Die meisten Überstunden bleiben unbezahlt

Mehr Netto vom Brutto bei Überstunden? Darüber könnten sich allerdings nur diejenigen freuen, deren Überstunden bezahlt werden. Foto: Adobe Stock/dikushin

Wer künftig Überstunden leistet, soll darauf weniger Steuern bezahlen – diesen Vorschlag hat Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ins Gespräch gebracht. Bei aller Kritik an dem Vorschlag scheint das zentrale Problem aber an anderer Stelle zu liegen.

Zustimmung für den Vorschlag der Liberalen, Mehrarbeit steuerlich zu begünstigen, gibt es wenig, dafür jede Menge Kritik. Unabhängig von der Idee, Menschen Überstunden schmackhaft machen zu wollen, ist jedoch noch ein ganz anderer Aspekt zentral: Mehr als die Hälfte der Überstunden werden überhaupt nicht bezahlt. Demnach entfielen laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2023 auf jeden Arbeitnehmenden im Schnitt 31,6 zusätzliche Arbeitsstunden – davon waren aber 58 Prozent unbezahlt. Eine Steuervergünstigung auf Überstunden würde sich also ohnehin nur auf 42 Prozent auswirken.

Überstunden_2023

In diese Kerbe schlagen auch DGB-Chefin Yasmin Fahimi und ver.di-Chef Frank Werneke. Fahimi nannte die Vorschläge der FDP laut tagesschau.de eine „verrückte Idee“ und „vollkommen wirklichkeitsfremd. Werneke forderte, Arbeitnehmenden von vorneherein so viel zu zahlen, dass Überstunden für die Beschäftigten attraktiv sind. Kritik kommt auch aus der SPD. „Überstunden sollen die Ausnahme sein, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf Gesundheit und auf Freizeit haben“, so die Abgeordnete des Europäischen Parlaments Katharina Barley.

Wie sich zeigt, ist das Gesamtvolumen der Überstunden in Deutschland rückläufig. Häuften die Arbeitnehmer um die Jahrtausendwende noch mehr als 2.000 Millionen Extrastunden an, waren es zuletzt „nur“ noch 1.329 Millionen Überstunden – 554 Millionen davon bezahlt. Übrigens lag der Wert an bezahlten Überstunden bis 2002 noch über dem der unbezahlten Überstunden.

red