungen in verschiedenen Stationen sammeln
Inzwischen ist Luca im dritten Lehrjahr und hat seine Entscheidung nie bereut. Er und die anderen Azubis sammeln Berufserfahrungen in der Psychiatrie, im Allgemein-krankenhaus, in ambulanten Bereichen und im Hospiz. Wenn er Frühdienst hat, beginnt Lucas Arbeitstag schon um sechs Uhr morgens. „Zuerst treffen sich alle zur Übergabe“, erklärt er. Die Kollegen berichten, was in der Nacht und am Vortag los war, was am Tag ansteht und welche Patienten besondere Untersuchungen haben.
Weitere morgendliche Aufgaben sind zum Beispiel Medikamente richten und verabreichen, Blutdruck und Puls messen, aber auch den therapeutischen Plan oder anstehende Untersuchungen mit den Patienten besprechen. Auf dem Plan stehen auch Gruppenaktivitäten sowie Gespräche und Spaziergänge mit den Patienten. Der Tagesablauf hängt von der Station ab: „In der Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt es mehr Spiele, bei älteren Menschen geht die Arbeit eher übers Gespräch.“
In den ersten Wochen musste sich Luca Maier erst einmal in das neue Umfeld und die neuen Aufgaben einfinden: „Man muss klar kommunizieren, was Nähe und Distanz angeht“, meint er. Das sei im Umgang mit Demenzkranken ebenso wichtig wie mit den Patienten der Suchtstation. Was hilft ihm, den manchmal doch herausfordernden Berufsalltag zu stemmen? „Offen reden, Grenzen setzen, mich mit Kollegen austauschen und nach dem Feierabend einen Cut machen“, antwortet Luca.
Spannende Aufgaben und Dozenten
Beim Abschalten hilft ihm auch Sport, vor allem Schwimmen und Joggen. Lucas Arbeitstag dauert acht Stunden, auch die Arbeit am Wochenende und an Feiertagen sowie Nachtdienste gehören zum Job. Er findet das in Ordnung – schließlich muss er das nach der Ausbildung auch machen. Trotzdem hätte er gern öfter am Wochen-ende frei, gerade im Sommer, wenn seine Freunde etwas unternehmen. „Die Kollegen ändern aber manchmal die Termine nach den Wünschen von uns Azubis“, erzählt Luca Maier.
Unterricht hat er in der Pflegefachschule, die praktischerweise direkt am Klinikum am Weissenhof ist. Dort lernen die angehenden Pflegenden Anatomie und Physiologie, die praktische Pflege und Versorgung der Patienten und beschäftigen sich mit ethischen Fragestellungen. „Besonders gefällt mir Anatomie und Physiologie“, meint Luca.
Was ihm auch gefällt: In die Pflegefachschule kommen immer wieder Fremddozenten – beispielsweise Ärzte, Apotheker oder Ernährungsberater. „Letztens war auch eine Bestatterin da, als wir über Tod und Sterben gesprochen haben“, erzählt Luca Maier. Denn auch dieses Thema gehört zu seiner Arbeit. Er erinnert sich noch an den ersten Todesfall eines Patienten. „Ich wurde aber gut aufgefangen von meinen Kollegen“, erinnert er sich.
Generell brauche man für den Job als Pflegende in vielen Situationen ein dickes Fell. Im Sommer 2022 steht die Abschlussprüfung, das Examen an. Luca hat aber noch weitere Pläne: „Ich will danach Medizin studieren, in Tübingen oder in Heidelberg.“
Hannah Henrici