Mangelware: Fachkraft

Heilbronn-Franken wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten den Fachkräftemangel immer deutlicher spüren. Rund 18 000 Fachkräfte werden Jahr für Jahr fehlen. Das hat eine Studie der Industrie- und Handelskammer ergeben.

In der Region Heilbronn-Franken können ab diesem Jahr die altersbedingt aus dem Arbeitsleben ausscheidenden Fachkräfte nicht mehr vollständig ersetzt werden. Weder der ausgebildete Nachwuchs noch Personen aus der stillen Reserve, also erwerbsfähige aber nicht erwerbstätige Menschen oder Zuwanderung aus dem Ausland, werden von nun an die Lücke schließen. Im Jahr 2030 werden rund 80 000 Fachkräfte weniger zur Verfügung stehen als heute, ein Rückgang um ein Viertel. Der Mangel betrifft in Kürze alle Qualifikationsniveaus. Das zeigt die Auswertung der aktuellen Daten des Fachkräftemonitors der Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg für die Region Heilbronn-Franken.

Elke Döring, Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken: „In den kommenden Jahren fehlen uns in der Region Heilbronn-Franken jährlich durchschnittlich rund 18 000 Fachkräfte. In der IHK-Konjunkturumfrage zählen regelmäßig über 40 Prozent der Befragten den Fachkräftemangel zu den bedeutendsten Geschäftsrisiken für ihr Unternehmen.“ Der Mangel würde noch dramatischer ausfallen, wenn die Unternehmen nicht stetig durch Innovationen ihre Effizienz und Produktivität verbessern und ihren Fachkräftebedarf so gut es geht an das sinkende Angebot anpassen würden.

Insbesondere Meister, Fachwirte und Techniker fehlen. In ein paar Jahren werden rund ein Fünftel aller Stellen für diese hoch qualifizierten Fachkräfte nicht zu besetzen sein. Überdurchschnittlich hoch fällt dieser Mangel in den Bereichen Mechatronik und Automatisierungstechnik, Technische Forschung und Entwicklung, Mathematik, Biologie, Chemie und Umweltschutz sowie Maschinenbau aus. Im kaufmännischen Bereich werden besonders hoch qualifizierte Fachkräfte der Berufsgruppen Einkauf, Vertrieb, Handel, Unternehmensführung und -organisation, Gesundheit und Medizintechnik fehlen. Bei den Akademikern wird der Engpass bei Wirtschaftswissenschaftlern am größten sein. Auch Ingenieure wird es weiter zu wenige am Arbeitsmarkt in der Region Heilbronn-Franken geben.

Die Unternehmen werden ihren Bedarf an Fachkräften mittlerer Qualifikation, also Personen, die eine Berufsausbildung, aber keine Weiterqualifizierung gemacht haben, ab 2019 ebenfalls nicht mehr decken können. Hier sind zum Beispiel ganz besonders die Berufe in Bauplanung und Vermessung, Rohstoffgewinnung, Mathematik, Biologie, Chemie und Umweltschutz, Erziehung und Soziales betroffen. Selbst der Überschuss im Bereich der Hilfskräfte wird in den nächsten Jahren abschmelzen und ab 2026 wird es an dieser Stelle in Heilbronn-Franken nach und nach zu einem Mangel kommen. Die vom Mangel am stärksten betroffenen Branchen sind der Dienstleistungsbereich, der Öffentliche Dienst und das Gesundheits- und Sozialwesen.

Sollte es nicht gelingen, rasch zusätzliche Fachkräftepotenziale zu erschließen, werden die Unternehmen gezwungen sein, Teile ihrer Aktivitäten ins Ausland zu verlagern. Elke Döring: „Hier ist die Politik gefordert, durch geeignete Rahmenbedingungen die Voraussetzungen zur Erschließung neuer Fachkräftepotenziale deutlich zu verbessern. Dazu zählen beispielsweise eine optimierte Berufsorientierung, der bedarfsgerechte Ausbau der Kinderbetreuung oder die Flexibilisierung des Renteneintrittsalters.“

Der große Flüchtlingszustrom wird die Fachkräftelücke nicht grundsätzlich und schon gar nicht kurzfristig füllen können – dies weiß man inzwischen. Denn die meisten Flüchtlinge bringen weder die nötigen Deutschkenntnisse noch die geeigneten Qualifikationen mit. „Das Ziel muss daher sein, die Flüchtlinge so schnell wie möglich fit für unseren Arbeitsmarkt zu machen und so viele Flüchtlinge wie möglich über unsere Bildungs- und Ausbildungssysteme in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, erklärt die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Da ein Großteil der Flüchtlinge jünger als 30 Jahre ist, sind die Chancen dafür gut.

Red.