Diese WG ist außergewöhnlich: Ihre Bewohner, acht Frauen und ein Mann, sind zwischen 68 und 93 Jahre alt. Alle haben etwas gemeinsam. Sie sind zunehmend vergesslich – sie leiden unter Demenz. Der Verein Lindenhof e. V. gründete im Juli 2016 unter Mitinitiatorin Tania Bayer die Demenz-WG Lindenhof in Lauffen am Neckar. Sie befindet sich in einer behindertengerechten Wohnung.
Das Motto der Demenz-WG ist: „Wohnen, leben, gemeinsam“. Es ist eine selbstverantwortliche Wohngemeinschaft ohne Heimaufsicht. „Das Besondere dieser WG-Form ist die individuelle sowie persönliche Betreuung, abgestimmt auf jeden Bewohner“, erläutert Silvia Volz, Angehörigensprecherin im Lindenhof. Die Pflegerinnen können sich in der WG viel Zeit für die Betreuung der Bewohner nehmen. Tagsüber ist der Pflegedienst mit zwei Helferinnen vor Ort und nachts mit einer Nachtbereitschaft. „Bemerkenswert ist das rührende Miteinander der Bewohner“, fügt Tania Bayer hinzu.
Ihren Tagesablauf können die WG-Bewohner frei gestalten, je nach Tagesform. Sie wohnen in ihren eigenen vier Wänden, mit ihren eigenen, vertrauten Möbeln. Ihre Zimmer dienen ihnen jederzeit als Rückzugsort.
Vor dem Mittagessen finden sich fast alle Bewohner in der offenen Küche ein. Je nach Demenzstufe und momentaner Verfassung unterstützen sie die Betreuer der Sozialstation beim Kochen und bei den alltäglichen Aufgaben im Haushalt. „Jeder macht das, was er noch kann und möchte. Ob das Wäsche zusammenlegen, Basteln oder Kartoffeln schneiden ist,“ erzählt Bayer.
Die Atmosphäre ist meist fröhlich. „Schmunzelsituationen gibt es täglich. Beispielsweise, dass beim Mittagessen auf einmal eine Bewohnerin ‚Happy Birthday‘ anstimmt“, ergänzt Ute Kuch, Teamleiterin der Diakonie Lauffen-Neckarwestheim-Nordheim.
Für die Bewohner und ihre Angehörigen ist die Demenz-WG ein großer Halt. Die Familien wissen ihre Verwandten gut versorgt und helfen aktiv mit, beispielsweise beim Wocheneinkauf. „Wir sind wie eine Familie. Beim Essen sitzen die Pflegekräfte aber auch die Enkel mit am Tisch“, erklärt Volz und ergänzt: „Meine Mutter ist hier im Lindenhof wieder aufgeblüht. Sie hat das Stricken wieder angefangen. Und sie hat durch die Gemeinschaft wieder Freude am Essen gefunden und zugenommen.“
Nadja Müller