Nach der Schule stellt sich für viele junge Erwachsene die Frage, was der nächste Schritt in Richtung Zukunft und Arbeitsleben ist. Direkt anfangen zu studieren oder eine Ausbildung beginnen? Eine Alternative dazu kann ein Freiwilliges Jahr sein. Für ein Jahr im sozialen Bereich hat sich seinerzeit auch unser Redaktionsvolontär Alexander Liedtke entschieden: Er hat einen Freiwilligendienst in einem Kinderhort im Heilbronner Land absolviert. Dabei hat er viel erlebt. „Es lässt einen reifen“, stellt er heute resümierend fest.
an steht ständig unter Beobachtung von neugierigen Kinderaugen“, erzählt der 23-Jährige, „beispielsweise bei den Tischmanieren.“ Sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvierte Liedtke in dem Hort „Flohkiste“, der zur Grundschulbetreuung in Brackenheim gehört. Dabei waren seine Hauptaufgaben die Unterstützung des Personals bei der Kinderbetreuung, insbesondere während der Mittagspause oder der Hausaufgabenhilfe, mit Bastelangeboten und Lesekreis. Wenn man so viel mit Kindern zu tun hat, müsse man sich zunächst ein bisschen an die Vorbildfunktion gewöhnen.
In Oedheim aufgewachsen, besuchte Liedtke das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Neckarsulm. Danach hat er sich auf ein FSJ in der Arbeiterwohlfahrt beworben. „Für mich war klar, dass ich studieren möchte, aber noch nicht, welches Fach. Bis dahin wollte ich etwas Sinnvolles leisten.“ Deshalb habe er sich für ein Soziales Jahr entschieden. Mitte Oktober 2012, nach einem Schnupper- und Kennenlerntag, hat der elfmonatige Freiwilligendienst begonnen. „Es kommt viel auf einen zu – ich habe gemerkt, dass ich an mir selbst arbeiten muss, um der Stelle gerecht zu werden.“ Deswegen dauerte es einige Wochen, um alle Abläufe und Aufgaben zu kennen und zu meistern. Insgesamt zu sechst waren sie im Team: zwei Leiterinnen, zwei weitere Mitarbeiterinnen, ein Erzieher und er. „Klassenweise habe ich die Kinder betreut. Neben den Freispielphasen habe ich mir beispielsweise das Programm für die Sportstunde ausgedacht. Außerdem war ich Leiter der Spanisch AG“, erklärt der junge Mann. Die Zuständigkeiten für Räumlichkeiten wie Werkstatt oder Leseraum wechselten unter den Betreuern. Während der Zeit im Hort lerne man, alle Kinder gleich zu behandeln und niemanden zu bevorzugen. Außerdem bekomme man ein Gefühl für fachliche Distanz. „Gelernt habe ich insbesondere, ernst und respektvoll mit Kindern zu sprechen sowie Dinge und Sachverhalte zu erklären.“ Auch sein Einfühlungsvermögen sei gewachsen. Seine Ausdrucksweise und Kommunikationsfähigkeit habe er an Kinder angepasst und weiter ausgebaut. „Ich habe gespürt, wie wichtig es ist, Menschen nicht vorschnell zu verurteilen“, stellt Liedtke fest.
Für die Ferien erstellten die Betreuer besondere Themenpläne: von Insekten über Wasser bis hin zu Jahreszeiten sei alles geboten. Der 23-Jährige hat mit den Kindern ein Insektenhotel gebaut: „Das hat sehr viel Spaß gemacht und war eine echte Herausforderung für uns.“ Für einen guten Zweck wurde das Miniaturhotel verkauft. Seine 40 Stundenwoche teilte sich in 80 Prozent Kinderbetreuung und 20 Prozent Vorbereitungszeit. „Toll wäre es, wenn man etwas mehr verdient“, stellt der junge Mann rückblickend fest. „Mit den Ausgaben für die Fahrtkosten blieb nicht mehr viel übrig.“ Liedtke sagt über seinen Freiwilligendienst: „Diese Zeit war sehr hilfreich für meine weitere Orientierung – beruflich und persönlich. Sie hat mich im Auftreten und meiner Selbstpräsentation sehr geprägt.“ Er empfiehlt jungen Menschen ein Soziales Jahr gerne weiter: „Etwas Soziales machen – etwas geben, das auch zurückkommt, ist ein tolles Gefühl.“ Am erstaunlichsten findet Liedtke, dass das FSJ ihn bereit gemacht habe für die Uni. Das Studium „Medien- und Kommunikation“ hat er dann im Oktober 2013 in Augsburg in Angriff genommen.
Annika Wieland