Kein Ausweg in Sicht?

Manche Menschen sind so schwer erkrankt, dass sie sich nach dem Tod sehnen. Einige wünschen sich dabei Hilfe. Doch bei der Sterbehilfe gibt es – neben den moralischen und technischen Aspekten – auch Gesetze, die eingehalten werden müssen.

Das Thema Sterbehilfe ist komplex. Jüngst hat der Bundestag über assistierte Sterbehilfe diskutiert. Bei der Thematik gibt es folgende Ausprägungen zu unterscheiden: Es gibt aktive Sterbehilfe. Das wäre, wenn jemand einen anderen Menschen auf sein Verlangen tötet. Und das ist nach wie vor strafbar.

Dann gibt es die passive Sterbehilfe. So heißt es, wenn lebenserhaltende Maßnahmen nicht eingeleitet oder fortgeführt werden. Dann stirbt der Patient an seinen Leiden.

Eine weitere Ausprägung ist die assistierte Sterbehilfe. Diese führen beispielsweise Ärzte durch, wenn sie dem Patienten – auf seine Bitte hin – eine tödliche Dosis Medikamente hinstellen und dieser sie selbst zu sich nimmt. Dabei geht es aber immer um den Willen des Patienten. Dieser entscheidet frei, ob er sein Leben beenden möchte, da er den Schmerzen und seinem vielleicht jahrelangem Leid ein Ende setzen möchte. Und genau dieser assistierte Suizid wurde nun im Bundestag diskutiert. Seitdem ist die Beihilfe zum Suizid teilweise unter Strafe gestellt. Angehörige sind jedoch ausgenommen. Die „geschäftsmäßige“ Beihilfe zur Selbsttötung ist nun aber verboten. Damit sind Vereine nicht erlaubt, in die man eintreten kann und die ihren Mitgliedern – auf Wunsch – die Selbsttötung ermöglichen. Einer dieser Vereine ist DIGNITAS Deutschland e.V. mit Hauptsitz in Hannover. Ein weiterer Verein mit dem Namen ist in der Schweiz beheimatet. DIGNITAS Deutschland e.V. ist mit der neuen Regelung des Bundestags nicht einverstanden. „Die Entscheidung des Bundestages, die Frage der Beihilfe zum Suizid als Form der Sterbehilfe (…) mit strafrechtlichen Mitteln zu regeln, verstößt sowohl gegen das Grundgesetz als auch die Europäische Menschenrechtskonvention. Der Verein DIGNITAS Deutschland e.V. wird dieses gegen die Menschenwürde und gegen das Selbstbestimmungsrecht des Menschen gerichtete Gesetz mittels Verfassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof anfechten“, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins.

Eine andere Meinung vertritt die Deutsche Stiftung Patientenschutz: „Der Deutsche Bundestag hat eine klare und weise Entscheidung getroffen. Der organisierten Suizidbeihilfe wird das Handwerk gelegt, die Hilfe zum Suizid im Einzelfall bleibt weiterhin straffrei. Diese gute Nachricht bedeutet keinesfalls den Verlust von Selbstbestimmung. Vielmehr ist das überzeugende Votum ein wichtiges Signal insbesondere an pflegebedürftige, depressive, alte und kranke Menschen“, so der Vorsitzende der gemeinnützigen deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch.

Aus der Praxis kennt Dr. Ulrich Clever, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, die Diskussion. Er selbst hört die Fragen von Patienten: „Wenn es soweit ist, gibt es doch eine Spritze, gell Herr Doktor?“ Beim ersten Mal habe ihn diese Frage schockiert. Mittlerweile weiß er genau, wie er damit umzugehen hat. Der Frauenarzt spricht dann mit den Patienten über Ängste, Vorstellungen und – ganz wichtig – über eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht. Er hört ihnen zu, lässt sie sprechen und beruhigt. Aber auch das beantwortet die Frage nach dem assistierten Suizid nicht.

In der Berufsordnung für Ärzte in Baden-Württemberg ist der assistierte Suizid nicht verboten. Aber natürlich können Ärzte verweigern, beim Selbstmord zu assistieren. „Jeder muss das für sein Gewissen entscheiden. Das sind ganz individuelle Situationen. Der Patient und der Arzt haben über Jahre hinweg ein enges Verhältnis miteinander aufgebaut und mit diesem Vertrauen sollte dann auch die Entscheidung herbeigeführt werden“, so der Kammerpräsident.

Die Frage, die es jetzt zu beantworten gilt: Was ist in dem neuen Gesetz mit „geschäftsmäßig“ gemeint? Wenn das heißt, dass man es nicht mehr als einmal machen darf, könnte eine Anklage für den Arzt die Folge sein. Eine genaue Definition wird nun gebraucht. Clever prophezeit: „Das ist kompliziert und das Thema ist noch nicht beendet.“

Anja Gladisch

Patientenverfügung
Bei der Patientenverfügung können Menschen regeln, welche lebenserhaltenden Maßnahmen im Ernstfall vorgenommen werden sollen und ob sie Organe spenden wollen. Durch diese Verfügung wissen die Ärzte, was der Wunsch des Patienten ist.

Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht kann der Patient bestimmen, wer im Ernstfall über die lebenserhaltenden Maßnahmen entscheiden soll. In der Regel werden Kinder oder Ehepartnern eingesetzt.