Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Freiherr von Stetten ist einer von nur drei Abgeordneten aus Heilbronn-Franken, der die Region künftig in Berlin vertritt. Er hofft in der neuen Legislatur auf weniger Ideologie und mehr Pragmatismus. Die Unternehmerpersönlichkeiten zwischen Neckar und Tauber können dabei als Vorbild dienen.

Herr von Stetten, Sie sind politisch in vielfacher Weise eine bedeutende Stimme in der Region – und Sie sind mit ihr verwurzelt. Was macht Sie stolz auf Heilbronn-Franken?
Christian Freiherr von Stetten (MdB): Es sind die Menschen in unserer Region. Deren ehrenamtliches und kulturelles Engagement begeistern mich immer wieder. Auch mit den Unternehmern in unserer Region haben wir besonders viel Glück. Prof. Reinhold Würth ist zum Beispiel nach wie vor täglich mit seiner Familie im Unternehmen aktiv. Von deren wirtschaftlichen Ideen profitieren die Mitarbeiter und von ihrem sozialen und kulturellen Einsatz unsere gesamte Region. Wir haben zahlreiche Unternehmerpersönlichkeiten und Betriebsräte, die nicht den Klassenkampf predigen, sondern für das Wohl ihrer Unternehmen und der Belegschaften ungewöhnliche Partnerschaften eingehen. Die Bürgerinitiative Pro Region ist dafür ein gutes Beispiel.
Sie selbst sind seit 1990 – damals noch als Mitglied der Jungen Union – politisch aktiv. Was waren für Sie die drei größten Meilensteine, die das Wachstum und den Erfolg von Heilbronn-Franken befördert haben?
von Stetten: Erstens hat die politische Entscheidung für flächendeckende Hochschulen in Heilbronn, Künzelsau, Schwäbisch Hall und Bad Mergentheim bewirkt, dass junge Menschen für eine Hochschulausbildung die Region nicht mehr verlassen müssen und obendrein zusätzliche berufliche Talente zu uns gezogen sind. Zweitens fühlen sich zahlreiche Unternehmer nicht nur ihrer Firma verpflichtet, sondern engagieren sich persönlich auf vielfältige Weise für die Menschen, die hier leben. Das kommt der Infrastruktur, den Vereinen, sozialen Einrichtungen und der Kultur in unserem Landstrich zugute, wertet Lebensqualität und -standard der Region sehr auf. Diese Unternehmerpersönlichkeiten unterscheiden unsere Region von zahlreichen Wirtschaftsräumen in Europa. Den dritten Meilenstein werden wir erst in den nächsten Jahren erkennen. Die Aktivitäten des Unternehmers Dieter Schwarz in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg im Bereich der Künstlichen Intelligenz werden unsere Region weiter voranbringen.
„Die Unternehmerpersönlichkeiten unterscheiden unsere Region von zahlreichen Wirtschaftsräumen in Europa.“
Christian Freiherr von Stetten
Solche Leitfiguren sind also Triebfedern für Heilbronn-Franken?
von Stetten: Das Engagement von weltweit erfolgreichen Unternehmern wie Dieter Schwarz und Reinhold Würth für die Region, in der sie aufgewachsen und ihre Erfolge gegründet haben, macht den großen Unterschied. Eine solche Einsatzbereitschaft ist einzigartig und unsere Region profitiert insgesamt davon. Wir haben zahlreiche Weltmarktführer und Handwerksmeister, die sich ehrenamtlich sozial, kulturell und politisch für unsere Region einsetzen.
Aus Ihrer Sicht als Mittelstandspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzender des Parlamentskreis Mittelstand (PKM): Sind solche Unternehmer Vorbilder für die Bundespolitik?
von Stetten: Diese Persönlichkeiten inspirieren die Politik und entfalten den notwendigen Druck, um gemeinsam positive Veränderungen zu erreichen.
Sie hatten sich zuletzt auch in ihrem Newsletter zum Milliardenpaket für Sicherheit und Infrastruktur geäußert. Ihre Begeisterung klang recht verhalten. Jährlich 8,3 Milliarden Euro für die Infrastruktur der Bundesländer müssten Sie als Hohenloher und Vorsitzender der Bürgerinitiative „Wir bauen die neue Kochertalbahn e.V.“ doch freuen.
von Stetten: Für die Finanzierung der Reaktivierung der Kochertalbahn brauchen wir keine neuen Schuldenprogramme. Der finanzielle Anteil der Bundesregierung stand auch schon vor dem „Sondervermögenbeschluss“ zur Verfügung. Die geplante Schieneninvestition muss in Zusammenhang mit der ebenfalls geplanten Elektrifizierung der Hohenlohebahn gesehen werden. Um deren Finanzierung eines elektrischen Ausbaus genehmigt zu bekommen, mussten die Kommunen mehr potenzielle Fahrgäste nachweisen, als dies bisher möglich war. Dies ist nun gelungen.
Die Menschen werden sich in Zukunft also schneller, kostengünstiger und umweltfreundlicher in unserer Region bewegen können?
von Stetten: Ja. Das Hauptproblem der Hohenlohebahn ist bislang, dass die Heilbronner Stadtbahn nur bis Öhringen-Cappel fährt, weil dort die Elektrifizierung endet und erst wieder in Schwäbisch Hall-Hessental beginnt. Die potenziellen Fahrgastzahlen konnten auch dank der entstandenen Möglichkeit erhöht werden, die Kochertalbahn zu reaktivieren. Mit diesen Fahrgästen, die von Künzelsau und Kupferzell nach Heilbronn oder Schwäbisch Hall fahren, ist die Kosten-/Nutzenanalyse der Hohenlohebahn wesentlich positiver ausgefallen.
„Unsere Region braucht zusätzliche erneuerbare Energien. Aber eben auch Energieformen, die bei Nacht und Windflaute funktionieren und günstige Energie produzieren.“
Christian Freiherr von Stetten
Apropos umweltfreundlich: Sie bezeichnen sich als „Vorreiter einer klimaneutralen Energieproduktion“, haben selbst die „Klimaneutrale Bürgerenergie Stetten GmbH“ gegründet. Wie viel Potenzial gibt es bei klimaneutraler Energieversorgung in der Region?
von Stetten: Unsere Region braucht zusätzliche erneuerbare Energien. Aber eben auch Energieformen, die bei Nacht und Windflaute funktionieren und günstige Energie produzieren. Den Strom, den unsere Industriebetriebe rund um die Uhr benötigen, können wir in unserer Region nicht nur mit Wind- und Photovoltaikanlagen erzeugen. In zwanzig Jahren wird unsere Region auch über CO2-neutrale Energiegewinnungsanlagen verfügen, die über Kernfusion oder andere Technologien 24 Stunden am Tag kostengünstige Energie produzieren werden. Wasserstoff kann in diesem System eine große Rolle spielen, aber mit Sicherheit nicht die einzige.
Die Natur in der Region liegt Ihnen am Herzen, das beweist ihr Engagement vor Ort. Sind die zusätzlichen Milliarden für den Klimaschutz aus dem Sondervermögen des Bundes ein Schritt in die richtige Richtung – oder ein Zugeständnis an Bündnis 90/die Grünen?
von Stetten: Engagement für die Natur und Umwelt geht auch ohne Ideologie und Verbotsorgien. Das geplante Sondervermögen für den Klimaschutz sollte nicht für ideologische Projekte ausgegeben werden, sondern für die Erforschung und den Ausbau von neuen Technologien, wie etwa der Kernfusion – das sind sinnvolle Investitionen in die Zukunft.
Interview von Natalie Kotowski