Es ist ein umstrittenes Thema, das in der Politik wie in der Wirtschaft regelmäßig die Gemüter erhitzt: die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen. Was aber verbirgt sich eigentlich dahinter? Wir haben nachgefragt.
Wäre das nicht eine schöne Vorstellung? Einen fixen Betrag, jeden Monatsersten vom Staat auf unser Konto überwiesen zu bekommen – ohne, dass wir irgendetwas dafür tun müssten. Das ist, vereinfacht gesagt, die Vorstellung von einem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE), die derzeit vielerorts in Deutschland und ganz Europa vorherrscht. Jeder soll ein Recht darauf haben, ohne ein bürgerschaftliches Engagement vorweisen zu müssen, noch die Pflege von Angehörigen oder den Versuch, Arbeit zu finden. Auch Kinder und Rentner erhalten es, ebenso wie Reiche.
Die Idee eines Pauschalbetrages ist – je nach Auslegung – viele hundert Jahre alt und von Vertretern aus nahezu allen politischen Richtungen bereits angedacht worden. Und dennoch wird die Diskussion darüber kontrovers geführt, denn der Vorschlag wirft einige elementare Fragen auf: Ist der Mensch von Natur aus faul oder doch fleißig? Vertrauen wir unseren Mitmenschen wirklich? Was ist der Sinn von Arbeit? Und woran misst sich deren Wert?
In den zurückliegenden Jahren findet die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen zunehmend Befürworter – und das hat Gründe. Arbeitswelt und Wirtschaftsleben verändern sich rasant. Dieses Tempo und die Art der Veränderung waren vor wenigen Jahrzehnten kaum vorstellbar. Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung lauten die Schlagworte, die in der Praxis bedeuten: Die Zahl der Jobs, die künftig von künstlich-intelligenten Maschinen erledigt werden, wird steigen. Wo selbstfahrende Lkw Güter von A nach B transportieren, wo Maschinen Menschen pflegen oder wo Roboter im Einzelhandel abkassieren, steigt für viele Menschen das Risiko, in Zukunft ohne Job zu sein.
Auch in der Region trifft das Konzept auf Zustimmung
Flankiert wird diese Entwicklung vom demografischen Wandel: Immer weniger junge Menschen zahlen in die Renten- und Sozialkasse für immer mehr ältere Menschen ein. Dieses Konstrukt gerät heute schon zunehmend ins Wanken – und wird perspektivisch nicht mehr funktionieren können. Das ist auch jetzt schon klar. Alternativen für die Renten- und Sozialleistungen müssen also her.
Das BGE könnte hier ein Ansatz sein. Wirtschaftsfunktionäre wie dm-Gründer Götz Werner oder Telekom-Chef Timotheus Höttges fordern dessen Einführung schon lange. Und auch in der Region Heilbronn-Franken werden Stimmen lauter, die einen Kurswechsel fordern.
Die Heilbronner Initiative „Bedingungsloses Grundeinkommen“ etwa hat es sich zum Ziel gesetzt, das Bewusstsein über die Thematik in die Breite der Bevölkerung zu transportieren und die gesellschaftliche Diskussion darüber zu unterstützen. Peter Kaspar und Daniel Wierbicki stehen stellvertretend für den Verein. Der 66-jährige Pensionär, der viele Jahre als Oberstudienrat tätig war und der 32-jährige IT-Fachmann sehen das BGE als „eine Antwort auf die sozialen Herausforderungen unserer Zeit“. Warum? „Weil es fair und die logische Konsequenz aus einer zunehmend sich öffnenden Schere zwischen Arm und Reich ist“, sind beide überzeugt.
Lydia-Kathrin Hilpert