Der Neckarsulmer SPD-Politiker Klaus Ranger ist aktuell der einzige Sozialdemokrat, der Heilbronn-Franken im Landtag vertritt. Für ihn ist die Erfolgsgeschichte der Region längst nicht auserzählt. Im Interview sagt er, welche Strahlkraft starke Unternehmerpersönlichkeiten haben und wie sehr eine leistungsfähige Infrastruktur der Region nutzen würde.

Herr Ranger, Sie sind aktuell der einzige SPD-Landtagsabgeordnete für fünf Wahlkreise in der Region. In Berlin sind Politiker aus Heilbronn-Franken nur noch ausgedünnt vertreten. Welche Konsequenzen hat das?
Klaus Ranger, MdL: Ich hatte zwar auch bisher fünf Betreuungswahlkreise – meinen eigenen, Neckarsulm –, Heilbronn und Eppingen, Hohenlohe, Schwäbisch Hall und Main-Tauber, aber es waren in der letzten Legislatur noch zwei Bundestagsabgeordnete mehr dabei. Für mich bedeutet das mehr Arbeit. Aber auch auf Bürgerseite ist es schlecht, wenn weniger Ansprechpartner da sind. Erst recht ist es fatal, dass unsere Region in Berlin so ausgedünnt vertreten ist – auch dadurch, dass die FDP nicht mehr vertreten ist.
Warum bräuchte die Region in Berlin mehr Gewicht?
Ranger: Weil wir eine wirtschaftlich sehr starke Region sind – dank Firmen wie Würth, der Audi AG, den Weltmarktführern, aber auch den vielen mittelständischen und kleineren Unternehmen, ob es jetzt Zulieferer oder Spezialfirmen sind.
„Für die Firmen in Heilbronn-Franken ist das Thema Infrastruktur sehr wichtig. Wir haben vor Ort dringende Infrastrukturprojekte mit hoher Priorität.“
Klaus Ranger
Was bedeutet es für Heilbronn-Franken, wenn ausgerechnet eine Erfolgsregion in Berlin unterrepräsentiert ist?
Ranger: Vor allem aus Sicht der Firmen ist das ungünstig. Für sie ist das Thema Infrastruktur sehr wichtig. Wir haben vor Ort dringende Infrastrukturprojekte mit hoher Priorität. Dass wir mit unseren Anliegen nun schwächer vertreten sind in Berlin, macht es schwieriger.
Das Sondervermögen Infrastruktur – die SPD hatte ja durchaus Anteil daran, dass dieses Paket ausverhandelt wurde – bedeutet jährlich 8,3 Milliarden Euro für die Bundesländer. Was wären die ersten Projekte in Heilbronn-Franken, die Sie angehen würden?
Ranger: Bei der Frage, wo es am meisten drängt, sind die Kommunen und Landkreise gefragt, aber auch die Regionalverbände – je nachdem, wer involviert ist. Für die Region ist der Ausbau des Bahnnetzes essenziell, gerade zwischen Heilbronn und Würzburg – damit wir endlich einen Teil der Güter auf die Schiene bekommen. Für Heilbronn benötigen wir zum Beispiel am Neckar einen Portalkran mit Schienenanschluss am Umschlagterminal. Die Autobahn von Weinsberg nach Dinkelsbühl muss ausgebaut, und die Neckarschleusen müssen ertüchtigt werden – ich rede nicht einmal von erweitern. Ein Bekannter von mir, Unternehmer, transportiert Sand vom Rhein nach Remseck, dann fährt er zurück und nimmt Salz in Heilbronn auf, das die Schiffe zur BASF bringen – die BASF hat alle ihre Prozesse auf das Heilbronner Salz abgestimmt. Wenn da eine Schleuse blockiert ist, weil ein Schiff auf das Tor donnert, geht nichts mehr, dann müssen etliche Tonnen Sand und Salz auf Lkw verlagert werden. Konkreten Bedarf gibt es also.
„Wenn ich Geld in etwas stecke, das dann wieder funktioniert, bringt es Mehrwert.“
Klaus Ranger
Trotzdem besteht in der öffentlichen Wahrnehmung die Sorge, dass das Geld nicht zielgerichtet eingesetzt wird, sondern versickert. Was entgegnen Sie Kritikern des Sondervermögens?
Ranger: Ich sage immer: Geht weg von dem Begriff Schulden – diese 500 Milliarden Euro für Infrastruktur sind eine Investition. Wenn ich Geld in etwas stecke, das dann wieder funktioniert, bringt es Mehrwert. Wenn wir weiter auf Verschleiß fahren, vererben wir unseren Kindern und Enkeln zwar keine Schulden, aber eine so liederliche Infrastruktur, dass die Folgegenerationen das Geld für Instandsetzung aufbringen müssen – und das künftig mit noch weniger Fachkräften.
Trotz struktureller Herausforderungen: Würden Sie sagen, dass Heilbronn-Franken aktuell eine Erfolgsregion ist?
Ranger: Selbstverständlich. Manche Menschen wissen gar nicht, wie gut es uns geht und in welcher tollen Region wir hier leben. Einmal von der Umgebung selbst: Wir haben einen enormen Erholungswert mit wunderbarer Landschaft. Und wir haben das Glück, schnelle Verkehrsverbindungen, große Unternehmen und sichere Arbeitsplätze zu haben. Ob das Würth, die Schwarz Gruppe, die Audi AG oder Bechtle sind, oder unsere Mittelständler – uns geht es gut. Und was durch das Ipai noch an Potenzial kommen wird, kann man sich jetzt noch gar nicht richtig vorstellen. Dadurch, dass dort große Firmen und Start-ups ihr Wissen teilen und miteinander arbeiten, wird etwas richtig Tolles entstehen – das braucht halt noch ein bisschen Zeit. Das werden die Menschen erst später erkennen.
„Die Menschen in Heilbronn-Franken packen an, machen einfach. Das war früher so – das sollten wir uns bewahren und diesen Geist fördern, damit er erhalten bleibt.“
Klaus Ranger
Was glauben Sie, ist das Geheimnis hinter dieser Erfolgsstory?
Ranger: Schaffen! Die Menschen hier packen an, machen einfach. Das war früher so – das sollten wir uns bewahren und diesen Geist fördern, damit er erhalten bleibt. Und zwar auf allen Ebenen: Bei den Entscheidern in Unternehmen, so wie es ein Herr Würth immer vorgelebt hat. Aber auch bei den Mitarbeitern. Wenn wir auch in Zukunft erfolgreich sein wollen, brauchen wir nicht nur einzelne, nicht nur die Unternehmer, nicht nur die Kommunen oder nur die Politiker. Nein – dann müssen wir alle zusammen anpacken. Sonst funktioniert es nicht.
Wie ist ihr Blick auf die Zukunft unserer Region?
Ranger: Wir werden sicherlich – wie ganz Deutschland übrigens – noch ein, zwei Jahre schwierige Zeiten haben. Der Ukraine-Krieg ist immer noch verdammt nah vor unserer Haustür. Aber unter normalen Bedingungen bin ich überzeugt, dass sich die Wirtschaft erholen wird. Jetzt haben wir eine heftige Bremsung erlebt, da müssen wir durch. Aber ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass es wieder voran geht, wenn auch nicht im gleichen Tempo wie vorher. Die großen Wachstumsraten der Vergangenheit werden wir auf lange Zeit nicht mehr sehen. Aber man hört von den Unternehmen, dass in der Region einiges investiert wird. Es wird viel schlecht geredet, das ist eine deutsche Krankheit. Immer wird gefragt, wer Schuld hat, anstatt zu sagen: Blöd gelaufen, Krönchen richten, weiterschaffen!
Also einfach den vorhin angesprochenen Geist der Region weiterleben?
Ranger: Genau. Nur so kommen wir voran.
Interview von Natalie Kotowski