Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage bleibt die Wechselbereitschaft der deutschen Beschäftigten hoch. Diese war 2023 um rund 4 Prozentpunkte deutlich gestiegen. Mit 37 % pendelt sich dabei die Offenheit für einen Jobwechsel im zweiten Jahr in Folge auf einem hohen Niveau ein.
Die Wechselbereitschaft erreicht damit den zweithöchsten je gemessenen Wert in der Langzeitstudie von forsa, in der seit 2012 im Auftrag von onlyfy by XING regelmäßig Arbeitnehmer aus Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz zu Themen wie Jobzufriedenheit, Wechselbereitschaft, Wünschen an künftige Arbeitgeber sowie Motiven hinter tatsächlichen Jobwechseln befragt werden.
Die Wechselbereitschaft setzt sich dabei aus zwei Kategorien zusammen: den Erwerbstätigen, die konkret planen, in diesem Jahr den Arbeitgeber zu wechseln und den Erwerbstätigen, die offen für einen Jobwechsel sind, aber noch keine konkreten Schritte unternommen haben.
Jüngere Generation besonders offen für neue Jobs
Vor allem bei den Erwerbstätigen zwischen 30 und 39 Jahren (Generation Y/Millenials) ist die Wechselbereitschaft stark ausgeprägt: 40 % sind offen für eine neue Aufgabe, 9 % im Vergleich zu 5 % im Vorjahr suchen aktiv – damit ist fast die Hälfte der Befragten dieser Altersgruppe mental auf dem Sprung. Für diese Altersgruppe spielt dabei mehr als für alle anderen eine Rolle, dass sie keine oder wenig Aufstiegschancen in ihrer aktuellen Position sehen (34 %).
Aber auch die 18- bis 29-Jährigen (Generation Z) sind bereit für Neues. Ihre Bereitschaft zum Jobwechsel liegt bei insgesamt 48 % und damit 8 Prozentpunkte über dem Vorjahr. Während über alle Altersgruppen hinweg 6 % der Befragten konkret ihren Ausstieg planen, sind es hier mit 14 % mehr als doppelt so viel. Auch die Offenheit für einen Wechsel ist von 30 auf 34 % gestiegen.
Insgesamt ist damit jeder Zehnte in den jüngeren Altersgruppen (18 bis 39 Jahre) aktiv auf Jobsuche. Die Generationen 50+ (Babyboomer und Generation X) dagegen treibt der Wunsch nach Wechsel kaum noch um: Nur 3 % planen konkrete Schritte und nur 19 % sind bereit für einen neuen Job.
„Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass die nachrückenden Generationen agiler sind und andere Prioritäten haben, was ihr Leben und ihre Karriere angeht“, sagt Frank Hassler, verantwortlicher Vorstand für das Geschäftsfeld Recruiting und Employer Branding der NEW WORK SE. „Das Selbstbewusstsein der Erwerbstätigen hat sich verfestigt, Deutschlands Beschäftigte schauen positiv auf ihre berufliche Zukunft. Die Wechselbereitschaft ist trotz Wirtschaftskrise und Corona weiterhin hoch. “ So liegt sie in der Langzeitbetrachtung zwar leicht unter dem Spitzenwert von 2019 mit 39 %, verfestigt sich aber auf einem hohen Niveau und erreicht den zweithöchsten Wert seit Beginn der Erhebung.
Zu niedriges Gehalt bleibt Hauptgrund für Jobwechsel
Ein zu niedriges Gehalt ist bei 47 % der Wechselbereiten der ausschlaggebende Grund, nach einem neuen Arbeitgeber Ausschau zu halten. Männer sind mit ihrer aktuellen finanziellen Situation jedoch deutlich unzufriedener (53 %) als Frauen (40 %). Bei dem Wunsch nach mehr Geld spielen deutschlandweit vor allem die hohe Inflation (57 %) sowie gestiegene Ausgaben (38 %) eine entscheidende Rolle. Ebenfalls 38 Prozent der Befragten sind darüber hinaus davon überzeugt, dass sich ihr Marktwert durch den Fachkräftemangel erhöht hat.
Doch auch wenn Gehalt der wichtigste Faktor beim Wechselwunsch ist, macht Geld allein nicht glücklich: Ein schlechter Führungsstil würde 80 % davon abhalten, sich trotz besserer Bezahlung bei einem Unternehmen zu bewerben, negative Erfahrungen im Freundeskreis sind für 79 % ein K.O.-Kriterium, und 66 % schrecken vor einer schlechten Unternehmenskultur zurück.
„Gute Führung ist nicht alles, aber ohne gute Führung ist alles nichts“, so Frank Hassler. „Beschäftigte sind sich der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt bewusst. Sie formulieren ihre Ansprüche klar, wissen aber auch genau, was sie nicht wollen – und dazu gehört schlechte Führung.“ Diejenigen, die bei diesem Thema am wenigsten Kompromisse machen, sind die Generationen 50+. Für 35 % der schon lange im Berufsleben stehenden Wechselbereiten ist schlechte Führung Auslöser für den Wechselwunsch. Bei den 18 bis 29-Jöhrigen sind es 27 % und bei den 30 bis 49-Jährigen 30 %.
Jobsuchende werden anspruchsvoller
Bei der Frage, was ihnen ein neuer Arbeitgeber bieten sollte, haben sich die Prioritäten der Befragten insgesamt verschoben. Lag im vergangenen Jahr mit 59 % noch gutes Führungsverhalten vorne, hat die harte wirtschaftliche Realität die Arbeitswelt eingeholt: 67 % wünschen sich mehr Geld, 2022 waren es noch 54 %. Flexible Arbeitszeit liegt mit 66 % weiterhin auf Platz 2.
Das gute Führungsverhalten hat es mit 63 % auf Platz 3 geschafft. Neu in den Top 5 ist die Unternehmenskultur, die für 60 % aller Befragten relevant ist, dicht gefolgt von persönlicher Sinnerfüllung mit 59 %. Überraschend: 22 % legen Wert auf nachhaltiges Handeln (22 %), bei der Generation 50+ sind es sogar 26 %.
Auf die Frage nach zusätzlichen Benefits macht der Wunsch nach der 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich das Rennen: 74 % finden die Idee gut, bei den 18-29-Jährigen sogar 82 %.
Die Möglichkeit zum Sabbatical begrüßen 29 %, die zu Workations knapp 20 %. „Auch wenn sich einige Parameter verschoben haben, vor allem bedingt durch die derzeitige wirtschaftliche Lage, haben sie keinen Einfluss auf die weiterhin hohe Wechselbereitschaft der Deutschen“, sagt Frank Hassler. „Für viele Unternehmen ist die Situation aufgrund stark gestiegener Kosten zurzeit nicht einfach, höhere Gehälter sind oft kurzfristig nicht umsetzbar. Umso wichtiger für die Mitarbeiterbindung ist darum ein konstanter und offener Dialog über Wünsche und Bedürfnisse, der über das Gehalt hinausgehen sollte, um dringend benötigte Fachkräfte im Unternehmen zu halten.“
red.