Zukunftschancen für den Mittelstand

Der Mittelstand galt lange als Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft. Die inhabergeführten kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) sowie Familienunternehmen sind Arbeitgeber mit einer besonderen Führungskultur, regional stark verankert, global gesehen nicht selten Hidden Champions. Viele gehören traditionellen Branchen wie dem Maschinenbau und der Automobilindustrie an.

 

Traditionelle Branche und Zukunftsmarkt – wie kommt das zusammen? Durch Transformation. Die Veränderung kann plötzlich von außen kommen und Geschäftsmodelle quasi über Nacht zerstören (Disruption) oder sie kann aktiv angegangen werden, weil wir ahnen, was auf uns zukommt, weil wir lieber mitgestalten als überrollt werden, weil wir eine Vision haben und unsere Strategie gezielt darauf ausrichten. Gerade dieses visionäre Element hat den deutschen Mittelstand lange ausgezeichnet und erfolgreiche bis weltmarktführende Unternehmen zwischen Tradition und Innovation hervorgebracht. Wird der Mittelstand auch in Zukunft der Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft sein? Das hängt vor allem auch davon ab, ob KMUs ihre Chancen in Zukunftsmärkten konsequent nutzen.

Zukunftmarkt-Chance eins: neue Wirtschaftsmächte, wachsende Mittelschichten und „Good-Enough“-Produkte. Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China)und neue aufstrebende Länder wie Indonesien oder Kolumbien bieten auch in Zukunft Export-Chancen. Deutsche KMUs können hier Nischen besetzen oder die attraktiven (Massen-)Konsumgütermärkte der wachsenden, immer kaufkräftigeren Mittelschichten erschließen. Dabei wird sich der globale Wettbewerb weiter intensivieren, nicht zuletzt, weil die aufstrebenden Länder zunehmend selbst exportieren. Neben qualitativ hochwertigen Produkten sollten KMUs deshalb auch sogenannte „Good-Enough“-Produkte anbieten.

Zukunftsmarkt-Chance zwei: Internet der Dinge, digitale Wertschöpfungsökosysteme und datenbasierte Geschäftsmodelle. Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist bereits heute eine der wichtigsten Triebfedern der Globalisierung. In Zukunft lassen sich immer mehr Maschinen und Objekte über eine eigene IP-Adresse ansteuern. Dies eröffnet insbesondere dem Maschinenbau (Industrie 4.0) und der Automobilindustrie (vernetzte Fahrzeuge und Verkehrsinfrastrukturen) Chancen. Unternehmensübergreifende Wertschöpfungsketten werden durch die Digitalisierung komplexer und entwickeln sich zu branchenübergreifenden Wertschöpfungsökosystemen. Unternehmen können in Kooperation völlig neue daten- oder plattformbasierte Geschäftsmodelle entwickeln und ihren Kunden innovative Zusatzdienstleistungen anbieten.

Zukunftsmarkt-Chance drei: Logistik-Innovationen. Der weltweit wachsende Warenhandel, die zunehmend vernetzte Wertschöpfung und der boomende Onlinehandel erhöhen die Nachfrage nach zeit- und kostensparenden Logistik-Lösungen. Sensorik, Robotik, Automatisierung und Virtualisierung steigern die Transparenz und Effizienz zukünftiger Lieferketten. Hiervon profitieren beispielsweise Nutzfahrzeughersteller, Maschinenbauer, Systemhersteller sowie kleine und mittlere Logistikdienstleister, sofern sie in die digitale Transformation investieren und innovative Lösungen anbieten.

Zukunftsmarkt-Chance vier: Energieeffizienz, Smart Energy und Energiespeichersysteme. Intelligentes Energiemanagement gewinnt mit dem weiteren Ausbau der regenerativen Energien verstärkt an Bedeutung – vom einzelnen Gerät, über das Smart Home oder die smarte Fabrik bis hin zum flächendeckenden Smart Grid. Nicht nur die Geräte, Maschinen und Anlagen werden immer energieeffizienter, auch der Energieverbrauch selbst kann in Zukunft durch ein kontinuierliches Monitoring und die intelligente Analyse von Verbrauchs- und Leistungsdaten weiter optimiert werden. KMUs bieten sich in diesem Zukunftsmarkt zahlreiche Chancen. Eines der größten Probleme der Energiewende, die Speicherung überflüssigen Stroms, wird zum Beispiel die Nachfrage nach mobilen und stationären Energiespeichersystemen erhöhen.

Die digitale Transformation wird Märkte verändern. Ob der deutsche Mittelstand diese Zukunftsmärkte für sich erschließt, steht und fällt mit seiner Innovationsfähigkeit. Die Chancen sind da, sie müssen „nur“ erkannt und genutzt werden.

Gregor Schiffer

Zur Person:
Gregor Schiffer ist geschäftsleitender Partner und Leiter der FutureMarkets-Center „Bauen und Wohnen“, „Energie und Infrastruktur“ sowie „Freizeit und Unterhaltung“ bei der FutureManagementGroup AG. Er leitet Projekte in den Bereichen Entwicklung und Umsetzung von zukunftsrobusten Strategien, Früherkennung von Zukunftsmärkten sowie im Innovationsmanagement. Hierzu hält er auch Vorträge und leitet Kompakt-Workshops.