Immer wieder Zimmerer

Wir haben uns auf die Suche nach einem der ältesten Familienunternehmen in der Region Heilbronn-Franken gemacht. Und sind fündig geworden. Die Zimmerei Philipp um Inhaber Horst Philipp blickt auf unglaubliche 351 Jahre zurück.

Familienunternehmen gibt es viele – in Deutschland, in Baden-Württemberg, in der Region. Einige davon können auf eine beeindruckende Vergangenheit zurückblicken, sie sind echte Traditionsunternehmen. 50, 75 oder sogar noch mehr Jahre sind dabei keine Selten-, dafür aber eine Besonderheit. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich Generation für Generation dem Unternehmen verpflichtet fühlt und es weiter am Leben hält. Umso erstaunlicher ist es dann, wenn die Anfänge eines Unternehmens bis mindestens ins 17. Jahrhundert zurückreichen – um genau zu sein, bis ins Jahr 1666. „Das gibt’s doch nicht!“, glauben Sie? Das gibt es sehr wohl. Und zwar in Jagstheim im Landkreis Schwäbisch Hall. Hier hat die Zimmerei Philipp ihren Sitz. Das Unternehmen wird heute mindestens in der zehnten Generation geführt. Und das ist etwas, worauf Horst Philipp, Eigentümer der Zimmerei, sehr stolz ist.

„Wir wussten, dass die Anfänge unseres Unternehmens weit in der Vergangenheit wurzeln. Mein Vater hatte vermutet, dass es uns seit 1722 gibt, hat sich mit diesem Thema aber nicht weiter beschäftigt“, sagt der 56-Jährige. „Mir war es irgendwie wichtig, es genauer zu wissen. Ich war neugierig“, erinnert er sich. Er habe eine Bekannte, eine leidenschaftliche Ahnenforscherin, gefragt, ob sie sich der Sache nicht annehmen und ein bisschen recherchieren könne. Sie kam der Bitte gerne nach und hat sich auf die Suche nach Verwandten gemacht. Dabei ist sie zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen: „In Kirchenbüchern hat sie einen Angehörigen nach dem anderen gefunden. Und sie alle waren Zimmerer.“

Die Hobbyforscherin sei auf immer wieder neue Familienmitglieder der Vergangenheit gestoßen. Der bislang am weitesten zurückliegende und nachgewiesene direkte Vorfahre heißt Michael Philipp. Er wurde 1643 geboren und 1666 erstmals in den Kirchenbüchern als Zimmermann erwähnt. Sie war selbst verblüfft und scherzte regelmäßig: „Irgendwann finde ich noch heraus, dass ihr die Arche Noah gebaut habt.“ Horst Philipps Neugier war geweckt. Er fragte beim baden-württembergischen Verband für Zimmerer nach, wie alt die älteste Zimmerei sei. „Sie konnten mir keine Auskunft geben.“ Stattdessen verwiesen die Mitarbeiter auf den Bundesverband. „Auch hier konnte mir niemand diese Frage beantworten“, so der vierfache Vater. Man vermutete, dass die älteste Zimmerei um 1700 gegründet worden sei. „Damit gehören wir zu den ältesten Zimmererfamilien in Deutschland, wenn wir nicht sogar die älteste sind.“

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Seit über 350 Jahren wird das Zimmererhandwerk bei Familie Philipp hochgehalten und ununterbrochen fortgeführt. Und die nächste Generation steht auch schon bereit: Horst Philipps Tochter, Kim Mona, steht schon in den Startlöchern. Im vergangenen Jahr hat sie ihre Ausbildung zur Zimmerin erfolgreich abgeschlossen – jetzt möchte sie den Meister machen. Beide sind sich einig: „Wir sind Handwerker mit Leib und Seele.“ Mit dieser positiven Einstellung sind auch die nächsten 350 Jahre gesichert.

Lydia-Kathrin Hilpert