„Heilbronn ist Deutschlands Lichtblick“

Laut Statistischem Landesamt verzeichnet die Stadt Heilbronn einen ­touristischen Halbjahresrekord und liegt beim Wachstum der Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahr bis Juli auf Platz eins der kreisfreien Städte im Land. Das könnte die Stadt auch für Fachkräfte und Unternehmen reizvoll machen, prognostiziert Heilbronn-Marketing-Chef ­Steffen Schoch.

Heilbronn
Himmlische Aussichten nicht nur beim Heilbronner Lichterfest: So viele Übernachtungsgäste wie nie in einem Monat kamen im Juni 2024 nach Heilbronn. Fotos: HMG, Maya Baum

Herr Schoch, Heilbronn verzeichnet einen touristischen Halbjahresrekord – wird die Wissensstadt davon profitieren, wenn diese guten Zahlen anhalten?

Steffen Schoch: In diesem Jahr erwarten wir deutlich über eine halbe Million Übernachtungen. Wenn eine Stadt wie Heilbronn innerhalb von zehn Jahren die Übernachtungszahlen nahezu verdoppelt, zeigt das die
Dynamik, die vorherrscht. So eine Performance hat keine andere Stadt in Baden-Württemberg.

Woran liegt es, dass Heilbronn immer attraktiver für Übernachtungsgäste wird?

Schoch: Heilbronn hatte im Tourismus tatsächlich einen großen Nachholbedarf und behauptet sich derzeit in der Runde der kreisfreien Städte in Baden-Württemberg sehr gut. Bereits im Vorfeld der Bundesgartenschau, mit der Eröffnung der neuen experimenta und der damit verbundenen intensiven Kommunikation mit der Heilbronn-Story „Wein und Wissen am Neckar“ konnten wir bundesweit und aus den benachbarten europäischen Ländern immer mehr neue Gäste gewinnen. Jede Übernachtung in unserer Stadt ist echte Wirtschaftsförderung für den Handel und die Gastronomie.

Dass Hotellerie, Gastro und Einzelhandel profitieren, liegt nahe. Glauben Sie, dass Heilbronn mittelfristig auch für Fachkräfte und Unternehmen anderer Branchen zum Magneten wird?

Schoch: Ja. Viele der Geschäftsreisenden kommen später mit der Familie zurück, um die Schönheiten der Stadt und der Region zu entdecken. Es beflügelt sich vieles gegenseitig: Wenn ansässige Unternehmen Mitarbeiter von anderen Standorten zu Tagungen oder Kunden zu Besuch einladen, möchten sie gern ihren Standort zeigen und stolz darauf sein.

Was bei Besuchen überzeugt, könnte für Fachkräfte irgendwann als Wohnort in Frage kommen?

Schoch: Man geht auch beruflich eher dorthin, wo eine Stadt oder eine ­Region touristisch etwas zu bieten hat. Daher ist die touristische Entwicklung Heilbronns essentiell. Wer beruflich in eine Stadt kommt, der beschäftigt sich möglicherweise auch damit, ob es sogar irgendwann einmal sein Wohn- oder Arbeitsort sein könnte. Denn jemand, der sich in der Region wohlfühlt, ist ganz anders zugänglich, wenn es dann darum geht, den Arbeitsplatz zu wechseln. Der geht dorthin, wo er schon mal war, wo er sich auskennt und erzählen kann: Guck mal, da ist was los.

Los ist ja einiges in Heilbronn...

Schoch: Wein und Kulinarik und die einzigartigen Angebote von Deutschlands größtem Science Center, der experimenta, sind enorme Treiber für diese Entwicklung. In Heilbronn entsteht derzeit das größtes Ökosystem für Künstliche Intelligenz in Europa. Verbunden damit die rasante Entwicklung des Bildungs- und Forschungsangebots. Auch die Vielfalt der Kultur-, Veranstaltungs- und Freizeitangebote ist enorm. Heilbronn ist eine grüne Stadt mit vielen Parks, direkt gelegen am Neckar, und besonderen Orten zum relaxen.

Klingt nach einer Oase für Fachkräfte.

Schoch: Die Region Heilbronn-Franken als „Region der Weltmarktführer“ mit ihrem Oberzentrum Heilbronn hat einiges zu bieten. Zukünftig wird kaum ein im weltmarktführendes Unternehmen an Heilbronn vorbeikommen.

Sind die Zahlen auch ein Indikator dafür, dass Heilbronn als ­Lebensort für Nachwuchskräfte interessanter wird?

Schoch: Natürlich. Wer hier studiert, zeigt auch gern den Eltern, Großeltern, Geschwistern und Freunden, wo er lebt. Man will die Stadt und die Region gemeinsam entdecken. Am Studienort lernt man Kommilitonen kennen – vielleicht entstehen dabei sogar Verbindungen fürs Leben. Deshalb ist es wichtig, dass der Studienort auch Möglichkeiten für den Berufseinstieg bietet, dass er schon früh Weiterbildungs- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten kommuniziert. Die Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder ab drei Jahren ist in allen Heilbronner Kindertageseinrichtungen kostenfrei. Das ist ein wichtiger ergänzender Entscheidungsfaktor.

Welche Möglichkeiten hat die Stadt, als Studienort schon möglichst früh kluge Köpfe anzulocken?

Schoch: In unserer Wissensstadt siedeln sich immer mehr Hochschulen, Bildungseinrichtungen, Forschungseinrichtungen und Institute mit internationaler Ausrichtung an. Die Zahl der Studierenden ist in den vergangenen zehn Jahren von 3000 auf 10.000 gestiegen, das ist eine Verdreifachung. Und es kommt noch mehr: Mit dem ­Innovation Park Artificial Intelligence (IPAI) bekommen Heilbronn und die Region Heilbronn-Franken das aktuell wohl ambitionierteste Projekt für ­angewandte Künstliche Intelligenz in Europa, vielleicht sogar weltweit. Schon jetzt haben wir hier ein einmaliges, innovationsförderndes Ökosystem als Plattform, auf der unterschiedliche Partner zusammen kommen, um gemeinsam an zukunftsrelevanten ­KI-Lösungen zu arbeiten. Es soll aber nicht nur ein Ort entstehen, an dem Menschen gemeinsam arbeiten und forschen, sondern auch ein Lebensmittelpunkt, an dem sie sich aufhalten, versorgen und ihre Freizeit verbringen können.

Wird auch das Umland von der ­positiven Entwicklung der Stadt ­profitieren können?

Schoch: Ich bin überzeugt, dass von der derzeit im Bildungsbereich ­entstehenden und wahrscheinlich in Europa einzigartigen Infrastruktur die gesamte Region profitieren wird.

Heilbronn ist also ein Boomtown mit Strahlkraft?

Schoch: Ja. Das ZDF titelte kürzlich ­sogar in einem Beitrag: „Heilbronn ist Deutschlands Lichtblick“.

Steffen Schoch

Zur Person

Steffen Schoch ist seit 2015 Geschäftsführer der Heilbronn Marketing GmbH und verantwortet mit seinem Team die Entwicklung, Steuerung und Kommunikation der Marke Heilbronn in den Bereichen Marketing, Events, City Management und Tourismus. Gleichzeitig ist er Geschäftsführer des Vereins Wir für Heilbronn, derzeit Präsident des Kiwanis-Club Heilbronn-Neckartal und im Vorstand der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing in Deutschland e.V. Von 1999 bis 2011 hatte Schoch als Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken GmbH die größte Region des Landes Baden-Württemberg als „Region der Weltmarktführer“ vermarktet.


Interview von Natalie Kotowski

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