Mal wieder keine Zeit zum Kochen? Gut, dass noch eine Packung Maultaschen im Kühlschrank ist. Öffnen, in die Pfanne oder den Topf geben – und genießen. Ein Hoch auf die Firma Bürger. Wir haben diese an ihrem Standort in Crailsheim besucht und durften einen Blick hinter die Produktionskulissen werfen.
Bevor man zuhause mit dem Kochen beginnt, wäscht man sich die Hände. Man nimmt saubere, mit Spülmittel abgewaschene Töpfe, Pfannen, Messer, Löffel und andere Utensilien, die man für sein Gericht benötigt. Auch die Arbeitsfläche, auf der man schneidet, hackt, mischt und rührt, wischt man vorher gründlich ab. Denn Bakterien und Keime haben dort, wo Lebensmittel zubereitet werden, nichts zu suchen.
Doch ohne den Hausfrauenstolz nun zu kränken – in der industriellen Fertigung von Produkten für den Verzehr sind die Hygienevorschriften noch wesentlich strenger als in der heimischen Küche. Davon konnten wir uns bei der Firma Bürger am Standort Crailsheim überzeugen. In die heiligen Hallen der Maultaschen-, Spätzle- und Schupfnudeln-Herstellung wird keinem Zutritt gewährt, ohne dass er vorher das hauseigene Prozedere in Sachen Einhaltung von hygienischen Maßnahmen absolviert hat. Dieses beginnt mit einem kurzen Film. Darin wird nach einem schnellen Durchlauf durch die Unternehmenshistorie von Bürger erklärt, was Besucher der Produktionswerke beachten müssen. Dazu gehören – wie man nur wenige Augenblicke später am eigenen Leib erfährt – das Anziehen eines weißen Kittels und weißer Schuhe sowie das Überziehen eines Haarnetzes. Jeglicher Schmuck muss abgelegt werden. Unerlässlich ist selbstverständlich das Händewaschen. Diese sollten mindestens 20 Sekunden gründlich eingeseift und dann unters Wasser gehalten werden. Anschließend müssen sie noch desinfiziert werden. Auch die Schuhe werden gesäubert, indem man über sich drehende Bürsten läuft.
Annemarie Mikschik arbeitet bereits seit 33 Jahren bei dem Traditionsunternehmen, das 1934 von Richard Bürger in Feuerbach bei Stuttgart gegründet wurde. Sie ist für das Qualitätsmanagement verantwortlich und kennt den Standort Crailsheim wie ihre eigene Westentasche. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass sie an diesem warmen Oktobertag durch die verschiedenen Bereiche führt. Was schon nach kurzer Zeit auffällt, ist der hohe Frauenanteil im Betrieb. Dieser liegt bei über 60 Prozent, was darin begründet ist, dass bei Werkseröffnung die Arbeitslosigkeit unter dem weiblichen Geschlecht in der Horaffenstadt enorm war und viele bei Bürger anheuerten – wie Geschäftsführer Martin Bihlmaier später verrät. Was außerdem sofort ins Auge sticht, sind die blauen Haarnetze auf manchen Köpfen. „Die tragen diejenigen, die für die erste Hilfe zuständig sind“, weiß Mikschik. Passieren könne schließlich jederzeit etwas. Doch in der Regel müssten die Ersthelferinnen eher selten zur Tat schreiten.
Im Jahr 1983 sind in Crailsheim gerade mal 44 Mitarbeiter beschäftigt. Heute sind es 700. Auch die Zahl der Produktionslinien ist gewachsen. Im November wurde bereits die 21. in Betrieb genommen. Fünf davon sind übrigens Maultaschenlinien. Davon wiederum ist eine für die Tiefkühl- und die restlichen vier sind für die Frischwaren vorgesehen. „Die Tiefkühlprodukte werden für Großverbraucher wie Kantinen und Krankenhäuser hergestellt“, informiert die 62-Jährige. Insgesamt bietet Bürger 50 unterschiedliche Maultaschensorten, darunter saisonale wie Pfannentäschle mit Kürbis-Karotte-Füllung und sogar vegane.
Maultaschenproduktion
Täglich laufen in Crailsheim 2,5 Millionen der im Schwäbischen als „Herrgottsbscheißerle“ bekannten Nudelteigtaschen vom Band. Damit erwirtschaftet die Firma mit Hauptsitz in Ditzingen laut Bihlmaier knapp 50 Prozent ihres Umsatzes. Stolz ist Bürger vor allem darauf, dass die Maultaschen so produziert werden, wie es eine schwäbische Hausfrau tun würde. So werden Zusatzstoffe vermieden und wenn möglich regionale Zutaten – wie es bei Fleisch und Eiern der Fall ist – verwendet. Der Hartweizengrieß allerdings kommt etwa aus Norditalien.
Eier, Grieß und Wasser werden maschinell solange gemischt, bis ein glatter Teig herauskommt. „Dieser Vorgang wird von Mitarbeitern überwacht“, erläutert Mikschik, die selbst in Crailsheim lebt. „Der Teig ist warm, weil er unter enormem Druck entsteht.“ Anschließend läuft er über mehrere Walzen, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Eine herkömmliche Bürger-Maultasche wiegt übrigens 58 Gramm. Bei der Herstellung lässt sich ein gewisser Ausschuss natürlich nicht vermeiden. „Dieser wird in einer Biogasanlage verbrannt“, verrät die zweifache Mutter.
Und wie schmecken nun die in Crailsheim mit viel Liebe zum Detail kreierten Produkte? Die Antwort ist einfach: So, dass man sie sich immer wieder gerne kauft.
Olga Lechmann