Eines der bekanntesten deutschen Unternehmerpaare kommt nach Blaufelden: Isabel Grupp und Georg Kofler. Ihre Kernbotschaft an Unternehmer: Traut Euch – selbst wenn ihr scheitern solltet.
Frau Grupp, Herr Kofler – gibt es eine unternehmerische Botschaft, auf die Sie sich einigen können, die Sie den Teilnehmern des Zukunftswiesen Summit vermitteln möchten?
Isabel Grupp: Meine Botschaft ist, dass man den Optimismus bewahren und die positiven Aspekte der deutschen Wirtschaft und des Gründertums herausstellen sollte. Man sollte sich nicht an den vielfach herrschenden Pessimismus hängen, sondern positiv in die Zukunft schauen.
Georg Kofler: Den Zuhörern möchte ich sagen: Bleiben Sie zuversichtlich, mutig und unternehmerisch. Und fürchten Sie das Scheitern nicht – Risiko gehört zum unternehmerischen Handeln. Respektieren Sie auch jene, die gescheitert sind. Denn die meisten von ihnen werden wieder aufstehen.
Tradition trifft Innovation: Mit diesem vermeintlichen Gegensatz jonglieren Unternehmen. Wie geht ein Unternehmer am besten damit um?
Kofler: Man muss Traditionswerte respektieren, braucht aber eine offene Kommunikationskultur und eine offene Geisteshaltung für unbekannte Wege – sprich: für Veränderungen.
Frau Grupp, Sie machen sich besonders stark für Frauen in Führungspositionen. Warum ist das heute immer noch nötig? Der Idealzustand wäre doch, dass Frauen gar keine Fürsprecher mehr brauchen.
Grupp: Ja, das wäre der Idealzustand. Aber wenn man den Studien zu diesem Thema Glauben schenkt, ist es definitiv noch nicht ideal. Ich plädiere dafür, dass unabhängig vom Geschlecht alle die gleichen Chancen und Türöffner haben, ob Frau oder Mann. Wir sehen aber leider, dass Frauen zu wenig Türöffner bekommen. Und deshalb sollte man den Fokus auf Qualifikation legen. Oftmals verkaufen sich Frauen unter Wert, wohingegen Männer sich sehr viel mehr zutrauen. Traut Euch – dazu möchte ich Frauen ermutigen.
Sie haben sich etwas zugetraut: An der Spitze von Plastro Mayer ist es Ihnen gelungen, gemeinsam mit ihrem Vater aus diesem Unternehmen einen Fixstern zu machen. Wie können Jüngere ein Unternehmen so führen, dass es keine Sternschnuppe wird?
Grupp: Junge Unternehmer müssen an sich selbst glauben und authentisch bleiben. Gerade in Familienunternehmen sollten die Nachfolger nicht versuchen, eine Kopie ihrer Vorgänger zu werden, sondern ihren eigenen Weg finden. Wenn ich die ganze Zeit versuchen würde, so zu sein wie mein Vater, hätten wir zwar die gleiche Firmenstruktur wie immer, aber neue Themen wie Digitalisierung und KI würden stagnieren.
Gilt das auch für Start-ups?
Grupp: In der Start-up-Welt ist dieser Biss eigentlich gegeben. Wichtig ist, nicht die Prozesse aus den Augen zu verlieren, ein ordentliches Controlling zu haben, den Businessplan und die Kontostände zu beobachten. Also nicht zu übermütig zu sein.
Beim Pitchen muss aber seitens des Unternehmers eine gewisse Begeisterung, vielleicht sogar Übermut spürbar sein. Ab dem wievielten Satz eines Pitches erkennen Sie, Herr Kofler, ob ein Geschäftsmodell Potenzial hat?
Kofler: Manchmal erkennt man das erst auf den zweiten oder dritten Blick. Aber nach fünf bis zehn Minuten habe ich ein Grundgefühl: Ist der präsentierende Unternehmer eine Persönlichkeit, die es schafft, kompetent zu wirken und Kunden zu begeistern? Denn das beste Konzept ist nichts wert ohne eine überzeugende Unternehmerpersönlichkeit. Man bekommt ein Gefühl für das Geschäftsmodell oder das Produkt und kann relativ schnell erkennen, ob mit dem Angebot ein Problem gelöst beziehungsweise ein Kundenbedürfnis geweckt werden könnte.
Sie haben eingangs schon über Mut gesprochen. Lässt sich Risikobereitschaft trainieren oder ist das in die Wiege gelegt?
Kofler: Ich glaube, dass Mut und Risikobereitschaft Charaktereigenschaften sind, die man nur begrenzt erlernen kann. Eine überdurchschnittliche Risikofreude in der DNA zeichnet einen Unternehmer aus. Auch die weniger Mutigen haben zwar Ausdauer, sind schlau, haben ein gutes Controlling. Vielleicht sogar die effizienteren Strukturen. Aber in ungewissen Situationen ins Risiko zu springen, wo sich andere noch zurückhalten – dafür muss man einfach ein wenig Gambler sein. In der Geschichte hat sich gezeigt, dass entscheidende Innovationen immer auch außergewöhnlichen Mut erfordern.
Und wo die Fehlerkultur im Unternehmen stimmt, wiegt das Risiko des Scheiterns weniger schwer, oder?
Kofler: Da haben Sie recht. Wenn man Mentoren hat und eine offene Fehlerkultur pflegt, in der nicht gleich jedem der Kopf abgehackt wird, wenn mal etwas schief geht, dann springt man auch leichter ins Ungewisse. Das ist ganz entscheidend für eine unternehmerische Geisteshaltung und die Kultur in einer Gesellschaft: Dass Scheitern nicht mit Häme, Isolation oder Schadenfreude begleitet wird, sondern mit Respekt. Immerhin hat der Gescheiterte es versucht – die Mehrheit versucht nichts. Darum ist jedes Scheitern zu respektieren, weil diese Unternehmer etwas versucht haben, was Veränderung bedeutet, was neu war. Fehlertoleranz ist quasi ein anderes Wort für Offenheit und Innovation.
Wie haben Sie beide unternehmerischen Mut gelernt?
Kofler: Ich habe viele Firmen gegründet und die meisten sind sehr gut gelaufen – Pro 7, Premiere, TeleShopping und viele kleinere. Erst als ich durch „Die Höhle der Löwen“ bekannt war, schaute man bei mir genauer hin, wenn etwas schief lief. Das wurde dann pars pro toto genommen – eine harte Landung. Aber sie gehört dazu. Risiko ist eigentlich nur ein anderer Ausdruck für Chance zum Scheitern. Und die Lektion, die ich daraus gelernt habe, ist, dass man sich trotzdem nicht den Mut nehmen lassen darf. Das Selbstbewusstsein darf nicht mit dem Projekt untergehen, das gerade scheitert. Man sollte immer eine gewisse Distanz zwischen dem Unternehmen und seinem eigenen Selbst wahren. Denn eine Firma ist nicht alles. Wichtig ist, dass man privat Menschen an seiner Seite hat, auf die man vertrauen kann und von denen man respektiert wird.
Grupp: Für mich war die große Lektion, zu lernen, was es bedeutet, in ein traditionsreiches Familienunternehmen zu kommen, wo sehr dominante patriarchale Strukturen herrschten. Man darf sich nicht aufhalten lassen und muss verhindern, dass die eigenen Vorstellungen ausgebremst werden. Bei keinem meiner Vorschläge hieß es sofort: Super, das machen wir so. Im Betrieb wurde bei mir mit Argusaugen geschaut und jeder Fehler registriert. Deshalb ist es für mich so wichtig, immer daran zu glauben, dass man alles, was man selbst für richtig hält, umsetzen kann – egal wie viele Hürden einem im Weg stehen. In meinem Leben gingen Dinge niemals leicht. Aber ich habe mich nicht entmutigen lassen. Das ist mein wichtigster Rat: Lasst euch nicht aufhalten, wenn ihr denkt, ihr tut das Richtige. Denkt und träumt immer groß. Genau das habe ich gemacht.
Zu den Personen
Serial Entrepreneur Dr. Georg Kofler kennt sich mit Gründungen aus: 1989 startete er den Fernsehsender ProSieben, den er zur ProSieben Media AG ausbaute und als CEO an die Börse brachte. Er brachte er das Teleshopping nach Deutschland und sanierte als Geschäftsführer das Pay-TV-Unternehmen Premiere. Außerdem war Kofler bis 2022 Investor in der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“.
Seine Partnerin Isabel Grupp, Nichte des ehemaligen Trigema-Chefs Wolfgang Grupp, führt gemeinsam mit ihrem Vater Johannes das Familienunternehmen Plastro Mayer in Trochtelfingen. Als Landeschefin der Jungen Unternehmer Baden-Württemberg und als Mentorin für Start-ups setzt sie sich öffentlich für die Förderung von Diversität und Chancengleichheit in der Wirtschaft ein.
Interview von Natalie Kotowski