Noch ist die ganze Sache nicht in trockenen Tüchern, doch Bürgermeister Wolfgang Rapp ist zuversichtlich. Der Rathauschef hat einen zweiten Allgemeinmediziner für seine Gemeinde Ellhofen gefunden.
Wolfgang Rapp kann endlich aufatmen. Eine große Sorge weniger hat der Bürgermeister der Gemeinde Ellhofen seit einigen Wochen. Nachdem vier Jahre lang nach einem zweiten Hausarzt für den 3700-Einwohner-Ort nahe Weinsberg gesucht wurde, hat sich schließlich dank eines Tipps aus der Bevölkerung jemand gefunden, der sich dieser Aufgabe annehmen würde. Dennoch bleibt die Sache weiterhin spannend. Denn der Arzt, der für die sich noch im Rohbau befindende Praxis verantwortlich zeichnen würde, ist nicht dieselbe Person, die letztendlich die Patienten in Ellhofen betreut. Klingt verwirrend? Ist es aber gar nicht, erklärungsbedürftig schon.
Der Hintergrund ist folgender: Wolfgang Rapp wird vor ein paar Monaten von einer Einwohnerin seiner Kommune darauf aufmerksam gemacht, dass sie einen Mediziner kennt, der mit jemandem bekannt ist, der als Betreiber der Praxis infrage kommen könnte. Der Schultes telefoniert kurzerhand mit dem Mediziner, lässt sich den Kontakt von dessen Kollegen geben und führt auch mit ihm ein Ferngespräch. Es stellt sich heraus, dass der Mann mehrere Praxen als Zweigstellen führt – und Interesse daran hat, auch noch die in Ellhofen zu übernehmen. „Nun ist der neue Arzt noch in der Phase, in der er die Rahmenbedingungen prüft“, verrät Rapp. Weder seinen Namen noch andere Details über ihn möchte der 55-Jährige allerdings preisgeben. „Ich gehe mit dem Namen erst an die Öffentlichkeit, wenn der Vertrag unter Dach und Fach ist.“ Verständlich – immerhin könnte „Doktor inkognito“ noch abspringen und die Suche würde von vorne beginnen. Dieses Szenario will sich der Bürgermeister keinesfalls ausmalen.
Gesetzt dem Falle, der Zweigpraxen-Betreiber setzt seine Unterschrift unter alle für die Übernahme relevanten Dokumente, so müsste als Nächstes noch eine Ärztin oder ein Arzt ermittelt werden, die oder der sich in Gestalt einer 50-Prozent-Stelle um die medizinische Versorgung der Ellhofener kümmert. Darüber hinaus müsste weiteres Personal wie Arzthelfer rekrutiert werden. Doch das sind alles Dinge, die nicht auf Rapps Agenda stehen, sondern auf der des für die Allgemeinheit noch unbekannten Interessenten.
Wichtiger Baustein für die Infrastruktur
Ein großer Pluspunkt für ihn: Die Praxis im Ortskern ist aktuell deshalb noch im Rohbau, weil der neue Mieter Mitspracherecht bei der Aufteilung und Einrichtung der Räumlichkeiten haben soll. Diese liegen übrigens im Erdgeschoss eines Gebäudes, das über der Arztpraxis Wohnungen beherbergt. „Das Gebäude ist im Juli 2017 fertiggestellt worden. Seither zahlt die Gemeinde eine Freihaltegebühr für die Fläche“, erklärt der zweifache Vater.
So wichtig war es ihm und dem Gemeinderat also, dass der bereits ortsansässige Allgemeinmediziner Verstärkung erhält. Doch warum? Reicht ein Arzt für 3700 Einwohner nicht aus? „Die kassenärztliche Vereinigung genehmigt einen zweiten Hausarztsitz, weil wir über die dafür erforderliche Einwohnerzahl verfügen“, weiß Rapp. Hinzu komme natürlich, dass der schon viele Jahre niedergelassene Arzt erstens bereits im Pensionsalter und zweitens seine Praxis im zweiten Stock eines Hauses ohne Aufzug gelegen ist. Das macht den Besuch für Menschen im Rollstuhl oder auch betagtere Frauen und Männer schwierig bis unmöglich. „Es geht nicht darum, ihm die Patienten abzujagen“, versichert der Bürgermeister. „Wir brauchen einen zweiten Arzt, um zukunftsfähig zu sein und damit unserer guten Infrastruktur kein derart wichtiger Baustein wegbricht.“
Daher haben Rapp und der eigens gegründete Arbeitskreis „Hausarztsuche“ auch alles daran gesetzt, genau das zu gewährleisten. Die Mittel zum Zweck waren dabei zum Teil wirklich kurios. So wurde ein Finderlohn von 5000 Euro ausgesetzt, wenn es jemand schafft, einen Hausarzt für Ellhofen zu vermitteln, der sich dann auch dort niederlässt. Außerdem wurde mit Plakaten und Flyern geworben und auch ein Banner am Ortseingang wurde aufgestellt, das prominent auf die Situation hinwies. „Wie ich nun mit der Belohnung verfahre, weiß ich noch nicht“, räumt der Rathauschef ein. Das müsse er sich erst in Ruhe überlegen.
Olga Lechmann