Ein wenig Hilfe schadet nie: Wie die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Schwäbisch Hall Unternehmen unterstützen kann, erläutert Geschäftsführer David Schneider.
Haben die Unternehmen im Landkreis ihre Geschäfte nicht selbst ganz gut im Griff? Wofür braucht man eine Wirtschaftsförderung?
David Schneider: Wir sind in erster Linie Impulsgeber und unterstützen die Unternehmen im Landkreis Schwäbisch Hall mit Beratungsangeboten zu Themen wie Fachkräftegewinnung, Personalarbeit oder Energieversorgung. Die Weiterentwicklung der regionalen Wirtschaft begleiten wir als Ratgeber und Lotsen durch den Fördermittel- und Bürokratiedschungel.
Gibt es Sorgenkinder? Wo sehen Sie aktuell besonderen Handlungsbedarf?
Schneider: Sorgenkinder gibt es immer. Automobilzulieferer zum Beispiel befinden sich durch das kommende Aus des Verbrennungsmotors in einem tiefgreifenden Wandel und haben auch durch Corona stark gelitten. Während der Pandemie gab es phasenweise Kurzarbeit bis hin zu kompletten Produktionsstopps.
Sind die Auswirkungen der Pandemie noch spürbar?
Schneider: Gestörte Lieferketten und eingeschränkte Materialverfügbarkeit sind nach wie vor ein Problem. Jetzt kommt noch das Thema Inflation hinzu, das die Situation nicht erleichtert. Betrachtet man den Ausbruch der Pandemie als Ursprung, beschäftigt uns das immer noch sehr stark.
Und wie wirkt sich der Krieg in der Ukraine auf die regionale Wirtschaft aus?
Schneider: Das verschärft die Probleme. Ein Klassiker ist der Mangel an Paletten, weil die Nägel dafür aus der Ukraine kamen. Preise und Lieferzeiten von Materialien und Rohstoffen sowie der Aufwand, diese zu beschaffen, haben sich für die Unternehmen erhöht. Des Weiteren sind Absatzmärkte durch die Sanktionen weggefallen. Und natürlich sind auch die steigenden Energiepreise eine Herausforderung, vor allem für energieintensive Branchen. Doch noch ist die Situation gut, die Auftragsbücher der Unternehmen sind voll. Wir haben hier im Landkreis einen krisenfesten Branchenmix.
Was sind derzeit die wichtigsten Maßnahmen, um die Unternehmen im Landkreis zu unterstützen?
Schneider: Auf Lieferketten oder Energiepreise haben wir keinen Einfluss. Wir unterstützen mit klassischen Programmen der Strukturförderung, damit Unternehmen sich weiterentwickeln und Innovationen vorantreiben können. Wir haben da eine positive Entwicklung: Die Unternehmen wollen ausbauen, erweitern und mehr Personal einstellen.
Wie unterstützen Sie konkret?
Schneider: Teil unserer Aufgabe ist beispielsweise, Fördermöglichkeiten für Unternehmen aufzuzeigen, damit sie zukunftsweisende Projekte leichter umsetzen können. Ein Dauerbrenner ist auch der Fachkräftemangel. Egal wo man hinhört, egal in welcher Branche: Die Firmen suchen händeringend nach qualifiziertem Personal. Hier unterstützen wir, indem wir zum einen die Vorzüge der Wirtschaftsregion nach außen bewerben, um Fachkräfte in den Landkreis zu locken. Zum anderen sind wir innerhalb des Landkreises mit den Berufsschulen und der Lernfabrik 4.0 im Bereich Aus- und Weiterbildung aktiv, um für qualifizierten Nachwuchs zu sorgen. Eine Umfrage hat ergeben, dass Förderprogramme, Fachkräfte und Digitalisierung die Top-Themen sind, die unsere Unternehmen bewegen. Hierzu bieten wir diverse Beratungsangebote mit Experten aus verschiedenen Fachgebieten. Eines davon ist beispielsweise das Programm „unternehmensWert:Mensch“, das kleinen und mittleren Unternehmen dabei helfen soll, eine zukunftsfähige Personalpolitik zu betreiben.
Welche Maßnahme hat sich bislang als besonders erfolgreich erwiesen?
Schneider: Die Strukturförderung insgesamt hat sich bewährt. Hilfreich ist beispielsweise das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum, kurz ELR. Es hat verschiedene Ausprägungen, unter anderem das Thema Arbeit, wo auch Unternehmen gefördert werden können. Es geht darum, Arbeitsplätze zu schaffen und Wachstum zu ermöglichen, etwa durch Zuschüsse für neue Hallen oder auch Standortverlagerungen in attraktivere Gebiete im Kreis. Das sorgt für einen kontinuierlichen Schub für die wirtschaftliche Entwicklung. Kommunen, Landkreis, Regierungspräsidium, Ministerium: Die gesamte Verwaltungshierarchie ist eingebunden. Das ist ein echter Erfolgsgarant.
Gibt es Projekte, die Sie als Wirtschaftsförderer künftig noch angehen wollen?
Schneider: Wir sind gerade dabei, mit unserem Energiezentrum und gemeinsam mit den Kommunen, eine Strategie zu entwickeln, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Die politischen Ziele sind ja gesetzt, was die Erreichung der Klimaneutralität in den kommenden Jahren betrifft. Wir wollen dieses Thema bei uns bündeln, zu einer zentralen Anlaufstelle werden und als Partner die Kommunen unterstützen. Des Weiteren wollen wir wissensintensive Dienstleistungen noch stärker fördern. Die Themen Forschung, Innovation, Bildung wollen wir deutlich intensivieren, um eine wirtschaftsnahe Forschungsinfrastruktur aufzubauen. In diesem Zusammenhang wollen wir beispielsweise den Hochschulcampus Schwäbisch Hall stärken. Auch am KI-Innovationspark, der in Heilbronn entstehen soll, sind wir ein Stück weit beteiligt. Die innovativen Unternehmen, die wir hier haben, kooperieren bereits mit den Hochschulen – und es zeigt sich, dass das ein Magnet ist. Da entsteht viel Neues.
Wie beurteilen Sie die Zukunftsfähigkeit der verschiedenen im Landkreis vertretenen Branchen?
Schneider: Was eine zunehmend wichtige Rolle spielt, auch regionsweit, ist das Gesundheitswesen. Aufgrund des demografischen Wandels sind insbesondere Pflegeheime als eigener Zweig eine echte Zukunftsbranche. Die Menschen werden älter und brauchen vermehrt Gesundheits- und Pflegedienstleistungen. Auch die im Kreis starke Verpackungsindustrie, insbesondere in der Spezialisierung auf den Pharmabereich, ist ebenfalls eine Branche mit besten Zukunftsaussichten. Hier muss man natürlich schauen, wie sich die Lage auf den globalen Märkten weiterentwickelt, denn der Maschinenbau ist eine sehr exportabhängige Branche. Der Exportanteil liegt bei mindestens 50 Prozent, bei einigen Anbietern sogar bei bis zu 80 Prozent. Hier liegt ein gewisses Klumpenrisiko, insbesondere mit Blick auf die Strategie 2025 von China, im Maschinenbau, auch Sondermaschinenbau, zunehmend als Global Player zu agieren. Der Automotivesektor befindet sich bereits im Wandel. Da viele Komponenten rund um den Verbrennungsmotor in absehbarer Zeit nicht mehr benötigt werden, muss die Zulieferindustrie schauen, wie sie ihre Geschäftsmodelle anpassen und fit für die Zukunft machen kann. Aus dieser Notwendigkeit heraus hat sich beispielsweise das Bündnis für Transformation gebildet, um die Firmen auf diesem Weg zu unterstützen, mit Beratungen, Weiterbildungen und mehr.
Welche Rolle wird die Digitalisierung in den kommenden Jahren spielen?
Schneider: Durch Digitalisierung und Automatisierung werden wir sicher Veränderungen erleben – in vielen Branchen und Berufsfeldern. Gewisse Tätigkeiten werden wegfallen, neue werden entstehen. Beschäftigungssicherung wird ein wichtiges Thema sein. Doch noch sind keine gravierenden Auswirkungen spürbar. Wir sind gut aufgestellt.
Interview: Dirk Täuber
Zur Person:
David Schneider ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Schwäbisch Hall (WFG).