Was macht Regionen wie Heilbronn-Franken zu Hotspots für Innovation? In seinem Gastbeitrag erklärt Prof. Terzidis vom KIT, warum der Erfolg junger Unternehmen heute vom Zusammenspiel vieler Kräfte abhängt – und warum Kultur, Kooperation und kluge Förderung entscheidend sind.

Nachhaltige und erfolgreiche Gründungsökosysteme haben in den letzten Jahren verstärkt wissenschaftliche Aufmerksamkeit erhalten. Aktuelle Forschungen – wie das BEES-Programm (Building Entrepreneurial Ecosystems Sustainably) – zeigen, dass der Erfolg von Unternehmen heute maßgeblich davon abhängt, wie sie in ein dynamisches Netzwerk aus Akteuren, Ressourcen und kulturellen Rahmenbedingungen eingebettet sind. Einzelne Unternehmen können nur dann langfristig innovativ und wachstumsorientiert agieren, wenn sie Teil eines lebendigen Ökosystems sind, das gezielt Interaktionen fördert.
Im heutigen Verständnis entstehen erfolgreiche Ökosysteme nicht durch isolierte Maßnahmen, sondern durch das Zusammenspiel vielfältiger Faktoren. So bilden beispielsweise die Vernetzung von Start-ups, etablierten Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Investoren die Grundlage für Wissensaustausch und Ressourcenfluss.
Erfolgsfaktoren junger Unternehmen: Die Rolle der kulturellen Prägung
Erfolg entsteht durch ganzheitliche Strategien, die auf lokale Gegebenheiten abgestimmt sind. Ein Beispiel hierfür ist die Region Heilbronn-Franken, wo Unternehmerpersönlichkeiten, gezielte öffentliche Förderung und privatwirtschaftliche Initiativen synergistisch wirkten und so erfolgreiche und innovative Unternehmen hervorgebracht haben.
Ein zentraler Faktor für den Erfolg von Gründungsökosystemen ist die kulturelle Prägung, die unternehmerisches Handeln unterstützt. Häufig wird dabei an Werte wie Risikobereitschaft und Innovationsfreude gedacht – Eigenschaften, die Ökosysteme wie das Silicon Valley oder Berlin auszeichnen. Diese Kultur fördert Experimente und sieht Scheitern als wertvollen Lernprozess. Doch auch andere Werte können ein Ökosystem prägen und erfolgreich machen.
Erfolgreiche Vorbilder formen Wirtschaftsraum
Qualitätsbewusstsein, Kundenorientierung, Produktivität, Zuverlässigkeit und Engagement sind ebenso entscheidend und verleihen manchen Regionen eine ganz eigene Stärke. Die Kultur eines Wirtschaftsraums wird dabei oft durch erfolgreiche Vorbilder geformt, deren Erfahrungen nachfolgende Gründergenerationen inspirieren und ihnen Orientierung bieten.
Gleichzeitig spielen institutionelle Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle: Förderliche Regulierung, der Zugang zu Frühphasenfinanzierung und die gezielte Förderung von Hochschul-Spin-offs schaffen ein Umfeld, in dem Ideen schnell skalieren können. Diskutiert wird heute auch der Ansatz dynamischer Führung von Ökosystemen, bei der temporäre Initiativen – etwa Fünf-Jahres-Programme zur Gründerförderung – langfristige Strukturen etablieren. Die Rolle der staatlichen Akteure beschränkt sich in erfolgreichen Ökosystemen nicht auf reine Förderung, sondern umfasst die Schaffung von Anreizen für private Investitionen und die Stabilisierung von Netzwerken. So können durch Inklusion auch unterrepräsentierte Gruppen aktiviert und dadurch die Innovationskraft gesteigert werden. Wichtig ist dabei immer, das spezifische eigene Erfolgsmodell zu finden. Jedes Ökosystem muss wie ein natürlicher Organismus eigene Strukturen entwickeln, die historisch gewachsene Ressourcen und kulturelle Eigenheiten berücksichtigen.
Ein weiterer Schlüssel liegt in der regionalen Verdichtung von Kompetenzen. Erfolgreichen Ökosystemen wie in der Region Heilbronn-Franken gelingt es, Talente, Kapital und Infrastruktur räumlich zu bündeln, was informelle Formen der Kooperation begünstigt. Ländliche Regionen können erfolgreich sein, wenn sie ihre spezifischen Stärken nutzen – etwa dadurch, dass sie an erfolgreiche lokale Unternehmen anknüpfen. Entscheidend ist dabei die Fähigkeit, „Glokalisierung“ zu erreichen, also globale Trends mit regionalen Gelegenheiten zu verbinden.
Balance stabilisiert das gesamte Netzwerk
Letztlich entscheidet die Fähigkeit zu Anpassung und Weiterentwicklung über die Nachhaltigkeit von Ökosystemen. Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit gegen Krisen entsteht, wenn Akteure diversifizierte Strategien verfolgen und gleichzeitig kooperativ agieren – etwa durch gemeinsame Forschungsinitiativen oder branchenübergreifende Allianzen. Diese Balance zwischen Wettbewerb und Kooperation („Koopetition“) stärkt nicht nur einzelne Unternehmen, sondern stabilisiert das gesamte Netzwerk.
Orestis Terzidis

Über den Autor
Prof. Dr. Orestis Terzidis leitet das Institut für Entrepreneurship, Technologiemanagement und Innovation (EnTechnon) am Karlsruhe Institute of Technology (KIT). Von 1999 bis 2003 leitete Prof. Reinhold Würth als Professor das Interfakultative Institut für Entrepreneurship der damaligen Universität Karlsruhe.