Eberhard Schell ist ein leidenschaftlicher Mann; einer, für den das Motto „ganz oder gar nicht“ gilt. So wundert es nicht, dass er sich seinem Beruf mit Leib und Seele widmet: Er ist Chocolatier und kreiert Köstlichkeiten, die er teils mit ungewöhnlichen Zutaten mischt.
Sie ist der Deutschen liebste Süßigkeit und lässt sogar das Herz von Schlagersängerin Helene Fischer Marathon laufen: die Schokolade. Haaach, und wozu man sie alles genießen kann: zu Obst, zum Kaffee, als Nachtisch, im Kuchen, zum Essig. Und, und, und. Bitte was, zum Essig? Stellt sich die Frage, ob die Autorin dieses Textes den Verstand verloren hat. Man kann getrost behaupten: Nein, das hat sie nicht. Essig und Schokolade – richtig dosiert und aufeinander abgestimmt – sind ein wahrer Genuss. Wer das nicht glaubt, sollte zwingend einen Abstecher bei der Schokoladenmanufaktur Schell in Gundelsheim machen und sich selbst davon überzeugen. Denn dort gibt es sie: die kleinen Essigschleckerle, die so ungewöhnlich und doch so köstlich sind.
Aber der Reihe nach. Die Schell Schokoladenmanufaktur wird 1924 gegründet – damals noch als klassische Bäckerei und Konditorei. 1990 übernimmt Eberhard Schell mit Ehefrau Annette den Betrieb. „Wir haben den Fokus schnell auf die Konditorei und Confiserie gelegt“, erinnert sich Eberhard Schell. Wenige Jahre später nimmt Erich Steinle, ehemaliger Chef der Weingärtnergenossenschaft Gundelsheim-Neckarsulm, Kontakt zu Schell auf. Steinle möchte Schokolade auch zum Essig anbieten. „Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig“, erinnert sich Schell und lacht herzlich. Essig und Schokolade in einen harmonischen Einklang zu bringen – das klingt für Schell zunächst wie ein schlechter Witz. Doch er lässt sich auf das Experiment ein und noch schneller davon überzeugen. „Der Essig ist genial. Ich wusste, das es funktioniert.“ 1995 werden die Essigschleckerle zum Patent angemeldet.
Die Kombination aus Wein und Schokolade
Die Begeisterung bei Schell für Produkte, die aus Trauben gewonnen werden, ist geweckt. „Wenn das mit Essig gelingt, muss das auch mit Wein klappen“, ist der Chocolatier überzeugt, der seit seiner Jugend Fan des Rebensaftes ist. Und er soll recht behalten. Zugegeben, Schokolade und Wein sind eine ungewöhnliche Verbindung. Doch die beiden Produkte gehören zusammen – wie Susi und Strolch, Paris und der Eiffelturm oder Linsen und Spätzle. „Wein und Schokolade haben viele Gemeinsamkeiten“, schildert Schell und ergänzt: „Das Wachstum in einer bestimmten geografischen Lage mit einem bestimmten Boden und Klima, die Sortenvielfalt, die Anbaumethode – überall gibt es Parallelen.“
Besonderen Wert legt Schell auch bei dieser ungewöhnlichen Kombination auf die Qualität der Produkte – denn: Wein ist nicht gleich Wein, Schokolade nicht gleich Schokolade. Der Gundelsheimer beginnt zu tüfteln, holt sich das Know-how von Weinkennern ins Haus. Und findet sie: die passenden Rebensäfte zur passenden Schokolade. „Beim Kakao haben wir früher mit einem Lieferanten zusammengearbeitet. Heute sind es mindestens zehn.“ Auch die Zahl der Weingüter, mit denen Schell kooperiert, nimmt zu: rund 150 Stück sind es heute. Schell ist sich sicher, eine Marktlücke in Deutschland geschlossen zu haben. „Ich bin bestimmt nicht der Erste, der Schokolade und Wein zusammenführt. In Spanien und Italien gehört das schon lange zum kulinarischen Erbe.“
In Deutschland gehört Eberhard Schell dennoch zu den Pionieren, die sich diesem Gebiet professionell widmen. Und so schwärmt er zu Recht von seinen Kreationen. „Ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass bei der richtigen Verbindung von Wein und Schokolade die Geschmacksnerven Kapriolen schlagen. Es ist, als würden die Aromen Tango tanzen.“
Lydia-Kathrin Hilpert