Vielfalt in der Unternehmenskultur

Vielfalt; Inklusion; Frauen
Vielfalt zahlt sich aus: Die Motivation im Team steigt, wenn niemand seine Identität am Arbeitsplatz verstecken muss. Foto: AdobeStock/Stafeeva

Ob Geschlecht, Religion oder sexuelle Orientierung: Wieso Vielfalt in der Unternehmenskultur gelebt werden sollte, erläutert Ana-Cristina Grohnert, Vorstandsvorsitzende der Charta der Vielfalt, im Gespräch.

Sechs Unternehmen nehmen an der Pilotphase des neuen Diversity Kompasses teil, um ihre Diversitätsstrategie weiterzuentwickeln. Inwiefern unterstützen Sie Unternehmen hierbei?

Ana-Cristina Grohnert: Damit Vielfalt als Teil der Unternehmenskultur gelebt wird, erarbeiten wir gemeinsam mit dem Stifterverband ein Verfahren, das konkrete Maßnahmen des Diversity-Managements in der Organisationsentwicklung nachhaltig etabliert. Mit dem Diversity Kompass werden Unternehmen unterstützt, die eigene Organisation strategisch an die Erfordernisse von Diversität anzupassen und so agiler und flexibler auf die heutigen Marktanforderungen reagieren zu können. Die sechs Unternehmen entwickeln in der Pilotphase gemeinsam mit einer externen Prozessbegleitung ihre jeweilige Diversity Strategie weiter und setzen diese dann konkret um.

Viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen praktizieren bereits Diversity-Management. Können Sie Erfolgsgeschichten nennen?

Grohnert: Gute Beispiele gibt es mittlerweile einige. Viele Organisationen haben sich bereits auf den Weg gemacht, Diversity Management in ihren Strukturen zu etablieren. Da die Herausforderungen und Bedürfnisse je nach Unternehmen und Institution sehr variieren, sind nicht alle Best Practices für jede Organisation der Schlüssel zum Erfolg – aber sie können eine gute Inspiration sein, sich dem Thema zu nähern. Eine Auswahl solcher Erfolgsgeschichten stellen wir unter anderem auf der Webseite des Charta der Vielfalt e. V. vor.

Beim Digitalgipfel Wirtschaft 4.0 im Juni in Stuttgart wird der Schwerpunkt unter anderem auch auf Diversität gelegt. Wie wichtig ist es, in von Männern dominierten Branchen wie der Techbranche oder in der Start-up-Szene Maßnahmen gegen den Gender Pay Gap umzusetzen?

Grohnert: Diversity ist eine Grundvor- aussetzung, um erfolgreich zu sein. Wenn Unternehmen möglichst innovativ sein wollen, brauchen sie vielfältige Perspektiven und Erfahrungen. In Zeiten von Fachkräftemangel sind sie gut beraten, Anreize für alle zu schaffen, damit sich jede Person gleichermaßen wertgeschätzt fühlt. Die Techbranche und Start-up-Szene stehen deshalb besonders im Fokus, weil dort viele Innovationen entwickelt werden.

Wieso brauchen Innovationen Vielfalt?

Grohnert: Innovation entsteht erst durch vielfältige Perspektiven. Hier geht es nicht nur um den Gender Pay Gap, sondern um sämtliche Facetten von Diversität. Alle gesellschaftlichen und demografischen Gruppen sind gefragt, wenn es darum geht, die Wirtschaft zukunftsfähig zu machen.

Eine Referentin beim Digitalgipfel ist die junge Tech-Gründerin Mina Saidze. Wie wichtig sind solche Vorbilder, um Rollenklischees aufzubrechen?

Grohnert: Sie sind Mutmacherinnen und daher in Zeiten, in denen Rollenklischees und Vorurteile noch immer vorherrschen, von großer Bedeutung. Mina Saidze weist mit ihrer Arbeit darauf hin, welche Rolle Diversity für Künstliche Intelligenz und die digitale Entwicklung einnimmt.

Laut Diversity-Studie 2020 sieht ein Teil der Führungskräfte im Umgang mit der sexuellen und religiösen Orientierung von Beschäftigten keinen Handlungsbedarf. Wie können auch diese Bereiche sichtbarer gemacht werden?

Grohnert: Das liegt vor allem an Unwissenheit. Problematisch ist, dass ein wichtiger Teil der Lebensrealität der Mitarbeitenden dadurch nicht einbezogen wird: Wenn sie am Arbeitsplatz einen Teil ihrer Identität verstecken müssen, werden sie niemals ihr volles Potenzial entfalten. Maßnahmen, daran etwas zu ändern, sind eine klare Haltung seitens der Führungskräfte. Das gibt den Mitarbeitenden die nötige Sicherheit. Die Implementierung von Netzwerken gibt ihnen Raum, Themen anzusprechen und Aktivitäten anzustoßen. Best-Practice-Beispiele zeigen, dass die Motivation des gesamten Teams deutlich steigt, wenn sich alle ganzheitlich gesehen und akzeptiert fühlen.

Interview: Teresa Zwirner

Zur Person

Ana-Cristina Grohnert ist Vorstandsvorsitzende der „Charta der Vielfalt“. 2019 wurde sie vom „Manager Magazin“ und der Boston Consulting Group als eine der „100 einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft“ geehrt.