Attraktivität im Beruf – nicht immer ein Privileg

Welchen Einfluss hat die eigene Attraktivität im Beruf? Das Schönheitsprivileg legt nahe, dass attraktivere Menschen mehr in ihrem Leben erreichen – auch im Beruf. Ist man zu schön, kann sich das allerdings ins Gegenteil umkehren.

Frauen kann Attraktivität im Beruf auf der einen Seite helfen, ihnen das Leben auf der anderen jedoch auch erschweren. Foto: AdobeStock/NAMPIX

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Wahre Schönheit kommt von innen. Floskeln, die wohl jedem ein Begriff sind und auch als solche oft abgetan werden. Schon in den 1970er Jahren stellten Forschende fest, dass es Menschen, die einem gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen, oft leichter haben – sozusagen gewisse Privilegien genießen. „Pretty Privilege“ ist auch den sozialen Medien ein Begriff und wird besonders in den letzten Jahren heiß diskutiert. Dabei soll es nicht nur Vorteile bringen, schön zu sein – positive Eigenschaften bekommen attraktive Menschen ebenfalls zugeschrieben. Laut Studien werden sie als intelligenter, kompetenter, sympathischer und extrovertierter wahrgenommen. Doch warum ist das so? Hier kommt der „Halo Effekt“ ins Spiel. Die kognitive Verzerrung beschreibt, wie eine bekannte Eigenschaft einer Person den kompletten Charakter in einem hellen Licht strahlen lässt. Sein Gegenüber verleiht ihr sozusagen einen Heiligenschein.

Attraktivität im Beruf kann hilfreich sein

Auch im beruflichen Kontext kommen schöne Menschen laut Wissenschaft weiter. Eine Untersuchung verschiedenster Studien aus dem Jahr 2011 bestätigt: Ist man attraktiv, wirkt sich das positiv auf Ergebnisse im Arbeitskontext aus. Hübsche Personen bekommen also eher eine Anstellung, werden seltener gekündigt und besser beurteilt. Bereits 1994 stellte der amerikanische Wissenschaftler Daniel Hamermesh in seiner Studie fest, dass attraktivere Menschen zudem fünf bis zehn Prozent mehr verdienen, als die  „durchschnittlichen“ Kollegen.

Allerdings kann die Schönheit auch zum Verhängnis werden und sich ins Gegenteil umkehren. Neuere Erkenntnisse legen nahe: zu gutes Aussehen kann der Karriere abträglich sein. Zumindest, was Frauen betrifft. Vor allem bei weiblichen Führungskräften, die Vorbild sein wollen, wirke sich das laut einer Studie der deutschen Professorin Susanne Braun negativ aus. Motivieren und inspirieren die Chefinnen ihre Mitarbeiter und sehen dabei überdurchschnittlich gut aus, sind sie weniger erfolgreich. Warum ist das so? Die Attraktivität kann, laut Forschenden, dazu führen, dass man der Vorgesetzten zwischenmenschliche Eigenschaften wie Fürsorglichkeit oder Freundlichkeit zuschreibt, die nicht unbedingt etwas mit Führungsqualitäten zu tun haben. Was wiederum das Vertrauen und die Loyalität der Mitarbeiter zur weiblichen Führungskraft schwächt. Bei Männern hat das Aussehen oder der Führungsstil in der Hinsicht keine Auswirkungen auf ihre Karrieren. Auch bei Frauen, die eher auf eine klassische hierarchische Art und Weise führen, konnte der Nachteil nicht festgestellt werden.

Attraktivität von Frauen in Männerdomänen

Bewerben sich attraktive Frauen auf Stellen in Männerdomänen, kann das ebenfalls Auswirkungen haben. Die Wissenschaftler vermuten, die Benachteiligung könne daran liegen, dass die „wahrgenommene Weiblichkeit“ der Bewerberin die Recruiter dazu verleiten, anzunehmen, dass es ihr an den notwendigen Fähigkeiten für die Stelle mangelt.

Wie messen Forschende eine subjektive Eigenschaft wie Schönheit überhaupt? Normalerweise betrachten Gutachter die zu bewertenden Personen auf Fotos und tragen ihre Beurteilung auf einer Skala ein. In vielen Fällen wird derzeit mit Künstlicher Intelligenz ein Schönheitsscore errechnet. Unklarheiten sind dabei nicht zu vermeiden und deuten gleichzeitig auf ein grundsätzliches Problem hin, die alle Schönheitsstudien miteinander gemein haben: Es werden nur statistische Korrelationen, allerdings keine Ursachen erkannt. Zudem kann nicht ganz geklärt werden, ob  wirklich nur die Äußerlichkeiten entscheidend sind oder ob nicht doch Charaktereigenschaften wie Intelligenz oder Gewissenhaftigkeit einen Anteil am Ergebnis haben. Denn: Persönlichkeit lässt sich nur schwer von Schönheit trennen.

Fabienne Acker

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