Zwei Räder sind besser als vier

Wie oft hat man sich schon vorgenommen, das Auto einmal stehen zu lassen und kleine Strecken mit dem Rad zu bewältigen? Friedrich Zahn hält sich schon sein ganzes Leben an diesen Vorsatz und nimmt dafür auch lange Fahrten und schlechtes Wetter in Kauf.

Wie schafft man es, sieben Kisten Apfelsaft mit dem Fahrrad zu transportieren? Das geht nicht? „Das geht sehr wohl“, bekräftigt Friedrich Zahn aus Bröckingen bei Gaildorf. Ein Anhänger ist die Lösung. Und ein Großeinkauf ist nicht das Einzige, das der pensionierte Lehrer mit dem Fahrrad erledigt. Ob früher jeden Tag zur Schule, Donnerstagabend zum Posaunenchor oder zum Parteitag nach Ingolstadt – das Mitglied der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) nimmt es mit jeder Strecke auf, ist sie auch noch so steil und das Wetter noch so schlecht. Denn, so lautet das Motto des Pedaleurs: „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung.“ Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass er selbst bei Aufziehen eines schlimmen Gewitters nicht bereut, das Auto daheim stehen gelassen zu haben.

Viele Jahre lang hatten Friedrich Zahn und seine Familie sogar gar kein Auto. „Als der älteste Sohn 18 wurde, haben wir dann eines angeschafft“, erzählt der Vater von vier Söhnen. Das steht jedoch die meiste Zeit vor der Haustür, was der Kilometerstand beweist: Circa 2000 sind es im Jahr. Die Tachostände seiner Fahrräder zeigen dagegen eine ganz andere Zahl an. Zwischen 5 000 und 10 000 Kilometer fährt der ehemalige Sportlehrer jährlich auf den unterschiedlichsten Strecken. „Ein Fahrrad für jeden Zweck gibt es leider nicht“, bekennt er mit einem leichten Anflug von Enttäuschung in seinem Blick. Deshalb steht mittlerweile ein Fuhrpark an Fahrrädern in seinem Geräteschuppen. Rennrad, Tandem, Liegerad, Mountainbike – zehn sind es insgesamt.

Sein erstes Fahrrad wurde dem jetzt 65-Jährigen vererbt. „Schwarz war es“, erinnert er sich zurück. „Das war mir eigentlich viel zu groß. Den Berg runter konnte ich kaum bremsen“, erzählt er unter Lachen. Vom Radfahren hat es ihn trotzdem nicht abgehalten – bis heute nicht. „Es tut mir einfach ungeheuer gut und gewährt mir ein Stück Freiheit. Auf dem Fahrrad kann ich nach einem anstrengenden Tag wieder runterkommen. Und das Beste ist: Ich kann das Angenehme mit dem Notwendigen und Nützlichen verbinden.“ Der Gesundheit zuliebe verzichtet er also auf das Auto und umweltfreundlich ist es obendrein.

Auch auf Urlaubsreisen waren die Fahrräder stets die treuen Begleiter von Familie Zahn. Geplant wurde so, dass die Hin- und Rückfahrten mit der Bahn und dem Fahrrad, welche sich beide wunderbar verbinden ließen, zu bewältigen waren. „Immer wieder umsteigen, das Gepäck von A nach B bringen, das muss die Familie schon mitmachen.“ Einmal habe er sogar fast den Anschluss verpasst, weil er noch einmal zurückgehen musste, um die restlichen Sachen zu holen. „Das war schon immer ein Abenteuer“, beschreibt der Familienvater den Urlaub mit dem Fahrrad. Auch heute noch zieht es ihn und seine Frau zum Radeln in die Ferne, wie zum Beispiel auf den Südtiroler Reschenpass. Das soll aber nicht heißen, dass der gebürtige Ansbacher die Nase voll hat von den hiesigen Fahrradstrecken. Ganz im Gegenteil: Seine Lieblingstour führe von Waldenburg nach Künzelsau entlang der stillgelegten Kochertalbahn.

Allgemein ist Friedrich Zahn der Meinung, dass die Region ein sehr gutes Angebot an schönen Radstrecken habe und ein Trend zum Fahrradfahren und zur umweltfreundlichen Mobilität zu erkennen sei: „Die E-Bikes haben einen großen Teil dazu beigetragen, dass sich mehr Menschen aufs Rad schwingen.“ Das könne man auch durch den Ausbau der Radwegenetze feststellen. „In den vergangenen Jahren ist viel in diesem Bereich passiert. Diese Entwicklung wird auch in Zukunft zu beobachten sein“, prognostiziert Friedrich Zahn zuversichtlich. Auf die Frage, wie er selbst andere zum Fahrradfahren motiviert, antwortet er ganz salopp: „Einfach, indem ich fahre.“ Der besonnene Velofahrer sei noch nie der Typ Mensch gewesen, der anderen seine Meinung aufzwinge. Nichtsdestotrotz hätten sich in den letzten Jahren seiner Berufszeit als Lehrer immer mehr Fahrräder der Kollegen zu dem seinigen dazugesellt – ganz freiwillig.

Gewisse Dinge, wie das Holzholen im Wald, gebe es dennoch, die nur mit dem Auto zu erledigen seien. Das muss auch ein so leidenschaftlicher Fahrradfahrer wie er eingestehen. Ein Elektroauto wäre für ihn ein guter Kompromiss, allerdings mit einer Einschränkung: „Betreiben würde ich es mit selbsterzeugtem Strom. Das wäre mein Traum.“

Verena Köger