Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Viele Geflüchtete kommen in die Region und den Main-Tauber-Kreis. Ein Kraftakt für Städte, Gemeinden und den Kreis – und eine Chance für Unternehmen.
Über eine Millionen Menschen sind im vergangenen Jahr aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. In baden-württembergischen Kommunen kamen etwa 180.000 Menschen an, dazu kommen noch die Flüchtlinge aus anderen Ländern. „Die Zugangszahlen übersteigen bei weitem die Zahlen von 2015 und 2016 sowohl landesweit als auch kreisbezogen“, erklärt Markus Moll vom Landratsamt Main-Tauber-Kreis. Im Jahr 2022 sind aus der Ukraine und anderen Ländern etwa 2300 Flüchtlinge in den Landkreis gekommen, 646 davon in eine vorläufige Unterbringung.
Im dreistufigen Aufnahmesystem in Baden-Württemberg, welches aus Erstaufnahme, vorläufiger Unterbringung und Anschlussunterbringung besteht, ist für die vorläufige Unterbringung der Landkreis verantwortlich. „Danach folgt die kommunale Anschlussunterbringung bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden, sofern die geflüchteten Menschen nicht selbst eigenen Wohnraum finden“, sagt Moll. In Tauberbischofsheim leben (Stand März 2023) 887 Geflüchtete. „Davon leben 431 Geflüchtete in den fünf Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises“, erklärt Helga Hepp von der Stadtverwaltung Tauberbischofsheim. Zwei Integrationsmanager der Stadtverwaltung sowie ehrenamtliche Helfer unterstützen die Geflüchteten bei der Organisation der Unterbringung.
Im Main-Tauber-Kreis spielt die Suche nach geeignetem Wohnraum dabei eine zentrale Rolle. „Die aktuelle Situation ist so, dass aufgrund der hohen Zuweisungszahlen ein hoher Bedarf besteht. Wir werden also weiterhin geeignete Immobilien anmieten oder kaufen, ebenso werden geeignete Grundstücke für Wohncontaineranlagen gesucht und bestückt. Für die Akquise von neuen Gebäuden oder Grundstücken und die erforderlichen Kauf-, Miet- oder Umbauentscheidungen ist jeweils eine Genehmigung des zuständigen Regierungspräsidiums einzuholen“, sagt Markus Moll. Und auch Helga Hepp von der Stadtverwaltung Tauberbischofsheim sagt: „Die Kapazitätsgrenze auf dem Wohnungsmarkt scheint erreicht. Die Unterbringung in adäquaten Wohnraum und insbesondere die Betreuung der Kleinkinder wird damit zum Kraftakt.“
Neben der Unterbringung spielt die erfolgreiche Integration von Geflüchteten im Main-Tauber-Kreis und den umliegenden Landkreisen eine tragende Rolle. „Eine schnellere Verteilung auf die finale Kommune oder eine dauerhafte Erstaufnahmesituation würde auch den Menschen helfen, schneller anzukommen“, sagt Laura Asum von der Stadtverwaltung Künzelsau. Dabei sind auch die Unternehmen gefragt, indem sie Geflüchteten Ausbildungsplätze, Praktika oder wenn möglich auch reguläre Jobs anbieten.
Erworbene Bildungsniveaus sollten laut Elisabeth Giesen, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischhofsheim, nicht verlorengehen. Gerade bei Flüchtlingen aus der Ukraine stehen dem Eintritt ins Arbeitsleben oft nur sprachliche Hürden im Weg. Ukrainerinnen und Ukrainer bekämen in der Regel tatsächlich unkompliziert eine Arbeitserlaubnis, sagt die Expertin – eine Chance für Unternehmen, die Arbeitskräfte suchen.
Teresa Zwirner