Schon mal was von Steffen, Dialog, Select oder Pack‘s gehört? Der ein oder andere bestimmt. Wenn nicht, dann wird es Zeit. Denn das sind die Marken des Schlaf-, Kinder- und Jugendzimmerherstellers Rauch Möbelwerke in Freudenberg. Da ist für jeden was dabei.
Herr Stiehl, die Möbelbranche unterliegt heute einem stetigen Wandel – fast schon wie die Modeindustrie. Was in einer Saison angesagt ist, kann in der nächsten schon wieder überholt sein. Wie gehen Sie bei Rauch mit diesem rasanten Tempo um?
Stiehl: Zum einen setzen wir einfach auf längerfristige Trends wie natürliches Holz oder multifunktionale Möbel. Zum anderen haben wir seit drei Jahren ein wichtiges Instrument an der Hand – das Trendscouting. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Das, was für die Endkunden relevant ist, wird in der Sortimententwicklung umgesetzt. Aber es stimmt natürlich – die Trends kommen immer schneller und wandeln sich auch immer schneller, egal, ob beispielsweise bei Holz- oder Stofffarben.
Wie wichtig ist es für Sie, auf dem hart umkämpften Möbelmarkt, jeden Trend mitzugehen?
Stiehl: Wir wissen, dass es nicht möglich ist, jedem Trend gerecht zu werden. Da würde man ja verrückt werden. Daher konzentrieren wir uns auf die Richtungen, die den Geschmack unserer Kunden treffen.
Wann und zu was muss man auch einmal Nein sagen?
Stiehl: Bei den Rauch-Möbelwerken gibt es eine klare Regel: Es werden relativ große Volumina hergestellt. Deshalb sagen wir an der Stelle Nein, wo wir uns keinen Umsatz versprechen. Zum Beispiel würden wir keinen Schrank in Violett oder Knallgrün produzieren. Dennoch lassen wir uns hin und wieder überzeugen, wenn ein Kunde auch mal etwas absolut Exotisches möchte.
Was sind denn die Wohntrends in 2018?
Stiehl: Ein ganz großer Trend sind natürlich anmutende Produkte, matte Oberflächen, gröbere Strukturen und rustikale Möbel. Die Menschen wollen Natürlichkeit. Der zweite wichtige Trend ist die Urbanisierung. Dadurch, dass heutzutage viele in der Stadt wohnen, wo die Häuser und Wohnungen in der Regel kleiner sind als auf dem Land, haben sie nicht viel Platz zur Verfügung. Deshalb ist es unsere Aufgabe, Stauraum anzubieten. Das können etwa Schubkästen unter Betten sein oder Möbel, die sich umbauen lassen – multifunktionale Lösungen eben. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Darüber hinaus werden die Möbel in Zukunft intelligenter, so, wie es die elektronischen Geräte schon heute sind. Hier werden wir dann LED-Leuchten mit verschiedenen Farbeffekten oder Lautsprecher in unser Angebot aufnehmen.
Kunden verlangen heute Qualität zum kleinen Preis. Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen günstigen Preisen und guter Qualität?
Stiehl: Qualität ist für den Endkunden enorm wichtig – auch in den unteren Preislagen. Durch eine intelligente Produktentwicklung und einen relativ hohen Automatisierungsgrad können wir die Kosten für uns niedrig halten. Unsere Mitarbeiter sind im Dreischichtbetrieb tätig, wodurch wir große Mengen produzieren können. Gleichzeitig haben wir geringe Logistikkosten, weil wir in Deutschland sitzen – dem Land, welches der größte Möbelmarkt in Europa ist.
Qualität ist das eine, Optik das andere. Ein Möbelstück muss heutzutage nicht mehr nur seinen Zweck erfüllen und lange „leben“, sondern vor allem auch gut aussehen. Wie bringen Sie diese drei Komponenten unter einen Hut?
Stiehl: Teilweise leben die Möbelstücke sogar zu lange (lacht). Die Qualität ist für uns natürlich die Basis, doch unsere Produkte müssen auch ordentlich gefertigt worden und im Ergebnis funktional sein sowie einwandfrei beim Kunden ankommen.
Was – würden Sie sagen – zeichnet Rauch-Möbel in besonderer Weise aus?
Stiehl: Trend, Qualität und unsere logistische Leistungsfähigkeit. Außerdem haben wir ein eigenes Spanplattenwerk. Hier verwenden wir nur nichtbehandeltes Holz, das frei von jeglichen Schadstoffen ist. Schließlich verbringt man die längste Zeit des Tages, in der Regel zwischen sechs und acht Stunden, im Schlafzimmer. Da sollte man schon saubere Rohstoffe verarbeiten. Unser Schwerpunkt liegt auf Nadelholz, weil es bessere und längere Späne hat als andere Hölzer. Dieses und andere Arten beziehen wir aus der Region und einem Umkreis von 200 Kilometern.
Inwiefern hat sich dies geändert? Wofür stand Rauch in der Vergangenheit?
Stiehl: Wir sind heute näher am Zeitgeist – vor allem aufgrund unseres Trendscoutings. Allerdings haben wir schon immer eine Innovator- und Vorreiterrolle eingenommen.
Würden Sie sagen, Ihre Kunden sind heute anspruchsvoller als früher?
Stiehl: Nein, die Kunden waren auch früher schon anspruchsvoll. Nur die Vielfalt der Wünsche ist größer geworden. Darauf haben wir aber auch reagiert, zum Beispiel mit einem Konfigurator auf unserer Webseite. Mit dessen Hilfe kann man sich sein Möbelstück selbst zusammenstellen – in Farbe, Form und Größe.
Die Einrichtung muss zum Charakter passen. Deshalb gibt es bei Rauch fünf Stilwelten: Kultur, Emotion, Komfort, Harmonie und Fantasie. Wie haben sich ebendiese herauskristallisiert und wofür stehen sie?
Stiehl: Es war eben nicht so einfach, das Sortiment zu gliedern. Deswegen haben wir die fünf Stilwelten entwickelt. Denn jeder Mensch ist individuell – und so auch seine Einrichtung. Kunden, die gerne kühle Materialien und Farben mögen, ordnen wir der Stilwelt Kultur zu. Oder wenn jemand zuhause Möbel und Gegenstände hat, die nicht unbedingt zusammenpassen, sondern eher eine wilde Mischung sind, dann passt er in die Kategorie Emotion. Das können wir sogar auf einzelne Regionen in Deutschland herunterbrechen. In Bayern zum Beispiel gibt es viele Kunden, auf die die Stilwelten Harmonie und Komfort zutreffen. In größeren Städten wiederum würden Sie oft Kultur und Fantasie in den Wohnungen vorfinden.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei Ihnen im Unternehmen eine zentrale Rolle. Was tun Sie dafür?
Stiehl: Wir legen wie bereits erwähnt großen Wert auf nachhaltige Rohstoffe. Daraus hat sich im Laufe der Zeit eine Wertevorstellung entwickelt. Als Mittelständler sind wir ein sparsames Unternehmen – wir schneiden nichts weg. Die Rauch-Möbelwerke sind weggekommen von fossilen Brennstoffen und produzieren CO₂-frei. Unser ökologischer Fußabdruck soll so klein wie möglich gehalten werden. Unsere Möbel sind mit dem Blauen Engel zertifiziert. Und 2014 haben wir den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen, worauf wir sehr stolz sind.
Der Markt verdichtet sich immer mehr. Auch die (Billig-)Konkurrenz aus dem Ausland nimmt immer weiter zu. Wie begegnen Sie dieser Entwicklung?
Stiehl: Durch die Verdichtung des Marktes setzen sich eben als Konsequenz die Starken durch (lacht). Aber im Ernst: Woran wir stetig arbeiten, ist die Weiterentwicklung unserer Automatisierung und die Optimierung unseres Kundenservice. Die Konkurrenz aus dem Ausland fürchten wir nicht: Unser Vorteil gegenüber diesen Wettbewerbern sind unsere individuell gefertigten Produkte für den Endkunden.
Interview: Lydia Kathrin Hilpert/Olga Lechmann
Zur Person
Michael Stiehl ist seit 1999 Geschäftsführer der Rauch Möbelwerke GmbH in Freudenberg. Der 59-Jährige hat vor seiner beruflichen Laufbahn Wirtschaftsingenieurwesen in Karlsruhe studiert. Stiehl ist verheiratet und hat sieben Kinder.