Aktuell ein Plus von 13 Prozent in den Auftragsbüchern, Zehn-Jahres-Rekord beim Export: Die Verpackungsindustrie trotzt wirtschaftlichen Turbulenzen. Welche Chancen sich eröffnen, erläutert Gastautorin Judith Binzer, Referentin beim VDMA Fachverband Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen.

Die Zahlen in der Branche zeigen, dass trotz turbulenter Zeiten die Nachfrage nach deutschen Verpackungsmaschinen national und international konstant hoch bleibt. Denn Verpackungsmaschinen leisten einen wesentlichen Beitrag für die sichere Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit Lebensmitteln, Getränken und pharmazeutischen Produkten. Die Produktion von Verpackungsmaschinen stieg im Jahr 2023 um zehn Prozent zum Vorjahr auf rund acht Milliarden Euro. Auch im Export konnten die deutschen Hersteller von Verpackungsmaschinen im Jahr 2023 einen Zuwachs von nominal 10,1 Prozent erzielen und erreichten einen Wert von 6,3 Milliarden Euro.
Damit wurde 2023 nicht nur ein Rekordwert erreicht, sondern auch die höchste Wachstumsrate im Außenhandel seit mehr als einem Jahrzehnt. Mehr als die Hälfte der exportierten Maschinen gingen in Länder außerhalb Europas. Mit Blick auf das aktuelle Jahr liegt der preisbereinigte Auftragseingang in den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 bei Verpackungsmaschinen – ohne Getränkeabfüllmaschinen – um 13 Prozent über dem Vorjahresniveau. Die Exporte legten in den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 erneut um 6,3 Prozent zu.
Ein großer Teil des Umsatzes basierte im vergangenen Jahr allerdings auf Aufträgen aus dem Jahr 2022, denn 2023 blieb der Auftragseingang eher verhalten. Einer der Gründe dafür war die Diskussion um die neue EU-Verpackungsverordnung, die zu einer Verunsicherung und Zurückhaltung der Kundenbranchen führte.
Verpackungsmaschinenbau profitiert von hoher Nachfrage
Die generellen Aussichten für die Hersteller von Verpackungsmaschinen und auch Nahrungsmittelmaschinen sind gut, da sie grundsätzlich von einer weltweit steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln, Getränken und pharmazeutischen Produkten profitieren.
In der VDMA-Konjunkturumfrage vom Juli 2024 bewerten über 50 Prozent der Verpackungsmaschinenhersteller die Nachfrage aus den Märkten mit gut bis sehr gut. Knapp 30 Prozent der Hersteller sind mit der Nachfragesituation zufrieden. Die weiteren Aussichten schätzen die meisten Unternehmen positiv ein und glauben, dass die Bestellungen im laufenden Jahr weiter zulegen könnten oder zumindest gleich stark bleiben.
Abgesehen von der Suche nach geeigneten Fachkräften erschweren die aktuellen weltweiten (geo-)politischen Entwicklungen die Einschätzungen über zukünftige Geschäftserwartungen in den Märkten. Die größte Herausforderung für die Branchenunternehmen sind die zunehmenden Regulierungen. Zwar sieht der Maschinen- und Anlagenbau die jüngst von den Mitgliedstaaten angenommene EU-Verpackungsverordnung grundsätzlich positiv, da sie einheitliche Vorgaben und damit eine gewisse Planungssicherheit schafft. Allerdings belasten handwerkliche Fehler und
realitätsfremde Vorgaben den Maschinenbau: Die drastische Erhöhung der Mehrwegquoten bei Industrieverpackungen, wie etwa Palettenumhüllungen und Umreifungsbänder zur Ladungssicherung auf Paletten am Ende der Trilog-Verhandlungen, stellt ein faktisches Verbot dar. Sie hat tiefgreifende Konsequenzen für die Branche – betriebswirtschaftlich und was die Sicherung des Transportes der Waren betrifft.

Chancen und Herausforderungen im Maschinenbau
Der Maschinenbau sieht in der neuen EU-Verpackungsverordnung aber auch die Chance zur Förderung nachhaltiger Innovationen. Mit seinen innovativen Lösungen trägt er maßgeblich dazu bei, CO2-Emissionen zu reduzieren sowie Lebensmittel- und Verpackungsabfälle zu vermeiden. Die Lösungskompetenz für nachhaltiges Produzieren und Verpacken wird in Zukunft ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein. Dafür ist auch der Austausch mit Kunden, Packmittelherstellern und Forschungseinrichtungen unerlässlich.
Für Maschinenbauer ist die Lösungskompetenz Teil ihrer DNA – denn die Unternehmen bieten vielfältige Lösungen, die eine nachhaltige Produktion und Verpackung von Lebensmitteln, pharmazeutischen Produkten, Hygieneprodukten etc. ermöglichen. Es werden zum einen digitale Technologien angeboten und weiterentwickelt, die im Verarbeitungs- und Verpackungsprozess den Einsatz von Wasser, Energie, Medien und Materialien reduzieren und Rohstoffe optimal verwerten – zum Beispiel durch den Einsatz von IoT-Sensoren zur Echtzeitüberwachung und -steuerung sowie mittels intelligenter, vernetzter Systeme. Zum anderen unterstützen die Hersteller von Verpackungsmaschinen ihre Kunden bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien durch innovative Verpackungskonzepte im Sinne des „Design for Recycling“. Dabei liegt ein wichtiger Fokus auf der Reduktion eingesetzter Materialien sowie auf einem verstärkten Einsatz von Monomaterialien statt Mehrschichtverbunden und biobasierten Verpackungslösungen.
Digitalisierung im Verpackungsmaschinenbau
Auch faserbasierte Verpackungsmaterialien kommen immer mehr zum Einsatz, wenn die zu verpackenden Produkte dies in puncto Produktsicherheit und -haltbarkeit zulassen. Herausforderung dabei ist die Maschinengängigkeit: Die neuen Packstoffe müssen auf den Maschinen weiter mit hoher Effizienz laufen und eine gleichbleibende Prozessfähigkeit im Verpackungsprozess aufweisen. Die Digitalisierung der Produktion spielt auch dabei eine immer größere Rolle und ist der Schlüssel für die Innovation nachhaltiger Verpackungstechnologien.

Die Autorin
Judith Binzer ist Referentin im VDMA Fachverband Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen und leitet dort die Fachabteilung Verpackungsmaschinen. Die studierte Ingenieurin ist seit 2014 im VDMA tätig. Der VDMA mit Sitz in Frankfurt vertritt die Interessen von 3600 Unternehmen der Investitionsgüterindustrie.
Judith Binzer