Eigentlich ist alles gut. Deutschland hat eine Kanzlerin, allein das müsste ein Beleg für die Gleichstellung von Mann und Frau im Beruf sein. Das Anrecht auf einen Betreuungsplatz sollte auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert haben. Doch trotzdem läuft in Sachen Arbeit nicht immer alles so glatt, wie es müsste, weiß Simone Rieß, Leiterin der regionalen Kontaktstelle Frau und Beruf.
Frauen ziehen nicht pauschal den Kürzeren, wenn es um das Thema Arbeit geht.“ Simone Rieß ist es ganz wichtig, das zu betonen. Aber: „Die Erwerbsbiografien von Frauen sind oft von Unterbrechungen geprägt.“ Das muss nichts Negatives sein, denn es gibt neben dem Blick auf den Bereich Arbeit auch noch den Blick auf andere Felder wie Familie, Hobbys und Ehrenamt. „Oft ist es immer noch die Aufgabe der Frauen, das unter einen Hut zu bringen.“ Auch die Pflege von Angehörigen ist meist Sache des weiblichen Geschlechts. „Natürlich gibt es auch überaus engagierte Männer, wenn man jetzt als Beispiel die Elternzeit betrachtet, aber beim Großteil beschränkt sich diese doch eher auf die typischen zwei Monate“, stellt sie fest.
Das liegt aber nicht unbedingt daran, dass Männer nicht wollen. Häufig sind es die Rahmenbedingungen. Sicher, der Anteil berufstätiger Frauen ist gestiegen, aber eben vor allem in den Bereichen Teilzeit und geringfügige Beschäftigung – nach der Elternzeit.
Flexibilität ist das höchste Gebot
Doch man könne nicht alles auf die Unternehmen schieben, sondern müsse immer das gesamte Zusammenspiel aus Frau und deren Familie, Arbeitgeber und den bestehenden Rahmenbedingungen betrachten. „Es gibt vor allem im ländlichen Raum Kindergärten, die Regelöffnungszeiten anbieten. Das heißt mit Unterbrechung am Mittag. Da ist eine Berufstätigkeit schwer möglich“, stellt Rieß fest. Und wenn der Verdienst dann gerade so die Kosten dafür deckt, wirkt das nicht gerade motivierend. „Wir brauchen die Flexibilisierung auf allen Seiten.“ In Unternehmen gebe es Regelungen von ganz starr bis höchst flexibel.
Das hängt häufig auch davon ab, wie groß die Not bei der Suche nach Mitarbeitern ist. „Es hat viel mit Unternehmenskultur zu tun und mit Beispielen, bei denen es gut funktioniert.“ Auch Frauen müssen sich öffnen. „Nicht alle können von neun bis zwölf Uhr arbeiten, nur weil das so gut zum Kindergarten passt. Hier ist auch ein Umdenken bei den Frauen notwendig.“
Vielleicht die Abendschicht im Verkauf oder auch mal samstags arbeiten. Mal ganz abgesehen davon, dass Teilzeit ja nicht automatisch fünfzig Prozent bedeutet – auch nur zehn oder eben achtzig sind eine Option. Sicher sei es einfacher, wenn man nach der Elternzeit zurück an den alten Arbeitsplatz kehrt als wenn man wegen Umzug oder anderem neu anfangen muss. Teilweise sind da Abstriche nötig. „Natürlich ist es immer das Ziel, die Frauen qualifikationsgerecht einzusetzen und es ist schade um das Potential, aber manchmal muss man auch einen Schritt zurückgehen.“ Rieß ist überzeugt, dass Veränderungen wie diese, die das gesellschaftliche Werte- und Rollenverständnis auf den Kopf stellen, viel Zeit benötigen. „Es braucht eine Generation Vorbilder, bei denen man sieht, dass es klappt und dann wird es für die nächsten schon ganz normal.“
Stefanie Pfäffle