Zum Beginn des Ausbildungsjahres 2024 steht der deutsche Mittelstand vor einer doppelten Herausforderung: Zum einen sind nach wie vor zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt, zum anderen lag die Quote der Ausbildungsabbrecher im vergangenen Jahr auf einem neuen Höchststand. Der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) e.V. sieht die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft kleiner und mittlerer Unternehmen erheblich gefährdet, wenn dieser Trend bei der Ausbildung nicht umgekehrt wird und plädiert für eine umfassende Reform der Berufsorientierung.

Mit dem 1. August beziehungsweise 1. September beginnt für viele junge Menschen eine neue Lebensphase: Sie starten in eine duale Ausbildung. Zu den Top-Ausbildern in Deutschland gehört dabei der Mittelstand: Knapp 90 Prozent eines Ausbildungsjahrgangs lernen ihren Beruf in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen.
Laut dem aktuellen Berufsbildungsbericht blieben im vergangenen Jahr insgesamt 73.400 Plätze für Auszubildende unbesetzt. Und auch 2024 klagen Unternehmen über unbesetzte Ausbildungsstellen. „Wenn wir jetzt nicht schnell handeln, um junge Menschen ins Berufsleben zu integrieren, riskieren wir den Verlust unserer wirtschaftlichen Stärke“, warnt Marc S. Tenbieg, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bunds (DMB) in einer Pressemitteilung. Besorgniserregend ist die Situation, dass bereits im Jahr 2022 rund 2,9 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 34 Jahren – das entspricht 19 Prozent dieser Altersgruppe – weder einen Berufs- noch einen Hochschulabschluss besaßen und damit formal nicht für den Arbeitsmarkt qualifiziert sind.
Forderung nach Reform der Berufsorientierung
Der DMB sieht eine grundlegende Reform der schulischen Berufsorientierung als zentralen Schritt gegen Fachkräftemangel. „Die duale Ausbildung muss frühzeitig und mehr denn je als gleichwertige Alternative zum Studium vermittelt werden“, betont Tenbieg. Dazu gehören zielgruppengerechte Beratungsangebote, Berufsworkshops und regelmäßige Praktika über alle Schulformen hinweg, um Jugendlichen die vielfältigen Berufseinstiegsmöglichkeiten im Mittelstand aufzuzeigen. Den jungen Menschen fehle es häufig an einer rudimentären Berufsvorstellung. Der DMB plädiert dafür, die Berufsorientierung bereits in der Grundschule zu beginnen und über die gesamte Schulzeit hinweg fortzusetzen.
Hohe Abbruchrate bei der Ausbildung
Zusätzlich zur Herausforderung unbesetzter Ausbildungsplätze verschärft die hohe Anzahl an Ausbildungsabbrüchen den Fachkräftemangel. Im Jahr 2022 lag die sogenannte Vertragslösungsquote bei 29,5 Prozent. Damit endete fast jede dritte Ausbildung vorzeitig ohne Abschluss. „Um die hohe Abbruchrate zu reduzieren, benötigen wir dringend mehr präventive Maßnahmen und eine bessere Unterstützung der Auszubildenden“, so Tenbieg.
Auch hierfür fordert der DMB mehr gezielte Programme, die die Auszubildenden während ihrer gesamten Lehrzeit begleiten und die Ausbildungsqualität sichern. Zudem appelliert der DMB an die KMU, ihre Ausbildungsangebote regional sichtbarer zu machen und zeitgemäße Rekrutierungswege zu nutzen. „Jedes Unternehmen muss seine Stärken deutlicher herausstellen, um junge Talente anzuziehen.“ Aus der Sicht von Tenbieg scheitere es häufig bereits am unzureichenden Personalmarketing.
red.