Von den Gummistiefeln zur Krone

Welches Mädchen wollte nicht schon einmal Königin sein? Nicole Heinrich hat sich diesen Traum erfüllt. Als 6. Taubertäler Weinkönigin repräsentiert sie ein Jahr lang die vielseitige Landschaft und den schmackhaften Wein des Taubertals.

Der Himmel ist grau und wolkenverhangen. Der Schirm hält kaum der Last des Regens stand. Am verabredeten Café angekommen, ist sie bereits durch die Scheibe hindurch zu erkennen. Ihr mittlerweile aus den regionalen Medien bekanntes Gesicht, das stets strahlt, tut dies auch in diesem Augenblick. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als zu denken: „Tolle Ausstrahlung.“ Und das ist wohl mit ein Grund, warum Nicole Heinrich am 21. März zur 6. Taubertäler Weinkönigin gekürt worden ist.

Mit Inthronisierungen hat die 23-Jährige allerdings bereits Erfahrung. Sie trug 2015/16 schon mal in ihrem Heimatort Dertingen den Titel Weinprinzessin und war 2016/17 Taubertäler Weinprinzessin. Dennoch bedeutet die diesjährige Krönung etwas Besonderes für Nicole. „Ich habe anfangs nicht damit gerechnet, dass ich gewählt werde“, räumt sie mit bescheidenem Lächeln ein. In den Schoß gefallen ist ihr der Titel Weinkönigin nämlich nicht. Im Gegenteil – das Bewerbungsverfahren hatte es in sich: Ein mündliches Interview mit Jochen Müssig, dem Geschäftsführer des Tourismusverbandes „Liebliches Taubertal“, und dessen Assistentin sowie ein schriftlicher Test mit Fragen zu dieser vielseitigen Ferienlandschaft im Main-Tauber-Kreis wurden von ihr und den vier Mitbewerberinnen absolviert.

Wie auf glühenden Kohlen sitzend musste Nicole auf die Entscheidung der Jury warten, bis schließlich ein paar Wochen später ein Brief ins Elternhaus flatterte. Als sie den Umschlag öffnete, stand ihr Vater gespannt daneben. Es dauerte eine Weile, bis sie zu der Passage vordrang, in der verkündet wurde, dass sie zur nächsten Taubertäler Weinkönigin gekrönt werde. „Nach so langer Zeit des Wartens überkommen einen die Glücksgefühle“, erzählt Nicole rückblickend. Auch bei ihrem Vater, der sie sofort in seine Arme geschlossen hatte, sei die Freude groß gewesen, genauso wie bei ihrer Mutter. „Mama hatte länger darauf hingefiebert als ich“, schmunzelt sie. Kein Wunder: Die Eltern der amtierenden Weinhoheit haben ihrer Tochter schließlich teilweise den Weg zum Titel geebnet. Diese betreiben in der dritten Generation Weinbau im Nebenerwerb. Auf die Weinlesen freute sich Nicole immer das ganze Jahr über. Schon mit zwei Jahren watete sie mit Gummistiefeln im Zuber umher. Es ist übrigens auch eine der Voraussetzungen für das Amt einer Taubertäler Weinhoheit, dass die Kandidatin aus einer Winzerfamilie stammt oder eine adäquate Ausbildung vorweisen kann. Außerdem muss sie mindestens 18 Jahre alt und unverheiratet sein. Letzteres rührt daher, dass früher die Weinköniginnen und -prinzessinnen während ihrer Amtszeit Ausschau nach einem potenziellen Ehegatten hielten.

Heutzutage gestaltet sich das etwas anders: Der prallgefüllte Terminkalender einer Weinkönigin lässt kaum Zeit für Privates. Trotzdem schafft es Nicole, sich mit ihren Aufgaben zu arrangieren – obwohl sie seit Oktober darüber hinaus Soziale Arbeit in Würzburg studiert. „Man bekommt alles hin, wenn man es will“, ist sie überzeugt. „Meine Familie und Freunde gehen auch oft mit auf Weinfeste oder andere Termine, so bekomme ich alle unter einen Hut.“

Was gehört denn alles zum Amt einer Weinkönigin? In erster Linie gehe es um die Repräsentation der Region, der Winzer und auch darum, für das Taubertal die Werbetrommel zu rühren. Selbstverständlich darf die Leidenschaft für den Wein nicht zu kurz kommen, denn man sollte nicht nur Kenner, sondern auch Liebhaber des Rebensaftes sein. Einen Lieblingswein hat Nicole natürlich auch – den Silvaner trocken. „Er ist fruchtig und hat den typischen Geschmack von Birne und Apfel mit einem leichten Geruch nach Heu“, beschreibt die Nachwuchswinzerin versiert. Ihr Wissen auf diesem Gebiet hat sich das Einzelkind durch die Mithilfe im elterlichen Weinbau-

geschäft, aber auch durch Gespräche mit örtlichen Winzern angeeignet. Das ist es auch, was Nicole so viel Freude in ihrer Funktion als Weinkönigin bereitet – das Knüpfen von Kontakten und der Austausch mit unterschiedlichen Menschen. „Man investiert fürs Leben“, betont die Studentin nachdrücklich.

Deshalb sammelt sie so viele Erfahrungen wie möglich und versucht, sich keine Veranstaltung entgehen zu lassen. Zudem ist es eine Ehre für Nicole, das Taubertal zu repräsentieren. Es erfülle sie mit Stolz und Dankbarkeit, für ihre Heimat stehen zu dürfen. „Der Main-Tauber-Kreis ist einzigartig, schon aufgrund seiner vielseitigen Landschaft. Die Menschen sind freundlich und offen. Wir haben ausgezeichnete Winzer, weshalb unsere Weine hervorragend schmecken.“

Verena Köger/Olga Lechmann