Mit Vollgas ins Weltall

Heilbronn-Franken
Foto: AdobeStock/OP38Studio

Mit neuen Ideen das Heute verbessern und das Morgen gestalten. Wie das beim Hausbau, in der Landwirtschaft und der Weltraumlogistik gelingen kann, zeigen drei zukunftsweisende Beispiele aus Heilbronn-Franken.

Heilbronn-Franken
Die Module können wetterunabhängig gedruckt und dann vor Ort aufgestellt werden. Foto: Messerschmidt 3D GmbH

Wohntraum aus dem Drucker

Noch sind Häuser selten, die im 3D-Druckverfahren fertig gebaut und bewohnt werden. Eines davon steht seit vergangenem Jahr in Ilshofen. Gedruckt von dem gelernten Steinmetz Tobias Messerschmidt aus Crailsheim. Kostenpunkt für den Druck des ersten Hauses mit 280 Quadratmetern, ohne Keller, inklusive Grundstück: um die 480.000 Euro.

Bevor er mit dem Häuserdrucken richtig durchstartet – Messerschmidt schätzt, dass das in etwa eineinhalb Jahren der Fall sein wird –, will er seine derzeitige „Raketenforschung“, wie er sie nennt, auf sichere Beine stellen. „In einem zweiten Projekt vergleichen wir den konventionellen Bau mit dem 3D-Druck. Dabei analysieren wir die Kosten, ermitteln Fehlerquellen, schauen, was man noch besser machen kann“, erklärt Messerschmidt. Auch die Zahl der Mitarbeitenden – speziell für den 3D-Druck sind es derzeit drei – soll sukzessive steigen. Denn die Nachfrage sei enorm, die Auftragsbücher der Messerschmidt 3D GmbH seien voll.

Seine Affinität zu Maschinen und das Experimentieren mit Robotern für die Steinbearbeitung hat Tobias Messerschmidt zum 3D-Druck gebracht. Begeistert von den Möglichkeiten vertiefte er sich in die Materie, kaufte sich einen Roboter, entwickelte Pläne, stellte Berechnungen an, unternahm erste Versuche und baute 2023 in Ilshofen das erste Haus.

Das Spannende an Messerschmidts 3D-Hausbau: Bei den gedruckten Wänden handelt es sich um Module, die im Inneren flexibel verschoben werden können, während die Decke auf den äußeren, tragenden Wänden liegt. Dies sorgt für Flexibilität und einen unkomplizierten Rückbau. Ein weiter Pluspunkt: Die einzelnen Module können künftig wetterunabhängig und bei konstanter Temperatur – zwei für den Hausbau wichtige Faktoren – im Stammhaus in Crailsheim gedruckt und vor Ort aufgestellt werden.

Derzeit arbeitet Messerschmidt daran, den bei einem Hausbau mit Keller entstehenden Aushub aufzuarbeiten und diesen Lehm als Druckmaterial vor Ort zu verwenden. Dadurch würden die Transporte von Baumaterial nahezu entfallen und die Baukosten sinken – Größenordnung um die 100.000 Euro. „Entstehen würde ein nahezu grünes Haus mit einem sehr guten Wohnklima“, so Messerschmidt.

Auch wenn der Bestandsbau nach wie vor eine wichtige Rolle spielen wird, ist Messerschmidt überzeugt, dass sich der 3D-Druck langfristig als Standard für den Hausbau durchsetzen wird.

Heilbronn-Franken
Mit moderner Technik unterstützen die Drohnen von Webaro die Landwirtschaft. Foto: Webaro

Die Landwirtschaft hebt ab

In der Landwirtschaft leisten Drohnen etwa bei der Aussaat, der Ausbringung von Nützlingen oder der Bekämpfung von Schädlingen inzwischen einen wichtigen Beitrag. Einer, der sich damit auskennt, ist Jens Weber mit seinem Start-up Weber Agrar Robotik mit Sitz in Schwäbisch Hall.

„Nach meiner Ausbildung im Bereich Maschinenbau habe ich um 2015 im Nebenerwerb angefangen, mit Drohnen Nützlinge auszubringen“, erinnert sich Weber. Als Beispiel nennt er die Bekämpfung des Maiszünslers. Diese ist mit Pestiziden, aber auch – wesentlich ökologischer – mit Nützlingen möglich. Bis zur Ausbringung per Drohne mussten die Nützlinge aufwändig von Hand ausgebracht werden, erklärt Weber. Inzwischen ließen sich mit einer Drohne pro Tag um die 100 Hektar Maisfeld mit Nützlingen versorgen. Attraktiv für Landwirte in Baden-Württemberg und Bayern ist, dass die Bekämpfung von Schädlingen mit Nützlingen gefördert wird. Werden chemische Mittel eingesetzt, gibt es keine Förderung.

Je nach Aufgabengebiet – die Ausbringung von Saat, Nützlingen oder Pflanzenschutzmitteln, die Feldinspektion oder Aufnahmen mit einer Kamera – wird jede Drohne für ihre Aufgabe individuell ausgestattet. Hinzu kommt sämtliches Zubehör von der Steuerung bis zum Schnellladegerät. Die Drohnen werden im Online-Shop in der Regel nicht direkt an Landwirte, sondern an Dienstleister verkauft. „Zwei bis drei größere Projekte pro Jahr übernehmen wir als Dienstleiter auch selbst“, sagt Weber. Dazu gehört etwa die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners per Drohne in Schwäbisch Hall.

Weber hat aber auch mit Herausforderungen zu kämpfen: „Insbesondere die Bürokratie und der teils hohe Zeitaufwand für Genehmigungen sind Hindernisse, die den Markt für Agrardrohnen in Deutschland im Vergleich zu Nachbarländern wie Frankreich oder Polen wesentlich schwieriger machen.“

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Das Team von HyImpulse vor dem geglückten Raketenstart Anfang Mai 2024 in Australien. Foto: HyImpulse

Die zündende Idee

„Mit Kerzenwachs und Sauerstoff ins Weltall“ – so lautete Anfang Mai 2024 die Schlagzeile. Damit gelang HyImpulse mit Hauptsitz in Neuenstadt am Kocher als erstem deutschen Unternehmen der Start einer kommerziell nutzbaren Rakete in Australien.

Das Neuartige an den suborbitalen (SR75) und orbitalen (SL1) Kleinsatelliten-Trägerraketen ist ihr einzigartiger Hybridantrieb aus flüssigem Sauerstoff und festem Paraffin. Der feste Brennstoffs, der sich nicht mit dem flüssigen Oxidator vermischen kann, sorgt für einen sehr sicheren Antrieb, der nicht explodieren kann. Hinzu kommt die ökologisch-nachhaltige Technologie mit Paraffin als Brennstoff. Schmilzt dieses, kommt es zu einer höheren Leistungsdichte, da die Schmelzschicht die Abbrandrate erhöht. Somit ist die Leistungsfähigkeit des Hybridtriebwerks genauso hoch wie bei Flüssigraketentriebwerken mit Kerosin als Treibstoff – nur wesentlich günstiger.

Gegründet wurde HyImpulse 2018 von den Luft- und Raumfahrtingenieuren Mario Kobald, Christian Schmierer, Ulrich Fischer und Konstantin Tomilin. An der Entwicklung geforscht hatten sie jedoch bereits seit 2006, während ihrer Studienzeit an der Universität Stuttgart. Ab dem kommenden Jahr will das Start-up Orbitalraketen in der niedrigen Erdumlaufbahn mit Lasten bis zu 600 kg einsetzen. Spätere Ausbaustufen sollen Lasten bis zu mehreren Tonnen ins All bringen können. Denn, davon ist HyImpulse als Weltraum-Logistikunternehmen überzeugt: In der Raumfahrtindustrie steckt ein enormes Wachstumspotenzial.

Birgit Kalbacher

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