„Your Easy AI“ heißt das Startup, das beim Pitchwettbewerb auf dem Zukunftswiesen Summit Georg Kofler und die anderen Juroren am meisten begeisterte: Eine Software, mit der jeder seine persönlichen KI-Tools selbst programmieren kann.
Georg Kofler war nicht zu halten. Er schlug sich auf die Schenkel und rief: „Wie viel Geld für wie viele Anteile wollt ihr haben?“ Mit einem Grinsen kommentierte der junge Gründer Patrick Imcke später: „In dem Moment habe ich im Stillen gedacht, das ist jetzt ein gutes Zeichen“. Denn diese Frage ließ ahnen, wie sehr die Präsentation des Startups „Your easy AI“ dem gefürchteten ehemaligen Juror und Investor bei der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ imponiert hatte.
Imcke und Mitgründer Jan Dette waren die Gründer eines von fünf Startups, das auf dem Zukunftswiesen Summit zum Pitchwettbewerb der Industrie- und Handelskammer Heilbronn-Franken antrat. Während es in Chefetagen früher so aussah, dass der Boss hinter dem Schreibtisch saß, und Angestellte mit ihren Anliegen zunächst unbeholfen davorstanden, gab es beim Zukunftswiesen Summit in Blaufelden solche visuellen Ausrufezeichen von Machtgefälle nicht.
Leidenschaftliche und selbstbewusste Pitches
Als die Gründer der fünf Startups beim Pitchwettbewerb den Juroren gegenübertraten, wirkten sie keinesfalls eingeschüchtert oder unbeholfen, sondern leidenschaftlich und selbstbewusst. Dabei saß die Jury in zwei Schrittlängen Entfernung und hätte sicherlich manch anderen nervös gemacht: Das Unternehmerpaar Isabel Grupp und Georg Kofler, der Unternehmer, stellvertretende Ministerpräsident und Wirtschaftsminister a.D., Dr. Walter Döring, IHK-Präsidentin Kirsten Hirschmann und Investor Patrick Schmitt vom Wagniskapitalfonds der Dieter Schwarz-Stiftung. Sie sollten anhand eines dreiminütigen Pitches und anschließender Frage- und Antwortrunde entscheiden, welche Startup-Idee das meiste Potenzial hat.
Kofler: „So viele coole Startups und genau so coole Ideen“
Und das Potenzial war groß: „Alle hier könnten sofort in der „Höhle der Löwen“ mitmachen“, lobte Kofler nach der Siegerehrung: „Ich bin wirklich positiv überrascht. So viele coole Startups und genau so coole Ideen“.
Zum Beispiel die von Alessandro Cocco und Nadine Herbrich mit dem Social-Impact-Startup „RecycleHero“, das noch ansehnliche Altkleider kostenlos abholt.
Leo Moos bewarb „Statpile“: Sein Startup hat eine Software programmiert, die Lagerlogistik vollständig digitalisiert, „ein Google Maps für Logistik“, wie er es beschrieb.
Carlo Mailänder und Kevin Costa pitchten mit ihrem Startup „Bloom Future“, das Unternehmen und Schüler anhand ihrer Vorlieben, Interessen und Werte matcht und Stellenanzeigen optimiert. Die Idee gefiel der Jury. IHK-Präsidentin Hirschmann bot schon in der Fragerunde an, „nachher ins Gespräch zu kommen“ – am Ende holte Bloom Future den dritten Platz und 500 Euro.
Die Zweitplatzierten hatten sehr kurzfristig nur mit einer Videobotschaft ihren Pitch setzen können: Luis Weber und Marc Karkossa stellten digital ihr Startup DYNO vor, eine Plattform für betriebliche Altersvorsorge mit ETFs, die automatisiert und provisionsfrei funktioniert. Die Idee honorierten die Juroren mit 1000 Euro.
Mit Baukastensystem individuelle KI zusammenstellen
Und Patrick Imckes „Your easy AI“, das Kofler von Beginn an fasziniert hatte? Der junge Mathematik-Absolvent hatte nach eigenen Worten schon im Studium bemerkt, wie schwer sich Studenten mit KI-Programmierung taten. „Das muss doch auch einfacher gehen“, habe er sich gedacht, und entwickelte ein hochleistungsfähiges Baukastensystem, mit dem sich Nutzer ihre eigene, nach persönlichen Bedürfnissen arbeitende KI selbst zusammenstellen können. „3,7 Billionen Euro sind in Unternehmen durch mangelnde KI-Kenntnisse blockiert“, rechnete er vor. Weil man für viele dieser Prozesse in Firmen theoretisch einen Data Scientist anstellen müsste, wollte Imcke eine Software entwickeln, die teure Spezialisten ersetzen könne.
Für die Gründung von „Your easy AI“ vor drei Jahren legte Imcke seine Doktorarbeit auf Eis und holte seinen langjährigen Freund und Schachpartner aus Jugendzeiten, Jan Dette, ins Boot. Anschub bekam das Startup in Heilbronn, wo Imcke ein Jahr lang lebte und von den AI Founders und dem D11Z profitierte. Das Duo führte 700 Firmengespräche, entwarf Use Cases und warb bei potenziellen Kunden – aktuell komme alle vier Wochen ein neuer hinzu, „das bringt aktuell etwa 30.000 Euro monatlich“, bilanzierte Imcke. Für diese Kunden geht es um so individuelle Lösungen wie die KI, die eine Fitnesskette benötigte: „Your Easy AI“ lieferte eine Lösung, mit der der Kunde mittels KI erkennen kann, wann Mitglieder vermutlich kündigen werden – berechnet mithilfe von Parametern wie Alter und Geschlecht, aber auch Daten aus den Fitnessarmbändern. So schnell es geht, will das Gründer-Duo skalieren.
Pitchwettbewerb mit 5000 Euro Starthilfe für „Your easy AI“
Dass genau das gelingen wird, glaubte die Jury nach dem Pitch sofort: Imcke gewann und durfte den symbolischen Scheck über 5000 Euro Starthilfe entgegennehmen. „Es ist eine tolle Bestätigung“, sagte er begeistert. Trotzdem sei er sich bewusst, dass sein junges Unternehmen kein Selbstläufer sei – „es ist noch ein weiter Weg“. Und der Doktortitel? Den hat der Software-Experte nicht vergessen: „Nach der nächsten Kapitalrunde schreibe ich weiter.“
Natalie Kotowski