Wohin geht die Reise?

Wie entwickelt sich die Automobilindustrie in der Region? Welche Auswirkungen werden erwartbare Veränderungen auf die Betriebe haben? Bei einer Veranstaltung der Bürgerinitiative pro Region Heilbronn-Franken e. V. wurde über die Zukunft der Branche diskutiert.

Wie wird es in den kommenden Jahren mit der Automobilbranche in der Region weitergehen? Diese Frage stand Mitte Oktober im Fokus einer Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative pro Region Heilbronn-Franken e. V. – und sie beschäftigt viele Menschen. Zehntausende sind hier in der Region direkt oder indirekt von der Entwicklung dieser Kernbranche betroffen, alleine am Audi-Standort Neckarsulm geht es um rund 17.000 Beschäftigte.

„Es ist wichtig, dass wir von Audi zeitnah Klarheit bekommen“, forderte Jochen K. Kübler, Vorsitzender der Bürgerinitiative pro Region, in seiner Begrüßungsrede zum Themenabend. Doch klare Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen gibt es derzeit noch nicht.

Mögliche Entwicklung

Mit einem Impulsvortrag gab Franz Loogen, Geschäftsführer e-mobil BW GmbH, eine Einschätzung über die weitere Entwicklung der Automobilbranche in Deutschland ab. Er sei sich sicher, dass es auch weiterhin den Verbrennungsmotor geben werde. Aber Elektromobilität werde beim Auto eine immer wichtigere Rolle spielen – und dieser Veränderung müsse man sich stellen. „Wir müssen den Kopf nicht in den Sand stecken. Aber wir müssen uns positionieren“, sagte Loogen. Er gehe davon aus, dass in der EU im Jahr 2030 eher 50 Prozent als 15 Prozent der Neufahrzeuge batterieelektrisch fahren werden. Was den künftigen Anteil an Verbrennungsmotoren betrifft, rechne er mit maximal 30 Prozent. In einem Szenario, das er für wahrscheinlicher halte, schrumpft allerdings der Verbrenneranteil gegen Null.

Situation in der Region

Im Anschluss diskutierten unter der Moderation von Uwe Ralf Heer, Chefredakteur der Heilbronner Stimme, diverse Gäste über die Zukunft der Automobilbranche in der Region. Mit Sorge wurde die Situation bei Audi betrachtet. Audi-Werkleiter Helmut Stettner machte jedoch Mut: „Wir werden auf keinen Fall abgehängt.“

Rolf Klotz hingegen, der Audi-Betriebsratsvorsitzende des Werks, forderte eine klare Perspektive für den Standort Neckarsulm in der E-Mobilität. „Wenn wir heute nicht dafür die Kompetenzen und Rahmenbedingungen aufbauen, dann haben wir das Gefühl, dass wir nur dafür zuständig sein sollen, was am Markt immer weniger gefragt ist, nämlich Autos mit Verbrennungsmotor“, sagte Klotz und schob nach, dass Audi ein bayerisches Unternehmen sei und man in Neckarsulm ständig um Aufmerksamkeit kämpfen müsse. Er habe den Eindruck, dass der „blau-weiße Vorhang“ so dicht sei, dass es mit dem Blick aus Ingolstadt über die Frankenhöhe nicht klappe.

Stettner wiederum betonte: „Wir sind bei den Zukunftsthemen überall vorne dabei.“ Besonders stolz sei er darauf, dass man in Neckarsulm die Gesamtverantwortung im VW-Konzern für die Brennstoffzelle habe.

Qualifikation hat Priorität

Heinrich Dismon, Technik-Chef des Automobilzulieferers Rheinmetall Automotive, brach eine Lanze für die Qualifikation. Die Runde war sich darin einig, dass bei der Transformation in der Automobilbranche die Qualifizierung der Mitarbeiter höchste Priorität habe. Jörg Ernstberger von Südwestmetall und Rudolf Luz von der IG Metall sahen vor allem in der „Umqualifizierung“ der Beschäftigten eine zentrale Aufgabe. Strittig war aber die Frage nach der Finanzierung. Luz machte mit der Forderung nach einem Transformationskurzarbeitergeld einen konkreten Vorschlag. Er fürchte zudem, dass die Lage gerade für kleinere Zulieferer noch kritischer werden könnte, wenn die Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltender werden.

Ralf Schnörr, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, gab sich eher gelassen. Die Konjunktur sehe im Handwerk noch gut aus. Dennoch gab er zu: „Ich möchte auch nicht in der Rolle der Hersteller sein.“ Bis die Werkstätten von der Transformation betroffen seien, werde es seiner Ansicht nach noch eine Weile dauern. „Den Verbrennungsmotor wird es auch in 15 oder 20 Jahren noch geben“, ist Schnörr überzeugt.

Regionales Bündnis erforderlich

Der Regionalverbandsvorsitzende Joachim Scholz griff eine Anregung von pro Region auf und forderte ein „Bündnis für Transformation“. Er sehe in einem solchen Bündnis die Arbeitgeber und Gewerkschaften, die Kammern, die Hochschulen, den Regionalverband und die Politik.

Der frühere IG-Metaller und stellvertretende Beiratsvorsitzende von pro Region, Frank Stroh, sprach das Schlusswort. Es gehe darum, im regionalen Schulterschluss zu erreichen, „dass Audi Neckarsulm nicht zur Resterampe im VW-Konzern wird“.

pro Region/red