Egal ob Kündigung, Abfindung, Überstunden oder Mutterschutz – im Ernstfall ist es wichtig zu wissen, was arbeitsrechtlich gilt. Auf Halbwissen sollte man sich nicht verlassen, empfiehlt die ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. Doch wie ist die Rechtslage bei fünf verbreiteten Irrtümern im Arbeitsrecht?

Flunkern im Bewerbungsgespräch?
Arbeitnehmende, die es ins Bewerbungsgespräch schaffen, möchten bei ihrem potenziellen, künftigen Arbeitgeber natürlich einen möglichst guten Eindruck hinterlassen. So mancher Bewerber ist dann geneigt, sich in ein besseres Licht zu rücken und bei bestimmten Fragen zu flunkern. Aber was ist denn nun wirklich erlaubt und ab wann wird es heikel?
„Hier liegt der Teufel im Detail“, schreibt ERGO-Juristin Sabine Brandl. „Bei Fragen zu jobrelevanten Anforderungen wie Berufserfahrung, Kenntnissen und Verfügbarkeit müssen Arbeitnehmer wahrheitsgemäß antworten.“ Anders sehe das hingegen bei persönlichen Fragen aus, beispielsweise zur Familienplanung oder Schwangerschaft sowie zur Religions- oder Parteizugehörigkeit. Nach Vorstrafen dürfen Arbeitgeber ebenfalls nur fragen, soweit diese für die Tätigkeit relevant sind, beispielsweise nach Vermögensdelikten bei einem Kassierer. Als Vorstrafe zählt übrigens nur, was aktuell im Bundeszentralregister vermerkt ist.
Kommt allerdings nach der Anstellung ans Licht, dass Arbeitnehmer im Bewerbungsgespräch gelogen haben, obwohl die gestellten Fragen zulässig waren, riskieren sie eine Kündigung.
Wie und wo sind Überstunden geregelt?
Inwieweit müssen Überstunden geleistet werden? Bezahlt oder unbezahlt und was muss dafür im Arbeitsvertrag stehen? Prinzipiell legt der Arbeitsvertrag die Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses fest. Dazu gehört unter anderem auch die Arbeitszeit. Enthält er keine Regelung zu Überstunden, dürfen Arbeitgeber diese nicht ohne Weiteres verlangen. Laut ERGO-Juristin Brandl bedeutet das: „Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Überstunden zu leisten.“
Ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung könnten diese jedoch vorsehen. Sind Überstunden vereinbart, dürfen diese die im Arbeitszeitgesetz festgelegten Grenzen nicht überschreiten. „Ebenfalls untersagt sind laut Bundesarbeitsgericht allgemeine Formulierungen, etwa dass alle Überstunden mit der Zahlung des monatlichen Bruttogehalts abgegolten sind. Denn Arbeitgeber müssen Überstunden entweder über das Gehalt oder – bei entsprechender Vereinbarung – mit einem Freizeitausgleich vergüten.“
Gibt es Urlaubsansprüche in Mutterschutz und Elternzeit?
Irrtümer beim Arbeitsrecht halten sich auch hartnäckig bei den Themen Mutterschutz und Elternzeit – insbesondere rund um den Urlaubsanspruch während dieser Zeit. So wird häufig angenommen, dass Mütter und Väter währenddessen keine Urlaubstage erwerben. Das ist jedoch ein Irrglaube. „Das Bundesurlaubsgesetz macht Urlaubsansprüche nicht von einer erbrachten Arbeitsleistung abhängig. Sie bestehen daher auch während der Mutterschutzfristen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt sowie während verlängerter Schutzfristen, etwa wegen Mehrlingsgeburten“, schreibt Brandl. Während der Elternzeit können Arbeitgeber den Urlaubsanspruch jedoch je vollem Monat um ein Zwölftel des Jahresurlaubs kürzen.
Muss eine Kündigung schriftlich erfolgen?
Eine Kündigung sollte wohlüberlegt sein. Deshalb: Wer seinem Chef im Affekt zuruft „Ich kündige!“, hat Glück. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses muss immer schriftlich erfolgen. Die Kündigung muss dem Arbeitgeber dabei schriftlich zugehen und mit eigenhändiger Unterschrift versehen sein. Sonst ist sie nicht wirksam.
Nach wie vor ist die Annahme weit verbreitet, dass eine Kündigung auch in digitaler Form gültig ist – etwa per E-Mail. Doch anders als zum Beispiel bei vielen Abonnements ist dies im Job nicht der Fall. Im Berufsleben ist immer noch ausschließlich die Schriftform zulässig. Wird die Kündigung per Post versendet, sollte der Arbeitnehmer grundsätzlich auch eine schriftliche Eingangsbestätigung vom Arbeitgeber verlangen.
Wann wird eine Abfindung bei Kündigung fällig?
Auch die Annahme, jedem Arbeitnehmer stehe bei Kündigung eine Abfindung zu, ist ein Irrglaube. „Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die einige Arbeitgeber zahlen“, schreibt Brandl. „Es kommt vor, dass eine Abfindung in einem Sozialplan, Arbeits-, Tarif- oder Aufhebungsvertrag vereinbart ist – oder sich aus einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht ergibt.“
Eine Besonderheit gilt bei betriebsbedingten Kündigungen: Erhebt der Arbeitnehmer nicht innerhalb der dreiwöchigen Frist Kündigungsschutzklage, besteht nach Ablauf der Kündigungsfrist ein Anspruch auf Abfindung. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber in der Kündigung darauf hingewiesen hat. Die Höhe einer solchen Abfindung ist gesetzlich geregelt und beträgt ein halbes monatliches Bruttoeinkommen je Beschäftigungsjahr. Bei anderen Abfindungen können abweichende Beträge vereinbart sein.
red.