„Viel Macht bedeutet viel Verantwortung“

Bei unserer aktuellen Lebensweise werden die natürlichen Ressourcen auf unserem Planeten nicht ausreichen. Das ist nicht erst seit gestern bekannt und wurde schon von vielen Studien belegt. Deshalb ist Nachhaltigkeit ein großes Thema – gerade für Unternehmen.

Frau Edinger-Schons, können Sie auf den Punkt bringen, was man unter Corporate Social Responsibility (CSR) allgemein versteht?

Edinger-Schons: Das Verständnis von CSR wird oft stark auf Spendenprojekte reduziert. Doch Unternehmensverantwortung ist viel umfassender. Ich finde die Definition in der Deutschen Industrienorm ISO 26.000 für die gesellschaftliche Verantwortung von Organisationen sehr gut. Die Norm bezeichnet CSR als „Verantwortung einer Organisation für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Aktivitäten auf die Gesellschaft und die Umwelt durch transparentes und ethisches Verhalten“. Dazu gehört auch die wirtschaftliche, soziale und ökologische Verantwortung von Unternehmen gegenüber ihren Anspruchsgruppen wie Kunden, Mitarbeitern, Aktionären und Lieferanten.

Welche Aspekte und Bereiche umfasst CSR genau?

Edinger-Schons: Prinzipiell alle Bereiche, die Einfluss auf die Stakeholder eines Unternehmens haben können. Die Industrienorm hat sieben Kernbereiche definiert, dazu gehören auch die Organisationsführung und die Arbeitspraktiken von Firmen.

CSR wird oft in Verbindung mit dem Thema Nachhaltigkeit gebracht. Wo liegen dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede?

Edinger-Schons: Nachhaltigkeit ist das große Überthema. Unternehmensverantwortung bedeutet, als Firma nachhaltig zu wirtschaften und zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Es gibt viele Studien, die zeigen, dass die natürlichen Ressourcen bei unserer aktuellen Lebensweise nicht ausreichen werden. Da stellt sich die Frage, wer die Verantwortung dafür übernimmt. Und dabei wird immer häufiger mit dem Finger auf die Unternehmen gezeigt. Viel Macht bedeutet eben viel Verantwortung.

Ist dieser Fingerzeig auch der Grund, warum Firmen in CSR investieren?

Edinger-Schons: Die Unternehmen empfinden definitiv Druck von außen. Zum einen von der Politik, da es eine CSR-Berichtspflicht von Seiten der EU gibt. Zum anderen aber auch von der Gesellschaft. Reagiert ein Unternehmen darauf, spricht man von reaktiver CSR. Es gibt aber auch Betriebe, die bereits seit längerer Zeit unabhängig von externen Einflüssen in die Unternehmensverantwortung investieren.

Welchen Nutzen haben Unternehmen konkret davon?

Edinger-Schons: Nachhaltiges Wirtschaften hat einen direkten Einfluss darauf, dass das Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt. Wenn man sich in der heutigen Zeit seiner Verantwortung nicht stellt, hat man keine Chance am Markt mehr. Gleichzeitig kann nachhaltiges Wirtschaften positive Ergebnisse bei allen Anspruchsgruppen bewirken, eben auch, weil Kunden, Investoren und Lieferanten Präferenzen in Sachen Nachhaltigkeit haben und Firmen für eine Zusammenarbeit dementsprechend aussuchen.

Sind also Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind, erfolgreicher?

Edinger-Schons: Das kann man so sagen, ja. Aber nicht nur auf wirtschaftlicher Basis, sondern auch als Arbeitgeber. Wenn man als Unternehmen seine Beschäftigten in den Prozess für nachhaltiges Wirtschaften und Handeln involviert – sie beispielsweise anregt, eigene Ideen zu liefern –, bindet man die Arbeitnehmer an seinen Betrieb. Gleichzeitig tritt man als zukunftsfähiger Arbeitgeber auf.

CSR-Maßnahmen sind eher von größeren Konzernen bekannt. Wie können diese bei kleineren und mittelständischen Firmen aussehen?

Edinger-Schons: Im Mittelstand sind die CSR-Aktivitäten bisher viel weniger strategisch als bei den großen Konzernen. Dennoch gibt es viele Familienunternehmen, die schon sozial sehr verantwortungsvoll wirtschaften, es aber nicht explizit als CSR bezeichnen. Hierzu zählen zum Beispiel Leitlinien und Werte, die den Mitarbeitern vermittelt werden. Eine Möglichkeit für jede Firma unabhängig von der Größe ist es, Energiesparpotenziale in der Wertschöpfungskette zu identifizieren. So kann man mit den Maßnahmen sogar Geld einsparen.

Was wünschen Sie sich künftig von Unternehmen in Sachen Verantwortung, auch der Gesellschaft gegenüber?

Edinger-Schons: Es ist wichtig, dass sich die Firmen fragen: Wie können wir unsere eigenen Wertschöpfungsaktivitäten nachhaltiger und sozial verantwortlicher gestalten? In diesem Bereich müssen sie sich vom reinen Wettbewerbsdenken verabschieden und Vertrauen in eine Zusammenarbeit mit anderen Akteuren entwickeln.

Interview: Alexander Liedtke

Zur Person
In ihrer Forschung konzentriert sich Laura Marie Edinger-Schons auf Reaktionen von Kunden und Mitarbeitern auf Corporate Social Responsibility (CSR), CSR-Management und -Kommunikation sowie innovative Preismechanismen und Geschäftsmodelle. Ihre Arbeit wurde in renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Bevor Edinger-Schons ihre Stelle an der Universität Mannheim annahm, arbeitete sie als Post-Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ruhr-Universität Bochum.