Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm will Verkehr besser kanalisieren

Die Partner im Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm haben ein Ziel: Weniger Autos, dafür besserer ÖPNV und nachhaltigere Mobilität, um den Verkehr am Neckar besser zu kanalisieren. Warum das die Region stärkt und was erreicht wurde, zeigen unsere Beispiele.

Dem Klima zuliebe in die Pedale treten – zum Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm gehört auch der Ausbau des Radschnellwegs 3 von Bad Wimpfen nach Heilbronn. Foto: AdobeStock/Upixa

Über den altgriechischen Aphorismus „Panta Rhei“ – „alles fließt“ können Berufspendler rund um das Oberzentrum Heilbronn nur milde lächeln. Viel zu oft fließt nämlich: nichts. Ob im eigenen Auto oder als Passagier im Bus, zu Stoßzeiten reihen sich Berufstätige ein in Staus auf Hauptverkehrsachsen und Zubringerstraßen.

In Kommunen, in denen die Wirtschaft pulsiert, sind deutlich mehr Fahrzeuge und ÖPNV-Nutzer unterwegs, als es Einwohner gibt: „Als Standort großer Arbeitgeber verzeichnen wir bei knapp 26.800 Einwohnern zusätzlich rund 36.800 Berufspendler“, rechnet Steffen Hertwig vor, Oberbürgermeister von Neckarsulm. Heilbronns Nachbarstadt gehörte deshalb vor sieben Jahren zusammen mit Stadt und Landkreis zu den Initiatoren des „Mobilitätspakts Heilbronn-Neckarsulm“, den sie zusammen mit dem Land Baden-Württemberg, der Nahverkehrsgesellschaft BW, der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft sowie der Audi AG und Schwarz Gruppe als größte Arbeitsgeber der Region ins Leben riefen. Bad Wimpfen und Bad Friedrichshall schlossen sich 2021 der Initiative an. „Unser Ziel ist, die Pendler für den Umweltverbund zu gewinnen, um damit die stark belasteten Straßen zu entlasten, Stau zu reduzieren – also den Verkehr zu verflüssigen – und so auch Umwelt und Klima zu schützen“, beschreibt es Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel.

Leistungsfähige Verkehrsverbindungen sind unverzichtbar

Von diesem Ansinnen sollen auch die Unternehmen im Einzugsgebiet profitieren: „Leistungsfähige Verkehrsverbindungen und kurze Wege sind für unsere wirtschaftsstarke Region unverzichtbar“, stellt Timo Frey, Bürgermeister von Bad Friedrichshall, heraus. Schließlich sei das Hauptanliegen der Unternehmen, für Beschäftigte gut erreichbar zu sein und sich auf reibungslosen Güterverkehr verlassen zu können, begründet Amtskollege Mergel. Der Mobilitätspakt ermögliche es ihnen, ihre Sicht auf Verkehrsthemen einzubringen, sich mit den Kommunen zu verständigen und Netzwerke zu bilden. Denn „bei der Planung werden die Anliegen der Unternehmen immer mitberücksichtigt“, verspricht Hertwig – etwa wenn es um die Anbindung an Buslinien, insbesondere Express-Verbindungen oder den Ausbau von Rad- und Fußwegen gehe.

Weniger Autos, mehr Mobilitäts-Alternativen am Neckar: Dieses Konzept soll sich für Bürger, Pendler und umweltbewusste Unternehmen gleichermaßen dadurch auszahlen, dass es auf den Klimaschutz einzahlt: „Ein „tendenzieller Rückgang des motorisierten Individualverkehrs (MIV) zugunsten des klimafreundlichen ÖPNV, Rad- und Fußverkehrs vermindert den CO2-Ausstoß, spart Kosten und verbessert bei entsprechender Akzeptanz die Angebote“, hofft Frey. Einen weiteren Aspekt ergänzt Mitstreiter Mergel: Neben geringeren Schadstoffemissionen bedeute „weniger Verkehr natürlich auch weniger Lärm“.

Pendlerstress im Feierabendverkehr – der Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm hat 39 Maßnahmen beschlossen, um die Alternativen zum Individualverkehr zu stärken. Foto: AdobeStock/Семен Саливанчук

Das hat der Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm bisher erreicht

Weniger Mief dank weniger MIV – den ambitionierten Plan haben die Verfechter inzwischen bis 2027 fortgeschrieben. Doch was haben die Partner im Mobilitätspakt bislang erreicht? Für Heilbronn nennt Oberbürgermeister Mergel als erste Erfolge des Mobilitätspaktes etwa die Stärkung des ÖPNV: Die Taktlücke im Fahrplan der Stadtbahnlinie S41 zwischen Heilbronn- und Mosbach Hauptbahnhof sei geschlossen und eine zusätzliche Spätverbindung etabliert worden. „Bis 2027 gibt es in allen verkehrlichen Bereichen im Pakt insgesamt 39 beschlossene Maßnahmen, die im Zusammenspiel für eine nachhaltige Entwicklung im Wirtschaftsraum Heilbronn-Neckarsulm sorgen“, sagt er. Etwa die Nordumfahrung Frankenbach/Neckargartach, On-Demand-Angebote und den Aufbau von Mobilitätsstationen, aber insbesondere den 20 Kilometer langen Radschnellweg 3 entlang des Neckars von Bad Wimpfen nach Heilbronn.

Dieser Radweg führt über Neckarsulm, wo dank des Mobilitätspakts die Pedalkraft noch beliebter werden soll: Laut Oberbürgermeister Hertwig werden bereits zwei Zubringerrouten von Obereisesheim und aus der Gegenrichtung vom Weinsberger Tal Stück für Stück gebaut, damit sie 2027 an die Radschnellverbindung des Landes angebunden sind. Die dafür wichtige Unterführung für Radler und Fußgänger am Neckarsulmer Bahnhof entstehe bereits und soll ebenfalls 2027 fertig sein. Zudem ist geplant, weitere Bushaltestellen barrierefrei umzubauen. Die gibt es in Bad Friedrichshall bereits. Mit Job-Rad- und -Ticket-Angebote, Carsharing, die Mitfahr-App „Twogo“ und Projekten zur Verkehrsberuhigung in der Ortsmitte habe die Stadt bereits einiges umgesetzt, sagt Bürgermeister Frey. Bis Juni 2026 sollen der Stadtbahnhaltepunkt „Süd“ und einem Verbindungsgleis im Bahnhof Neckarsulm vorangetrieben werden.

Die Verbesserungen sind im Fluss – nach dem Wunsch der Partner im Mobilitätspakt Heilbronn-Neckarsulm steht einem Sinneswandel bei Pendlern dann nichts mehr im Weg. In der Heraklitschen Flusslehre heißt es nämlich nicht nur „Alles fließt“, sondern weiter: „und nichts bleibt – es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln“.                         

Natalie Kotowski

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