An der Hochschule in Künzelsau entsteht eines von insgesamt zehn Digitalisierungszentren in Baden-Württemberg. Dieser sogenannte Digital Hub wird für ganz Heilbronn-Franken zuständig sein.
Ein neues Silicon Valley könnte entstehen – im idyllischen Kochertal. Mitten in Heilbronn-Franken wird gerade an einem Digitalisierungszentrum gearbeitet. Es soll auf den Campus der Reinhold-Würth-Hochschule in Künzelsau ziehen. Der Vergleich mit der Stanford University in Kalifornien, der Keimzelle des Silicon Valley, mag groß erscheinen, aber IHK-Präsident Harald Unkelbach findet ihn passend für die Region der Weltmarktführer. Studierende, Professoren, Facharbeiter, Unternehmen aus allen Branchen sowie Gründer und Investoren sollen im Digital Hub einen Begegnungsraum erhalten, in dem sie sich untereinander vernetzen und gemeinsam den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung stellen können.
Großes Potenzial im Digital Hub sieht die Innovationsregion Hohenlohe e. V., die 26 regionale Unternehmen vertritt. Das Firmennetzwerk unter dem Vorsitz von Thomas Philippiak unterstützt das Projekt und hat wichtige Vorarbeit geleistet. Guido Rebstock, der Geschäftsführer des Vereins, möchte einen „Hotspot für die digitale Zukunft der Region“ aufbauen. Oliver Lenzen, Rektor der Hochschule Heilbronn, sieht große Chancen für eine bessere Vernetzung der regionalen Hochschulstandorte und der Unternehmen im ländlichen Raum.
Flächendeckende Digitalisierung
Der Digital Hub trägt den Namen „Heilbronn-Franken Connected“, kurz HFcon, und wird die gesamte Raumschaft bedienen. Er ist eines von insgesamt zehn regionalen Digitalisierungszentren in Baden-Württemberg. Die Hubs sind Teil der Digitalisierungsstrategie „digital@bw“ und werden vom Land finanziell gefördert. Sie sollen die Digitalisierung möglichst flächendeckend im ländlichen Raum vorantreiben und Innovationen fördern.
Beim Thema Digitalisierung zieht Heilbronn-Franken an einem Strang. Ein Konsortium aus verschiedenen Institutionen hat das Projekt HFcon auf den Weg gebracht: Hochschule Heilbronn, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, BWcon, Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken und Innovationsregion Hohenlohe. Bereits bei der Antragstellung für das Digitalisierungszentrum seien sich laut Unkelbach alle relevanten Partner einig gewesen, eine gemeinsame Bewerbung für die Region einzureichen. Auch die Wahl des Standorts in Künzelsau sei einvernehmlich erfolgt, um die Anforderung „Ländlicher Raum“ zu erfüllen. Das Vorgehen hatte Erfolg: 2018 erhielt das Projekt den Zuschlag.
Der Digital Hub wird vom Land Baden-Württemberg mit einer Million Euro über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert. Als Gegenfinanzierung zu den Fördergeldern stellt die regionale Wirtschaft eine weitere Million bereit. Jeweils 250 000 Euro kommen von den Firmen Adolf Würth, Würth Industrie Service, Optima und EBM-Papst. Darüber hinaus beteiligt sich EBM-Papst mit einer Zustiftung von einer halben Million am 17 Millionen Euro teuren Neubau auf dem Hochschulcampus in Künzelsau, der von der Würth-Stiftung getragen wird.
Wirtschaftlich und nachhaltig agieren
Betrieben wird der Hub privatwirtschaftlich von der HFcon GmbH, einer eigens gegründeten Tochterfirma der landesweit aktiven Initiative „Baden-Württemberg: Connected“, kurz BWcon, die als strategischer Partner ihre Erfahrungen mit ähnlichen Projekten einbringt. Mark Doerbeck, Vorstandsmitglied von BWcon, sieht die Fördermillion des Landes lediglich als eine Anschubfinanzierung. Man wolle mit dem Digitalisdierungszentrum von Beginn an gewinnorientiert arbeiten, sprich kostenpflichtige Dienstleistungen anbieten, damit das Projekt auch nach Ende des dreijährigen Förderzeitraums weitergehen könne. Auch Thorben Heinrichs, der die Geschäftsführung von HFcon übernimmt, will eine langfristige Strategie verfolgen. Er betont, er wolle mit dem Projekt „keine Fackel abbrennen“ bis das Fördergeld verbraucht sei, sondern wirtschaftlich und nachhaltig agieren.
Mit dem Digital Hub soll die Schwellenangst vor der Digitalisierung verringert werden. Er soll Unternehmen beim Einstieg in die Thematik helfen und ist als Anlaufstelle für die gesamte Region Heilbronn-Franken zuständig. Er ist als Ideen-, Experimentier- und Kollaborationsraum gedacht, in dem verschiedenste Kompetenzen, Disziplinen, Ideen, Technologien und Kreativität aufeinandertreffen sollen.
Die Innovationsregion Hohenlohe finnanziert einen Design-Thinking-Workshop am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, um mit kreativen Methoden das Leistungsportfolio des Digital Hubs auszuarbeiten. Solche Kreativ-Methoden wolle der Digital Hub später auch selbst anbieten, um Potenziale und Innovationen in den Unternehmen der Region zu identifizieren.
Erste Ansätze gibt es bereits. Um die Auslastung der Lernfabriken 4.0 an den Berufsschulen zu verbessern, wollen die Macher des Digital Hub diese nicht nur in der Ausbildung, sondern auch in der Qualifizierung von Fachkräften einsetzen – allerdings nicht, um die Bedienung zu trainieren, sondern um digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Weitere Leistungen sollen unter anderem Innovationsberatung und Gründungsförderung sein. Noch sind die Räume des Digital Hub eine Baustelle. Ab September soll seine Arbeit richtig losgehen.
Dirk Täuber