Die Zusammenarbeit der Generationen forcieren

Samuel Keitel, „Macher“ des Zukunftswiesen-Summit und Mitgründer der KI-Matching-Plattform SeniorConnect, ist ein Vermittler und fördert die Zusammenarbeit der Generationen. Sein Tipp für eine rosige wirtschaftliche Zukunft der Region: voneinander lernen und unternehmerische Lebensleistungen respektieren.

Bei Jung und Alt erfolgreich: Samuel Keitel organisierte den „Zukunftswiesen-Summit“ und ist Mitgründer der KI-Matching-Plattform SeniorConnect. Damit will er auch die Zusammenarbeit der Generationen vorantreiben. Foto: www.zukunfts-macher.de

Herr Keitel, finden Sie, dass jüngere Menschen den Älteren generell besser zuhören sollten?

Samuel Keitel: Ja. Ich glaube, die Mehrheit meiner Generation hat verlernt, gegenüber den älteren Generationen Respekt zu zeigen. Dabei lohnt es sich, zuzuhören, was diese Menschen für Weisheiten gesammelt und Erfahrungen gemacht haben. Von den „alten Hasen“ kann man sehr viel lernen.

Als Herr Würth beim Weltmarktführer auf die Bühne kam, herrschte im Publikum ehrfurchtsvolle Stille. Sind es Unternehmerpersönlichkeiten wie er, denen man zuhören sollte?

Keitel: Einhundertprozentig! Reinhold Würth hat Unternehmertum vorgelebt, und das tut er bis heute. Bei jemandem, der ein Milliarden-Unternehmen aufgebaut hat, ist es eine andere Hausnummer, wenn sich derjenige über die deutsche Wirtschaft oder die Politik äußert. Seine Worte haben ein besonderes Gewicht, es steckt viel Weisheit und Substanz darin.

Haben Sie das Gefühl, dass solche unternehmerischen Vorbilder bei manchen Jüngeren nicht mehr gefragt sind?

Keitel: Es ärgert mich, dass viele aus meiner Generation sich als Experten ausgeben und meinen, sie müssten der älteren Generation – Unternehmern, Mittelständlern, KMU, sogar Konzernen – erklären, wie die Welt funktioniert. Das wirkt absolut töricht und ist schädlich für einen guten Austausch der Generationen untereinander.

Es braucht die Zusammenarbeit der Generationen

Aber gibt es nicht anderherum doch auch Dinge, bei denen die Generation X oder die Boomer, wenn wir diese Abgrenzungen bemühen wollen, den Jungen zuhören sollten?

Keitel: Wir Jüngere haben sicherlich andere Ansatzpunkte und Blickwinkel auf die verschiedensten Dinge wie Technologieinnovationen, Social Media und mehr. Da lohnt es sich für die Älteren auch zuzuhören. Aber am Ende muss es immer ein Miteinander sein.

Was können denn die Jüngeren lernen, wenn sie den Älteren mit Respekt gegenübertreten?

Keitel: Vieles, wenn sie es ernst meinen. Herr Würth zum Beispiel hat so viele Ups and Downs in der Weltwirtschaft durchgemacht, ihn überrascht eigentlich nichts mehr, würde ich sagen. Oder nehmen wir Walter Döring, meinen Mentor: Für die Organisation des Summits konnte ich viel von ihm aus der Erfahrung vom „Gipfeltreffen der Weltmarktführer“ lernen. Zum Beispiel kam die Idee zum Start-up Pitch-Wettbewerb von ihm. Er weiß einfach, was gut beim Publikum ankommt, und er hat ein Gespür dafür, was die Region braucht.

Anpacken und zusammenstehen

Ob Herr Döring, Herr Würth oder andere: Die Lage realistisch einzuschätzen und trotzdem nicht in Schwarzmalerei zu verfallen – ist das auch etwas, das Persönlichkeiten in der Region erfolgreich gemacht hat?

Keitel: Das würde ich schon so sehen. In meiner Generation wurden wir mit Covid konfrontiert, aktuell herrscht Krieg in Ukraine. Rosig schaut die Weltlage nicht aus. Wenn dann jemand mit Lebenserfahrung sagt: „Hey Freunde, den Kopf nicht hängen lassen. Schaut auf das Positive, es wird vorangehen. Wir müssen anpacken und zusammenstehen, dann werden wir wieder aus diesem Loch rauskommen“, dann motiviert das.

Gestandene Unternehmer sind also Mutmacher und Inspirationsquelle für junge Gründer wie Sie?

Keitel: Ehrlich: Am liebsten würde ich auch so ein großes Unternehmen in der Region aufbauen. Was manche hier geschaffen haben, wieviel sie gemeistert haben, wie innovativ sie sind – Vorreiter für ganz Deutschland und teilweise auch für die ganze Welt: Das ist einfach absolut beeindruckend.

Welche drei Tugenden großer Unternehmer aus der Region sind es, die sich Menschen am Anfang ihrer unternehmerischen Karriere abschauen können?

Keitel: Das Ärmeln hochkrempeln und sich für nichts zu schade sein dieser Anpacker-Generation. In der Start-up-Kultur redet man oft viel, macht viel Marketing – aber einige vergessen dann, anzupacken. Zweitens ist vorbildlich, wie bodenständig und demütig die Menschen dieser Gründer-Generation eigentlich sind – das Gegenteil von hochmütig. Das Dritte ist der Weitblick: nicht von Quartal zu Quartal zu denken, sondern in mehreren Generationen. Und natürlich: Die Unternehmen der Region sind innovativ, sammeln zig Preise ein.

Samuel Keitel und sein Team hatten mit dem „Summit“ großen Erfolg. Foto: www.zukunfts-macher.de

Sie haben mit SeniorConnect  selbst einen innovativen Ansatz gewählt – im wachsenden Markt älterer Führungskräfte, die sich beruflich neu orientieren. Sind ältere Arbeitnehmer die Zukunft der Region?

Keitel: Es gibt viele über Fünfzigjährige, die arbeiten und Gas geben wollen. Oft wollen sie noch einmal den Job wechseln oder fallen gerade den Entlassungswellen zum Opfer. Mittlerweile kommen fast 100.000 Nutzer auf unsere Plattform, viele davon aus der Region. Wir merken, dass das Interesse der Firmen steigt.

Stereotypisierung des Alters wird aufgebrochen 

Warum gibt es überhaupt Vorbehalte gegen Altersdiversität?

Keitel: Ich finde es schon seltsam, dass viele Unternehmen offenbar bei dem Schlagwort 50plus an jemanden denken, der 80plus im Kopf ist. Dabei gibt es so viele, die absolut fit sind: die Lust haben, mit jungen Leuten zu arbeiten, die ein „Open Mindset“ mitbringen und offen für Neues sind.

Ist vielleicht das beste Beispiel für ein „Open Mindset“ Herr Würth selbst?

Keitel: (lacht) Ja, natürlich. Die Mehrheit der Bundespolitiker ist über 50 Jahre alt. Die Mehrheit der Managerpositionen haben Senior Experts inne. Schwarz-Weiß-Denken in dieser Frage grenzt an Idiotie. Es muss einfach Offenheit von beiden Seiten geben. Immerhin erleben wir aktuell, dass die Stereotypisierung von Alter immer mehr aufgebrochen wird. Das gilt auch für Heilbronn-Franken: Wir sind hier mit mehreren Unternehmen – unseren  Kunden – im Austausch. Da tut sich etwas.

Erfolgsstory der Region Heilbronn-Franken wird weitergehen

Trotzdem gibt es Herausforderungen: Laut IHK ist im vergangenen Jahr die Zahl der offenen Stellen in Heilbronn-Franken deutlich stärker gesunken ist als im Bundesdurchschnitt.

Keitel: Das hängt viel mit der Automobil- und Maschinenbauindustrie zusammen, wo gerade Stellen entweder abgebaut werden oder weniger eingestellt wird. Dank des Optimismus, den wir in der Region haben, wird sich das normalisieren. Die Unternehmen werden wieder wachsen, und dann wird es wieder mehr Arbeitsplätze geben.

Die Erfolgsstory der Region wird also weitergehen?

Keitel: Mit 100-prozentiger Sicherheit wird die Erfolgsstory der Region weitergehen – sogar noch exponentieller als bisher. Wir können alle dankbar sein – besser als hier kann es uns kaum gehen. Vielleicht sehen nicht alle das Potenzial in dieser Region. Aber meiner Meinung nach müssen sie dann schon einiges ignorieren.

Interview von Natalie Kotowski

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