Es war für alle, die Nico Götz kennen, immer klar, dass er die Firma des Vaters einmal übernehmen würde. Dass er dies jedoch so schnell tun müsse, in so jungen Jahren, damit hatte niemand gerechnet. Nico Götz ist heute 30 Jahre alt. Seit vier Jahren ist er Chef des gleichnamigen Sanitärunternehmens mit Sitz in Schwäbisch Hall-Bibersfeld, das sein Vater 1980 gegründet hatte.
„Geplant war eigentlich, dass mein Vater sich langsam aus dem Unternehmen zurückzieht. Sich mehr um Einkauf und Beratung kümmert, aber weniger auf den Baustellen ist“, erinnert sich Nico Götz. Der Grund: Sein Vater, Heinrich Götz, war an Krebs erkrankt. Die erste Diagnose kam im Jahr 2009. Nach erfolgreicher Behandlung galt er als geheilt. 2011 dann der überraschende Rückschlag. „Es war ein langes Hin und Her“, schildert der junge Mann rückblickend. Immer wieder Phasen, in denen der Vater als genesen galt, dann wieder eine neue, schreckliche Diagnose.
„Die Klinikaufenthalte wurden länger, zogen sich hin. Schon damals habe ich mich viel ums Büro gekümmert, was zuvor meist mein Vater getan hatte.“ Die Verantwortung für den damals 26-jährigen Mann wuchs. Und dennoch: So ganz konnte der Vater nie abschalten. „Er hat vom Krankenhaus aus Bestellungen getätigt. Wir haben über Baustellen gesprochen oder über Angebote. Mein Vater wollte immer informiert sein.“ Das sei seine Art gewesen – er war ein „Schaffer“ durch und durch.
„Wir hatten bis zum Schluss damit gerechnet, dass er wieder gesund werden würde. Die Onkologen hatten gute Heilungschancen ausgesprochen.“ Doch es kam anders. Im Februar 2013 starb Heinrich Götz im Alter von 58 Jahren. Praktisch von heute auf morgen stand der Sohn allein da – war auf sich gestellt. Woran andere zerbrechen, das hat Nico Götz gewissermaßen angetrieben.
„Am Tag seines Todes bin ich noch lange im Büro gewesen. Ich wollte mir so schnell es geht einen Überblick verschaffen“, erzählt der 30-Jährige. Er habe Akten gesichtet, ein eigenes System angelegt und das Büro geordnet. „Mir war wichtig, dass der Betrieb nahtlos weitergeht. Schließlich will man das, was der Vater über Jahrzehnte hinweg aufgebaut hat, nicht gegen die Wand fahren.“
Es sei keine einfache Zeit gewesen, erzählt Götz. Der Druck, der auf dem jungen Mann lag, sei gewaltig gewesen. Rückhalt in dieser schweren Zeit gab da vor allem die Familie. „Natürlich hatte mich mein Vater immer darauf vorbereitet, wie es sein würde wenn ich den Betrieb einmal übernehmen werde.“ Dennoch: Es ist ein Unterschied, ob die Übergabe begleitet ist oder nicht. „Ich habe versucht, mich so schnell es geht mit der neuen Situation abzufinden. Es muss ja weitergehen, zumal wir auch unsere Kunden weiterhin zufriedenstellen wollten.“
Das hat Nico Götz geschafft. Darüber ist er manchmal selbst verwundert. „Ich war überrascht, dass ich das so leisten kann.“ Und darauf ist er – aber auch sein Umfeld – zu Recht stolz. „Ich habe nicht viel nachgedacht, sondern einfach gemacht.“
Lydia-Kathrin Hilpert