Der sinnvolle Einsatz von KI im Bewerbungsprozess

Die wichtigsten Daten eingeben und sich von ChatGPT das fertige Bewerbungsschreiben verfassen lassen? Keine gute Idee. Wie sich KI im Bewerbungsprozess aber sinnvoll nutzen lässt, erklärt Headhunter Dominik Roth in seinem Gastbeitrag.

KI im Bewerbungsprozess
Als Inspiration für das Bewerbungsschreiben und die Recherche, etwa zum Unternehmen, kann KI im Bewerbungsprozess durchaus nützlich sein. Foto: AdobeStock/Rene Lpeopleimages.com

Mit wenigen Anweisungen und ein paar Minuten Geduld zur perfekten Bewerbung – für viele klingt das nach einem Traum, der durch KI-Programme wie ChatGPT endlich wahr geworden zu sein scheint. Doch die Realität sieht anders aus. Unterlagen, die von Künstlicher Intelligenz erstellt wurden, landen nur allzu häufig schon nach wenigen Sekunden auf dem Stapel für die abgelehnten Bewerber. Das liegt unter anderem an unpassenden Formulierungen und allgemeingültigen Floskeln.

Denn gerade solche oberflächlichen und austauschbaren Texte sind für Recruiter ein Ausschlusskriterium. Schließlich wollen sie mithilfe der Unterlagen einen aussagekräftigen Eindruck vom Bewerber bekommen. Wer KI im Bewerbungsprozess einsetzen möchte, sollte daher zielgerichtet vorgehen. Wie das gelingen kann, wird im Folgenden beleuchtet.

Die Rolle des Bewerbungsschreibens

Am häufigsten nutzen Bewerber KI-Programme, um ein Bewerbungsschreiben verfassen zu lassen. Wofür man oft viele Stunden und einiges an Kopfzerbrechen benötigt, schafft die KI in wenigen Sekunden. Nutzer müssen dabei jedoch berücksichtigen, dass die entstandenen Schreiben allenfalls eine gute Grundlage bilden. Die wichtige persönliche Note kann von einer Maschine nämlich nicht in einen Text integriert werden.

Unabhängig davon zeichnet sich ab, dass das Bewerbungsschreiben zunehmend an Bedeutung verliert. Einige Unternehmen verzichten bereits komplett auf einen solchen Text, andere legen den Fokus auf den Lebenslauf. Gerade der kann jedoch nicht von einem KI-Programm erstellt werden.

Einsatzmöglichkeiten von KI im Bewerbungsprozess

Dennoch haben ChatGPT und Co. ihre Vorzüge im Bewerbungsprozess. So eignen sich diese Programme beispielsweise gut dazu, um wichtige Termine und Deadlines während des Bewerbungsvorgangs zu organisieren. Auch bei der Strukturierung notwendiger Unterlagen und Dateien können KI-Tools wertvolle Dienste leisten.

Besonders interessant ist die Funktion der intelligenten Programme, auf Fragen zu antworten. Auf diese Weise können Bewerber mögliche Antworten auf häufig gestellte Fragen in Vorstellungsgesprächen recherchieren und so mehr Sicherheit erlangen. Auch hier geht es jedoch nicht um ein Auswendiglernen der Vorschläge, sondern um Ideen und Inspiration, die anschließend an die persönlichen Umstände angepasst werden. Die Recherche über Unternehmen und Ansprechpartner wird nicht zuletzt ebenfalls effizient erleichtert.

Zentrale Aspekte bei jeder Bewerbung

KI-Tools wie ChatGPT können also vor allem bei der Vorbereitung auf den Bewerbungsprozess unterstützen, doch letztlich müssen Bewerber durch ihre Persönlichkeit überzeugen. Förderlich ist in diesem Zusammenhang die Fähigkeit, gut zu erzählen. Geschichten bleiben Personalverantwortlichen nämlich eher im Kopf und schaffen so einen bleibenden Eindruck.

Auch Eigeninitiative wird von vielen Recruitern als positiv wahrgenommen. Es ist deshalb nicht mehr empfehlenswert, nach einem Vorstellungsgespräch wochenlang auf ein Feedback zu warten; stattdessen dürfen Bewerber durchaus nach angemessener Zeit proaktiv nach dem aktuellen Stand der Bewerbung fragen. Soft Skills anhand von Beispielen darzulegen, sollte authentisch stattfinden und nicht KI-generiert sein.

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Individualität des Bewerbers. Während des Vorstellungsgesprächs sollten daher immer wieder persönliche Fähigkeiten und Erfahrungen erwähnt werden, die ein Unterscheidungsmerkmal zu anderen Bewerbern darstellen – besonders dann, wenn sie für die aktuelle Ausschreibung relevant sind.

KI als sinnvolle Ergänzung im Bewerbungsprozess

Bei einer Bewerbung geht es darum, andere von sich und seinen Kompetenzen zu überzeugen – ein KI-Programm kann dies nur in begrenztem Umfang leisten. Sinnvoller ist es daher, bei Bedarf in Seminare und Coachings zu investieren, um die Erfolgschancen im Bewerbungsprozess gezielt zu steigern. Gerade für organisatorische Aspekte und zur Vorbereitung sind ChatGPT und Co. dennoch gut geeignet und stellen so eine sinnvolle Ergänzung dar, um bei Personalverantwortlichen einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.


Der Autor

Dominik Roth ist Headhunter und Partner bei Mercuri Urval, einer global führenden Personalberatung, die auf die Vermittlung und Potenzialbeurteilung von Führungskräften spezialisiert ist. Er unterstützt Technologieführer aus dem industriellen Mittelstand sowie Hidden Champions in den Bereichen Headhunting und Management-Diagnostik. Dominik Roths Erfahrung basiert auf mehr als 350 Executive Searches und hunderten von Executive Assessments. Außerdem ist er der Host des populären Karriere-Podcasts „CEO Career Code“.


Dominik Roth

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