Um zu entscheiden, ob man als Unternehmen Prozesse oder Dienstleistungen an externe Experten verlagern soll oder nicht, sollten zuerst einmal fünf wichtige Fragen zum Thema Outsourcing beantwortet werden. Dirk Hartel von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart erklärt, welche das sind.
Outsourcing, also die Verlagerung von Tätigkeiten und Prozessen an interne oder externe Dritte, existiert bereits seit vielen Jahren. Schon im 19. Jahrhundert gab es Bäckereien, die für gekrönte Häupter als Hoflieferanten agierten. Spätestens seit den 80er Jahren und der Diskussion über Kernkompetenzen stellen sich Unternehmen die Frage, was sie selbst erbringen oder durch Dritte einkaufen sollen. In manchen Bereichen ist Outsourcing weit fortgeschritten. In manchen Bereichen ist Outsourcing weit fortgeschritten: So liegt der Anteil internationaler Transporte, die durch Spediteure erbracht wird, bei 86 Prozent in Europa. Auch in der Automobilindustrie wird das Thema großgeschrieben. Im Mittel tragen Daimler, VW, BMW und Co. bei der Herstellung ihrer Pkw nur noch zu 35 Prozent der Wertschöpfung bei. Beim Smart Fortwo liegt der Anteil sogar nur noch bei zehn Prozent. Es lassen sich aber auch Gegenbeispiele finden: So verlagerte Porsche seine Achsfertigung für den 911 vor einigen Jahren wieder zurück in den Konzern. Auch Steiff, der Hersteller hochwertiger Plüschtiere aus Giengen, holte seine ausgelagerte Produktion in China bis 2010 schrittweise an den Standort Deutschland zurück.
Damit wird deutlich, dass es keine einheitliche Empfehlung für Outsourcing geben kann. Vielmehr muss man situationsabhängig dafür oder dagegen entscheiden. Dabei helfen folgende Fragen:
1. Hat der Bereich eine strategische Relevanz für unsere Unternehmensziele? Nicht jeder Bereich im Unternehmen hat dieselbe Relevanz. Während etwa für Apple Marketing und Design wesentliche Wettbewerbsvorteile erzeugen, zählt die Transport- und Lagerlogistik hingegen nicht dazu. Bei Amazon sieht das schon anders aus. Der Online-Marktführer stellt inzwischen seine Päckchen und Pakete in Großbritannien selbst zu.
2. Gibt es viele unternehmensspezifische Besonderheiten? Die häufige Antwort „Bei uns ist das ganz anders als bei anderen Unternehmen“ trifft nicht immer zu. Dienstleistungen wie Facility-Management, Messelogistik oder Catering weichen nur selten stark von Betrieb zu Betrieb ab. Natürlich werden an das Facility-Management bei einer Bank andere Anforderungen gestellt bei einem Industriebetrieb. Dies führt unter Umständen zu branchenspezifischen Besonderheiten, aber selten zu unternehmensspezifischen.
3. Ist die eigene Leistung genau so gut wie ein spezialisierter Dienstleister? Ob Outsourcing sinnvoll erscheint, hängt stark von der Frage ab, ob die zu erbringende Leistung intern genauso gut oder gar besser ist als die von einem potenziellen Lieferanten. Bringt die Organisationsabteilung neue Ideen in das Unternehmen? Wie lange dauert es, bis die IT Zeit hat, ein neues Tool zu programmieren oder ein Ticket zu bearbeiten? Wie pünktlich werden Kunden beliefert? Wie zufrieden sind die Mitarbeiter mit dem derzeitigen internen Facility-Management?
4. Wird im betrachteten Bereich kosteneffizient gearbeitet? Und wie oft wird eine Dienstleistung benötigt? Häufig wird Outsourcing auf das Ziel einer Kostensenkung reduziert. Bevor man eine Dienstleistung jedoch ausschreibt, muss zunächst geklärt werden, welche Kosten intern anfallen. Diese Werte braucht man, um zu prüfen, ob ein Personaldienstleister seine Dienste kostengünstig anbieten kann oder nicht.
5. Ließen sich im Zuge eines Outsourcings intern Kapazitäten abbauen? Und wenn ja, zu welchem Grad? Die letzte Frage wird oft vergessen oder manchmal sogar ignoriert. Nicht selten gehen Manager davon aus, dass sich durch ein Outsourcing die internen Kosten komplett abbauen lassen. Meist ist dies jedoch Wunschdenken – denn auch nach erfolgtem Outsourcing benötigt man intern Ressourcen, um den Dienstleister zu steuern und diesem als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Im Feld der Beratung benötigt ein externer Consultant auch interne Kapazitäten für die Projektarbeit, andernfalls wird das Beratungskonzept beliebig und nicht kundenspezifisch.
Werden die fünf Fragen im Sinne eines Outsourcings beantwortet, beginnt im Anschluss an die Erstellung eines Lastenhefts die Suche und Auswahl eines Anbieters. Gerade beim erstmaligen Outsourcing empfiehlt es sich, auf das Know-how und die Neutralität eines externen Experten zurückzugreifen. Handelt es sich hingegen um eine Folge-Ausschreibung, gibt es inzwischen Tools, die dabei helfen, effizient einen Dienstleister zu finden. Denn auch hier hat der Trend der Digitalisierung inzwischen Fuß gefasst. Ausschreibungsplattformen und -börsen unterstützen, den richtigen Partner zu finden. Denn zum Beispiel allein in der Logistik gibt es rund 60.000 Logistikanbieter in Deutschland.
Dirk Hartel