Studie „Arbeitswelt von morgen“: Klassische Karriere ist für Fachkräfte nicht mehr erstrebenswert

Die aktuelle Studie „Arbeitswelt von morgen: Fachkräfte über Beruf, Karriere und Sicherheit“ von meinestadt.de und dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) befasst sich mit den Lebens- und Berufszielen von Fachkräften in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich Ansichten über Karriere, Sicherheit und Work-Life-Balance stark wandeln. Im Umfeld verschiedener Entwicklungen wie technologischer Disruptionen und gesellschaftlicher Umbrüche zeigt sich ein klarer Trend: Die Ansprüche der Fachkräfte entwickeln sich weiter. Arbeitgeber in Heilbronn-Franken müssen diese Veränderungen ernst nehmen, um im Wettbewerb um Talente bestehen zu können.

Arbeitswelt von morgen
Ein guter Teamspirit, ein angenehmes Arbeitsklima und eine gute Work-Life-Balance sind Mitarbeitenden heute wichtiger, als um jeden Preis Karriere zu machen. Foto: Adobe Stock/Prostock-studio

Die Studie wertet die Berufs- und Lebensziele von Fachkräften mit Berufsausbildung in Deutschland aus. Dafür wurden rund 3.000 Fachkräfte befragt. Die Ergebnisse der Befragung zeigen deutlich, dass sich die Erwartungen an den Job und die traditionelle Karriere fundamental ändern. Familie und Partnerschaft haben für 80 % der Befragten höchste Priorität, während der Beruf meist als „nur ein Job“ wahrgenommen wird. Deutliche Unterschiede gibt es vor allem in den befragten Altersgruppen. Insbesondere ältere Fachkräfte schätzen ihre Arbeit stärker als junge Kolleginnen und Kollegen. Über alle Altersgruppen hinweg gewinnen Job-Sicherheit und Work-Life-Balance an Bedeutung, während traditionelle Karrierewege an Attraktivität verlieren. Diese Erkenntnisse sind entscheidend für Unternehmen in der Region. Arbeitgeber können die Einblicke der Studie verwenden, um Change Prozesse einzuleiten, und damit langfristig Fachkräfte zu binden.

Die Studienergebnisse im Überblick

Der Stellenwert der Arbeit im Leben von Fachkräften

Auch wenn für rund 80 % der Fachkräfte der Bereich Familie und Partnerschaft den höchsten Stellenwert im Leben einnimmt, spielt auch der Job für mehr als die Hälfte der Befragten eine wichtige Rolle – insbesondere in der Altersgruppe der 55- bis 74-Jährigen. Mehr als ein Drittel der Befragten benennt den Job sogar als einen sehr wichtigen Lebensaspekt. Fachkräfte in Vollzeit oder mit Führungsverantwortung messen dem Job dabei eine größere Bedeutung bei als Teilzeitkräfte.

Lebensbereiche in der Studie Arbeitswelt von morgen

Beruf oder Berufung?

Allerdings betrachten 62,5 % der Befragten ihren Beruf nicht als Berufung. Vor allem jüngere Fachkräfte sehen den Job eher als notwendiges Mittel zur Existenzsicherung. Erfahrenere Mitarbeiter zeigten etwas häufiger eine stärkere emotionale Bindung an ihre Tätigkeit. Neben Unterschieden in den untersuchten Altersgruppen gibt es aber vor allem deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Branchen. Im Gesundheitswesen identifizieren sich mehr als 50 % der Beschäftigten mit ihrem Beruf und empfinden ihn als Berufung. Das führt auch zu einer höheren Gesamtzufriedenheit in dieser Beschäftigungsgruppe. Um Fachkräfte zu binden, sollten Arbeitgeber bei der Gestaltung der Unternehmenskultur und der Arbeitsbedingungen den Sinn und die Wertschätzung der Arbeit betonen.

Karriere – Ein überholter Begriff?

Ein überraschendes Ergebnis der Studie: Der traditionelle Karrierebegriff, der mit einem linearen Aufstieg innerhalb eines Unternehmens assoziiert wird, verliert an Bedeutung. Stattdessen wünschen sich Fachkräfte persönliche Entwicklung, Weiterbildung und sinnstiftende Tätigkeiten. Nur 60 % der Befragten betrachten eine klassische Karriere als erstrebenswert. Interessant ist hier der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während Männer tendenziell noch häufiger Führungsverantwortung und klassische Karriererollen anstreben, setzen Frauen eher auf Weiterbildung. Unternehmen sind deshalb gut beraten, ihren Fokus neben klassischen Karriereversprechen vor allem auch auf individuelle Entwicklungsmöglichkeiten zu legen.

Fachkräfte verbinden mit dem Betriff "Karriere" mehr Geld aber auch mehr Stress.

Jobsicherheit als Schlüsselressource

90 % der Fachkräfte empfinden ihren Job als sicher. Dieser Wert ist jedoch stark branchenabhängig. Wenig überraschend zeigt die Studie, dass sich Beschäftigte im öffentlichen Dienst am sichersten fühlen. Schlusslicht der Befragung bilden die Branchen Einzelhandel und Lebensmitteleinzelhandel. Nur 37,5 % der befragten Fachkräfte empfanden ihren Job in diesen Bereichen als „sehr sicher“. Wesentliche Kriterien für empfundene Jobsicherheit sind unbefristete Arbeitsverträge, ein transparenter Umgang mit der allgemeinen Unternehmenslage, pünktliche Gehaltszahlungen und klar geregelte Arbeitszeiten. Eine gezielte Auseinandersetzung mit diesen Sicherheitsfaktoren und offene Kommunikation kann die Mitarbeiterbindung erhöhen und das Betriebsklima verbessern.

Erschöpfung am Arbeitsplatz

Alarmierend für Arbeitgeber sollte vor allem diese Zahl sein: 56,8 % der befragten Fachkräfte fühlt sich erschöpft. Deutlich mehr als ein Viertel der Befragten sieht die Ursache der Erschöpfung dabei explizit in ihrem Job. In den Branchen Gesundheitswesen und Einzelhandel ist das Erschöpfungsgefühl besonders hoch. Gerade in diesen Branchen sind auch Überstunden und hohe Arbeitsbelastungen verbreitet. Der Job ist jedoch nicht alleinige Ursache für Erschöpfung. Die angegebenen Hauptursachen umfassen auch hohe Anforderungen, gesellschaftliche Krisen und die Doppelbelastung durch Beruf und Familie. Arbeitgeber können aktiv Arbeitskultur und Arbeitsbedingungen umgestalten und präventive Maßnahmen ergreifen, um den Mitarbeitenden Unterstützung anzubieten. So können Burnouts, Ausfälle durch Krankheit oder Kündigungen verhindert werden.

Fachkräfte fühlen sich erschöpft. Studie: Arbeitswelt von morgen
Hauptursache für Erschöpfung bei Arbeitnehmern ist der Beruf und die Doppelbelastung von Arbeit und Familie.

Bedeutung der Studienergebnisse „Arbeitswelt von morgen“ für Arbeitgeber

Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich wie nie, dass sich die Anforderungen und Erwartungen von Fachkräften an einen Job grundlegend wandeln. Auch in der starken Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken müssen Unternehmen dieser Entwicklung Rechnung tragen, um im Wettbewerb um Fachkräfte bestehen zu können. Im Wettbewerb um die besten Talente sollten Arbeitgeber die Bedeutung von Work-Life-Balance, Jobsicherheit und sinnstiftenden Aufgaben erkennen. Strategien zur betrieblichen Weiterbildung und Entwicklung fördern nicht nur das persönliche Wachstum der Mitarbeiter, sondern binden sie auch langfristig an das Unternehmen. Insbesondere die Ansprache und Bindung älterer Fachkräfte kann durch maßgeschneiderte Programme und flexible Arbeitsmodelle optimiert werden.

Darüber hinaus gilt es, den Wechsel von einer rein leistungsorientierten Unternehmensstruktur hin zu einer Kultur, die Wertschätzung und Sinnhaftigkeit in den Vordergrund stellt, aktiv zu gestalten. Ein solcher Wandel kann dazu beitragen, dass sich Fachkräfte wieder mehr mit ihrem Arbeitsplatz identifizieren. Die Erkenntnisse der Studie können genutzt werden, um ein motivierendes und sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen, dass sowohl für Arbeitgeber als auch für Mitarbeiter langfristig große Vorteile verspricht.

Die Studie „Arbeitswelt von morgen – Fachkräfte über Berufung, Karriere & Sicherheit“ gibt es online zum Download.

red

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