Modernes Recruiting muss schnell und sympathisch sein

Modernes Recruiting wird für große Arbeitgeber künftig vor allem bedeuten, den Bewerbungsprozess zu beschleunigen, transparent und wertschätzend mit den Kandidaten umzugehen und KI als effizienten Assistenten einzusetzen, sagt Sabine Lindner von Würth Elektronik.

Modernes Recruiting
Schnell sein in Ansprache und Bewerbungsprozess – das ist bei Würth Elektronik das wichtigste Recruiting-Ziel. Foto:Wüth Elektronik eiSos

Erst fällt eine Katze samt Blumentopf von der Fensterbank. Dann springt ein waghalsiger Mann von einer Klippe. Eine Freundesgruppe sitzt im Restaurant und gibt Tipps für die Menüauswahl. Danach folgt eine junge Frau, die mit einer Führungskraft ein Entwicklungsgespräch führt. Im Sekundentakt berühren Reels bei TikTok oder Instagram unterschiedlichste Themen – jedes maximal drei Minuten lang. Kurzvideos mit geballten Informationen in kurzer Zeit prägen: Was nicht gefällt, wird binnen Sekunden weggewischt. Dass Relevantes schnell  vermittelt wird, sind die meist jungen Nutzer gewöhnt.

Wer am schnellsten ist, gewinnt

Deshalb spielt es heutzutage auch im modernen Recruiting eine immer größere Rolle, zügig „auf den Punkt zu kommen“. Bewerber erwarten ein gewisses Tempo bei der Bearbeitung der Unterlagen. „Unternehmen sollen und müssen im Bewerbungsprozess schnell sein“, sagt Sabine Lindner vom Young Talents Acquisition Team bei Würth Elektronik eiSos. „Keiner will heute mehr ewig auf Rückmeldungen warten.“ Arbeitgeber, die in Zeiten des Fachkräftemangels nicht binnen weniger Stunden bis maximal ein paar Tagen Kandidaten auswählen, Rückmeldungen geben und einladen, haben aus Lindners Sicht in Zeiten des Fachkräftemangels das Nachsehen. „In unserer Region reißen sich alle um fähige Leute, da gewinnt derjenige, der am schnellsten ist“, ist die Expertin überzeugt.

Und noch etwas sollte nach Lindners Ansicht zu den Tugenden großer Arbeitgeber im Recruiting-Prozess gehören: Wertschätzung im gesamten Prozess – und Transparenz. „Ich will als Bewerber heutzutage wissen, was mit meiner Bewerbung passiert“, sagt sie. Ein kurzes Feedback mit der Aussicht auf die nächsten Schritte im Prozess müsse eine Selbstverständlichkeit sein.

Der persönliche Kontakt ist essentiell

Nach dem raschen Erstkontakt wird bei Würth Elektronik eiSos danach viel Zeit in den persönlichen Kontakt gesteckt. „So, wie wir vorher schnell handeln, wollen wir uns anschließend Zeit nehmen und sehen, wie derjenige ins komplette Team passt – nicht nur zum direkten Vorgesetzen oder der Führungskraft“, erläutert Lindner. Daher würden etwa nach einem gemeinsam verbrachten „Schnuppertag“, der sich an ein erstes und falls nötig zweites Bewerbungsgespräch mit dem Recruiter und dem Fachentscheider anschließe, auch die  künftigen Kollegen nach ihrer Einschätzung gefragt.

Aktuell diskutieren die Verantwortlichen bei dem Waldenburger Elektronik-Spezialisten darüber, ob Schulabgänger sich künftig per WhatsApp bewerben können. Ein Anschreiben sei mittlerweile bei der Ausbildungsplatzsuche schon nicht mehr nötig, sagt Lindner. Und noch etwas behalten die Verantwortlichen aus der HR-Abteilung im Blick: den Einsatz künstlicher Intelligenz, auch im Recruiting-Bereich. Von Beginn an habe man bei Würth Elektronik eiSos auf den persönlichen Kontakt gesetzt, und der Unternehmensgrundsatz „it’s about people“ gelte weiterhin. Aber was etwa die Prüfung fachlicher Qualifikationen und das Matching mit Anforderungsprofilen angeht, könne eine KI in Zukunft durchaus assistieren, prognostiziert Lindner: „Für das Sichten und Einordnen geht aktuell viel Zeit drauf, da wäre das eine effiziente Unterstützung.“

Modernes Recruiting auf unterschiedlichen Kanälen

Schon jetzt laufe viel Talentakquise über Social Media, wobei das Unternehmen auch auf klassische Kanäle wie Printmedien und Jobportale setzt, um verschiedene Generationen anzusprechen. Ein relevanter Kanal für Würth Elektronik eiSos ist derzeit nach eigener Aussage auch TikTok: „Da sind wir schon gut aufgestellt“, sagt Lindner – nicht nur mit technisch orientierten Beiträgen, sondern mit Büro-Comedy. Wer bei der Talentsuche am Ende gut lachen haben will, muss ihrer Ansicht nach vor allem eines beherrschen: Schnell und sympathisch sein.                  

Natalie Kotowski

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