Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern bei Schnee und Glatteis

Der erste Wintereinbruch der Saison steht vor der Tür: Querstehende Autos wegen Schnee und Glatteis auf den Straßen, Zugausfälle und Verspätungen wegen umgeknickter Bäume auf den Gleisen – Wetterkapriolen können im Winter schnell zu schwierigen Verkehrsverhältnissen führen und den Weg zur Arbeit erschweren. Sabine Brandl, Juristin bei der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, informiert über die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern bei Schnee.

Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern bei Schnee
Zu den Pflichten von Arbeitnehmern zählt, bei vorher absehbaren, erschwerten Verkehrsverhältnissen mehr Zeit für den Arbeitsweg einzuplanen, um dennoch pünktlich zu kommen. Foto: AdobeStock/Petair

Beim Thema Schnee scheiden sich so manche Geister: Während sich die einen darüber freuen, sind die anderen froh, wenn sie sich des Morgens den Weg zur Arbeit nicht über verschneite und glatte Straßen bahnen müssen. Denn auch wenn die Winter nicht mehr so streng und kalt sind, wie noch vor Jahrzehnten, sorgen winterliche Verhältnisse auf den Straßen nach wie vor immer wieder für Verkehrschaos.

Das Wegerisiko liegt bei den Arbeitnehmern

An solchen Tagen kann – sofern möglich – das Homeoffice eine sehr praktische Option sein. Allerdings ist es nicht in allen Branchen und bei jedem Arbeitgeber möglich, von zu Hause aus zu arbeiten. „Unabhängig von Schnee, Eis und Glätte haben Angestellte die Pflicht, pünktlich an ihrem Arbeitsplatz zu erscheinen“, erläutert Juristin Sabine Brandl. „Sie tragen das sogenannte Wegerisiko, wenn es auf dem Arbeitsweg zu Verzögerungen kommt.“

Konkret bedeutet das: Kündigt sich eine Schneefront an, sollten Arbeitnehmer früher losfahren, eine andere Strecke oder Bahnverbindung wählen oder, wenn das Auto nicht anspringt, auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen. Es gibt jedoch auch extreme Fälle, in denen von Arbeitnehmern kein pünktliches Erscheinen verlangt werden kann: Zum Beispiel, wenn sie sich schon am Vorabend auf den Weg durch das Schneechaos machen müssten, um rechtzeitig bei der Arbeit anzukommen. Grundsätzlich gilt: Ist ein pünktliches Erscheinen nicht möglich, ist so bald wie möglich der Arbeitgeber darüber in Kenntnis zu setzen.

Verspätungen mit Folgen für Arbeitnehmer

Doch auch der beste Plan kann scheitern, wenn aufgrund von Schnee und Eis der komplette Verkehr lahmliegt. „Arbeitgeber haben das Recht, für verspätetes Erscheinen den Lohn zu kürzen“, sagt Brandl. „In der Praxis kommt dies jedoch selten vor und meist ist es möglich, die sogenannten Minusstunden über Nacharbeit oder Überstunden auszugleichen.“ Sollten keine unzumutbaren Gründe wie ein wichtiger Termin oder festgelegte Schichten dagegensprechen, kann der Arbeitgeber dies am selben Tag verlangen. „Wer den Chef rechtzeitig über die Verspätung informiert, hat gute Chancen, eine passende Lösung für beide Seiten zu finden“, ergänzt die Rechtsexpertin von ERGO. In manchen Fällen ist dieser Punkt auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen geregelt. Übrigens: Arbeitnehmern, die regelmäßig und wiederholt unpünktlich sind, kann sogar eine Abmahnung drohen.

Rechte und Pflichten bei Schneechaos
Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern bei Schnee: Bei Verspätungen der Bahn haben Arbeitnehmer unter Umständen ein Anrecht auf eine Entschädigung. Gegenüber dem Arbeitgeber besteht aber nach wie vor die Pflicht, im Rahmen des Zumutbaren pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Foto: Adobe Stock/8_photophonie

Verspätungen bei der Bahn und im ÖPNV

Gleiches gilt für Pendler, die mit dem ÖPNV ins Büro fahren. Auch sie müssen selbst dafür sorgen, pünktlich zu erscheinen. „Als wären Verspätungen und Zugausfälle aufgrund von Schneechaos nicht schon ärgerlich genug, erhalten Bahnfahrgäste mittlerweile nur noch in manchen Fällen eine Entschädigung“, erklärt Brandl. „Denn laut der seit 2023 geltenden Neufassung der EU-Verordnung ‚über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr‘ entfällt ein Anspruch bei höherer Gewalt wie extremen Witterungsbedingungen.“ Diese Regelung soll allerdings nur außergewöhnliche Wetterereignisse umfassen und nicht das normale, jahreszeitbedingte Wetter.

Ob Arbeitnehmer also auch bei jahreszeitbedingtem Schneechaos Entschädigungsansprüche haben, ist demnach vom Einzelfall abhängig. Im öffentlichen Nahverkehr sind die regionalen Unternehmen zuständig, die unterschiedliche Regelungen haben. Die Rechtsexpertin empfiehlt Arbeitnehmern, sich direkt bei der Bahn oder dem entsprechenden Verkehrsbetrieb über mögliche Erstattungen zu informieren.

Bei langen Pendelstrecken in jedem Fall empfehlenswert ist bereits im Vorfeld zu winterlichen Temperaturen ein klärendes Gespräch mit dem Arbeitgeber. Personalabteilungen informieren über Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern bei Schnee und Glatteis unter Berücksichtigung der konkreten Regelungen der jeweiligen Branche und des Unternehmens.

red.

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