„Man hat die Verantwortung immer auf den Schultern“ – Christian Berner im Interview

Gerade mal 27 Jahre alt war Christian Berner, als er 2012 das unternehmerische Erbe seines Vaters Albert antrat und das Unternehmen digital transformierte. Sein Rat an Nachfolger: Hart und schnell ­umbauen – im eigenen Stil.

Christian Berner
Christian Berner leitete die digitale Transformation der Berner Group ein. Foto: Berner Group

Herr Berner, wie haben Sie sich auf die Nachfolge fachlich vorbereitet – etwa mit einem Studium oder Mentoren?

Christian Berner: Mit dem großen Vorbild meines Vaters und der ­schwelenden Verantwortung hatte ich mich immer angestrengt, einen guten ­Bildungsweg hinzulegen. Auf den ­Einstieg mit 27 Jahren konnte mich mein Studium aber nicht vorbereiten. ­Besonders, weil die deutschen ­Universitäten fernab der Realität lehren.

Was hat Ihnen stattdessen am meisten geholfen?

Berner: Vorbereitet haben mich die Werte meiner Eltern und mein Antrieb, mich anzustrengen. Ansonsten war ich komplett auf mich allein gestellt.

Was bedeutet es für Sie, fachlich und psychologisch, das unternehmerische Erbe Ihrer Eltern anzutreten?

Berner: Wir bezahlen jeden Monat 8000 Gehälter. Viele Politiker und andere schlaue Köpfe, die nie Verantwortung übernommen haben, gehen über diesen Fakt schnell hinweg. Aber Nachhaltigkeit fängt genau dort an. Psychologisch gesehen, ist diese Verantwortung extrem. Man hat sie jede Stunde am Tag auf den Schultern. Für mich bedeutet das, einen nahezu extremen Einsatz zu liefern. Grenzen nicht anzuerkennen und Dinge möglich zu machen, um die Zukunft der Menschen zu garantieren. Positiverweise darf ich aber auch Teil einer großartigen Berner-Familie sein. Ich bin sehr dankbar, eine Zugehörigkeit und einen Sinn im Leben zu haben.

Wie gehen Sie mit dieser immensen Verantwortung für den Fortbestand und das Wachstum des Unternehmens um?

Berner: Das Wichtigste für den Fortbestand ist eine sehr scharfe, kritische und aufmerksame Haltung des Unternehmers. Ökonom Schumpeter sprach vom „kreativ-destruktiven Unternehmer“. Das heißt: Man muss immerzu der kritischste Kunde sein, der skeptische Volkswirtschaftler. Man darf sich nicht ausruhen. Es kostet viel Kraft, sich immer nur mit den Problemen auseinanderzusetzen.

Haben Sie einen Tipp, wie Nachfolger mit diesem Druck am besten umgehen können?

Berner: Für die Übergebenden empfehle ich: Hart selektieren, dann aber auch wirklich loslassen, wie es mein Vater getan hat. Mein Rat an die Nachfolger: Gute Coaches und Mentoren suchen. Hart und schnell umbauen – im eigenen Stil.“

Sie haben einen Change-Prozess in der digitalen Transformation der Berner Group eingeleitet. Wie haben Sie den Spagat aus Tradition und Fortschritt gemeistert?

Berner: „Wir haben einen Wert – „b.real“: Immer ehrlich und selbstkritisch sein. Das führte dazu, dass wir früher als der Wettbewerb und weit früher als der Mittelstand angefangen haben, Chancen und Risiken der Digitalisierung zu erkennen. Deshalb sind wir auf einem guten Weg. Dass mir das einen Platz in der „Hall of Fame – Next Generation“ des Handelsblatts und der Stiftung Familienunternehmen einbrachte, war eine unglaubliche Ehre. Aber die Rechnungen bezahlt es leider nicht. Insofern gilt: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.


Zur Person

Christian Berner, Jahrgang 1984, übernahm 2012 als Vorstandsvorsitzender der Berner Group das Zepter von seinem Vater Albert Berner, nachdem er ein Jahr zuvor in den Aufsichtsrat berufen worden war. Der Diplom-Ökonom ist CEO und Alleineigentümer des europäischen B2B-Handelsunternehmens.


Interview von Natalie Kotowski

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