Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge, nachhaltige Verpackung: Die Verpackungsunternehmen in der Region treibt vieles um. Branchenvertreter Martin Buchwitz spricht im Interview über Trends und Innovationen, die den Industriezweig gehörig umwälzen werden.
Herr Buchwitz, als Geschäftsführer von Packaging Valley kennen Sie die Trends der Verpacker. Welche sind das?
Martin Buchwitz: Das, was unsere Branche in diesem Jahr bewegen wird, lässt sich in drei Hauptthemen gliedern: Corona und dessen Folgen, Digitalisierung und zu guter Letzt Nachhaltigkeit. Beim ersten Punkt spielen Herausforderungen wie Montage- und Reisebereitschaft eine große Rolle. Schließlich müssen weiterhin Monteure vor Ort beim Kunden sein, um Maschinen zu installieren oder zu warten. Doch gerade bei Einsätzen außerhalb Deutschlands sind Quarantänebestimmungen einzuhalten, was den Mitarbeiter Zeit kostet, die er nicht zur Verfügung hat, weil er eigentlich bereits zum nächsten Termin muss. Bei der Digitalisierung werden uns – völlig losgelöst von der Coronakrise – Aspekte wie IT-basierte Automatisierung, vorbeugende Wartung, welche das Risiko von Ausfällen reduzieren soll, sowie Online-Inbetriebnahme von Maschinen beschäftigen. In Bezug auf Nachhaltigkeit sieht sich die Verpackungsbranche vor allem mit Recycling – sowohl von Maschinen als auch von Materialien – und dem Ziel, Kunststoffalternativen zu finden, konfrontiert. Diese Aufgaben sind insbesondere im Bereich Lebensmittelversorgung zu lösen.
Apropos Lebensmittelversorgung: Welche Entwicklungen kann man hier beobachten?
Buchwitz: Dass die Gastronomie aufgrund der Lockdownmaßnahmen weggebrochen ist, hat Auswirkungen auf die Verpackungsindustrie. Es hat unseren Auftragseingang geschwächt. Und bei den Verpackungsmaschinenbauern in der Region liegen die Schwerpunkte nun einmal auf den Bereichen Food und Pharma. Auch gesellschaftlich betrachtet haben die Lebensmittel- und die medizinische Versorgung einen hohen Stellenwert – ganz unabhängig von Covid-19. Als Reaktion auf den Rückgang der Aufträge produzieren die Unternehmen nun verstärkt für den Online-Handel.
Wie schneiden denn unsere regionalen Verpackungsunternehmen in Bezug auf Innovationen im internationalen Vergleich ab?
Buchwitz: Maschinen made in Packaging Valley zeichnen sich besonders durch Innovation, Qualität, Flexibilität und Produktivität aus. Ob nun die großen Player wie Syntegon, Optima und Rommelag oder auch kleinere Betriebe – sie alle gelten als international führend, was Technologie anbelangt. Wichtig in der Branche ist es auch, stets nah am Kunden zu sein. Genau das trägt letztendlich dazu bei, dass Innovationen vorangetrieben werden können.
Wo sehen Sie weiteres Potenzial und wie ließe sich dieses besser nutzen?
Buchwitz: Erstens stellt die Bürokratie oftmals eine große Hürde dar, beispielsweise bei Genehmigungsprozessen. Hier wäre meiner Meinung nach ein Bürokratieabbau dringend geboten. Zweitens steckt in der Digitalisierung, die jedoch eine entsprechende Infrastruktur voraussetzt, viel Potenzial. Und drittens ist die Startup-Kultur im Bereich Maschinenbau leider noch viel zu gering ausgeprägt. Gründer trauen sich hier nicht so richtig heran, weil der Aufwand deutlich höher ist als etwa im Bereich IT. Dafür braucht man lediglich ein Gebäude und Computer. Für den Maschinenbau sind jedoch Konstruktion und logischerweise eine Fertigung von Maschinen erforderlich, was mit hohen Kosten verbunden ist. Bei diesem Thema wünsche ich mir eine größere Offenheit, das Ganze angstfrei anzugehen.
Lassen Sie uns noch mal auf die Digitalisierung zurückkommen. Welche konkreten Technologien werden Veränderungen herbeiführen?
Buchwitz: Die wachsende Hochautomatisierung auch bei kleineren Chargen ist hier zum Beispiel eine zukunftsrelevante Entwicklung. Auch das Anwenden von künstlicher Intelligenz sowie Virtual und Augmented Reality sind Themen, die uns begleiten. Wir sind mittendrin in der nächsten industriellen Revolution, die eng mit der Vernetzung und Kommunikation von Systemen und Geräten untereinander verbunden ist – dem sogenannten Internet der Dinge. Hierfür stellt wiederum die 5G-Technologie die alles entscheidende Kommunikationsbasis dar.
Wenn wir bei bahnbrechenden Technologien sind: Was ist mit 3-D-Druck?
Buchwitz: Die größeren Firmen wenden den 3-D-Druck längst an. Ich erkenne hier drei Potenziale: schnellere Geschwindigkeit für Kunden, höheres Maß an Effizienz für Maschinenbauer und die Möglichkeit, neue Formen zu generieren, speziell im Leichtbau. Für den Bereich Pharma sehe ich allerdings Herausforderungen, da es Teile gibt, die sich aufgrund der Oberflächenbeschaffenheit nicht mittels 3-D-Druck herstellen lassen.
Thematisieren wir zum Schluss noch mal die Nachhaltigkeit: Welche Herausforderungen sehen Sie hier?
Buchwitz: Ich muss hierbei zwischen drei Gebieten differenzieren: der Nachhaltigkeit im Maschinenbau, der Nachhaltigkeit der Maschinen selbst und der Nachhaltigkeit der Verpackungen. Bei Ersterem sind eine klimaneutrale Produktion sowie Abfallvermeidung das Ziel. Bei Punkt zwei geht es in erster Linie um Energieeffizienz, darum den Verbrauch zu reduzieren. Auch die Recycelbarkeit der Maschine selbst ist ein wichtiges Kriterium. Und nicht zuletzt die Verpackung an sich, die natürlich wiederverwertbar sein soll. Für dieses Ziel soll etwa nur noch ein Stoff als Ausgangsmaterial verwendet werden. Man spricht hier von Monomaterialien.
Interview: Olga Lechmann