Mut zum Risiko: Ein Viertel der Deutschen hat den Quereinstieg gewagt

Mit einem Quereinstieg den beruflichen Neuanfang wagen und den Schreibtischstuhl gegen eine Werkbank austauschen: Fast jeder zweite Beschäftigte in Deutschland hat schon einmal darüber nachgedacht. Jeder Vierte (24 Prozent) hat den Sprung tatsächlich gewagt und sich im Laufe seines Berufslebens umorientiert.

Das Überspringen einer Klippe als Symbolbild für den beruflichen Quereinstieg
Mit dem Quereinstieg in eine andere Branche den beruflichen Neuanfang wagen: Mit diesem Gedanken hat fast die Hälfte der deutschen Arbeitnehmenden schon einmal gespielt. Foto: AdobeStock/Bastian Weltjen

Insbesondere jüngere Arbeitnehmende in Deutschland sind einem Berufswechsel gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen. Demnach hat bereits die Hälfte der GenZ, die erst seit sieben bis neun Jahren im Berufsleben steht, schon einmal einen Quereinstieg in eine andere Branche in Erwägung gezogen. Das geht aus dem repräsentativen XING Arbeitsmarktreport 2024 hervor, für den das Marktforschungsinstitut Appinio im Auftrag des Jobs-Netzwerks 2000 Beschäftigte und 300 Recruiter in Deutschland befragt hat*.

Die gute Nachricht: Personalsuchende sehen in Bewerbern, die sich beruflich umorientieren wollen, großes Potenzial. So gaben 64 Prozent der Befragten Personalverantwortlichen an, dass sie Quereinsteigern die gleichen Chancen einräumen wie Bewerbern mit traditionellem Werdegang. Von sechs Prozent werden sie sogar bevorzugt behandelt.

Die meisten Quereinsteiger kommen aus der Generation X

Den geringsten Zweifel an ihrer Berufswahl haben laut der Studie Babyboomer. Von ihnen gaben 46 Prozent an, noch nie über einen Berufswechsel nachgedacht zu haben. Zum Vergleich: Bei der GenZ sind es gerade einmal 29 Prozent.

Bei denen, die die Neuorientierung tatsächlich gewagt haben, liegt der Anteil bei der Generation X mit 26 Prozent am höchsten. Aber auch 21 Prozent der GenZ, die erst vor Kurzem in den Arbeitsmarkt eingetreten ist, haben bereits einen Wechsel vollzogen. „Der Arbeitsmarkt entwickelt sich zunehmend dynamischer und ist sehr viel komplexer geworden. Gleichzeitig bietet er zahlreiche Möglichkeiten wie Remote Work, die frühere Generationen nicht hatten“, sagt Thomas Kindler, Managing Director von XING. „Das führt dazu, dass die Jüngsten am Arbeitsmarkt eher bereit sind, sich auszuprobieren und Dinge in Frage zu stellen.“

Die Gründe für einen Quereinstieg sind vielfältig: Mehrheitlich waren bei denen, die die Branche gewechselt haben, finanzielle Vorteile ausschlaggebend, gefolgt von einer höheren Jobsicherheit und der Ausübung einer sinnvollen Tätigkeit. Außerdem wichtig waren eine bessere Unternehmenskultur, das Einbringen bisher ungenutzter Fähigkeiten sowie bessere Karriere- und Aufstiegschancen.

Bei Männern spielen finanzielle Vorteile eine wichtige Rolle

Ein Blick auf die Geschlechter macht einige Unterschiede deutlich. Während in etwa gleich viele Frauen und Männer einen beruflichen Neuanfang tatsächlich wagen, denken insgesamt mehr Männer (46 Prozent) als Frauen (41 Prozent) darüber nach. Für nur 30 Prozent der männlichen Befragten kommt ein Wechsel generell nicht infrage. Auch wenn bei beiden Geschlechtern die finanziellen Vorteile den ausschlaggebenden Grund für einen beruflichen Neuanfang ausmachen, zeigt sich, dass er für Männer (57 Prozent) deutlich wichtiger ist, als für Frauen (44 Prozent).

Quereinsteiger sind bei vielen Personalverantwortlichen gefragt

Und wie ist das Bild auf Quereinsteiger in den Personalabteilungen? Auch hier liefert die Studie aufschlussreiche Ergebnisse. 50 Prozent der Personalverantwortlichen versucht mit der Einstellung von Quereinsteigern den Fachkräftemangel abzufedern. Außerdem werden der positive Effekt einer frischen Perspektive und die Förderung von Vielfalt und Diversität im Unternehmen als Gründe genannt, warum Quereinsteiger häufig eine Chance erhalten.

Den Unternehmen sind aber durchaus auch die Risiken bei der Einstellung von Quereinsteigern bewusst. Rund ein Drittel der Befragten Personalverantwortlichen hat bereits schlechte Erfahrungen gemacht – hauptsächlich aufgrund fehlender Fachkenntnisse und Fähigkeiten oder Schwierigkeiten bei der Integration in die Unternehmenskultur und die Teamdynamik.

Quereinstieg: Feste Größe auf dem Stellenmarkt

Dass ein beruflicher Quereinstieg längst keine Besonderheit mehr ist, zeigt die Analyse von einer Million Jobs des XING Stellenmarktes im November 2024: Demnach ist „Quereinsteiger(in)“ der am fünfthäufigsten eingegebene Begriff bei der Stellensuche. Derzeit sind mehr als 53.000 Jobs im XING Stellenmarkt explizit für Quereinsteiger in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgeschrieben – davon rund 51.500 in Deutschland. Die Top-Fünf-Branchen auf der Suche nach Quereinsteigern sind dabei:

  • Konsumgüter und Einzelhandel (rund 16.000 Jobs),
  • Personaldienstleistungen und -beratung (rund 9.000 Jobs),
  • Transport und Logistik (rund 4.500 Jobs),
  • Gesundheit und Soziales (rund 2.400 Jobs),
  • Internet und IT (rund 2.300 Jobs).

„Der Beruf, für den man sich früh im Leben entscheidet, muss nicht der für das ganze Leben sein“, resümiert Thomas Kindler. „Durch einen Quereinstieg eröffnen sich neue Perspektiven für Unternehmen und Talente, wenn sich beide Seiten darauf einlassen.“


* Insgesamt wurden für den XING Arbeitsmarktreport 2024 von Appinio im Juli 2024 insgesamt 3500 Angestellte sowie 600 Personaler und Recruiter – national repräsentativ zur jeweiligen Bevölkerung – in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz befragt.

red.

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